Die Schweiz steht nach einem umkämpften letzten Gruppenspiel gegen Serbien im WM-Achtelfinale von Katar. Kamerun schlägt zwar Brasilien, scheidet aber trotzdem aus.
Wilde AchterbahnfahrtSchweiz zaubert sich ins WM-Achtelfinale – Kamerun scheidet versöhnlich aus

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Die Schweiz steht im WM-Achtelfinale von Katar. Hier bejubeln Remo Freuler (2.v.l.) und seine Teamkollegen das Tor zum 3:2 gegen Serbien.
Die Schweiz ist zum dritten Mal nacheinander ins Achtelfinale einer Fußball-WM eingezogen, Serbien erneut weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Die Eidgenossen besiegten das Team von Coach Dragan Stojkovic zum Abschluss der Gruppenphase am Freitag (2. Dezember 2022) in einer höchst unterhaltsamen Partie mit 3:2 (2:2). Xherdan Shaqiri (20. Minute), Breel Embolo (44.) und Remo Freuler (48.) trafen vor 41.378 Zuschauern für die Schweiz, die in der K.o.-Phase nun auf Portugal trifft. Die Tore der Serben erzielten Aleksandar Mitrovic (26.) und Dusan Vlahovic (35.). Auch bei ihrer vierten WM-Teilnahme in Serie scheiterten die Serben in der Vorrunde – und das jeweils in prominenter Besetzung.
WM 2022: Schweiz schlägt Serbien und steht im Achtelfinale
Das Spiel war nicht nur sportlich, sondern auch wegen seiner Vorgeschichte brisant. Beim WM-Duell in Russland vor viereinhalb Jahren hatten die Schweizer Torschützen Granit Xhaka und Shaqiri mit ihrem Doppeladler-Jubel für einen Skandal gesorgt. Diesmal hielten sich die Protagonisten in ihren Gesten weitgehend zurück. Beim Verlesen der Aufstellungen war das Ex-Bundesliga-Duo von den serbischen Fans allerdings schon ausgepfiffen worden.
Die Partie war keine 30 Sekunden alt, da hatten Embolo und Xhaka schon eine Doppelchance für die Schweiz – Serbiens Keeper Vanja Milinkovic-Savic parierte jeweils. Und es ging flott weiter. Andrija Zivkovic hämmerte den Ball auf der Gegenseite an den Pfosten (11.). Dortmunds Gregor Kobel, der anstelle des erkälteten Gladbachers Yann Sommer im Schweizer Tor stand, hätte keine Chance gehabt.
Auch Ex-Bayern-Profi Shaqiri, nach Oberschenkelproblemen zurück in der Startelf, war gleich mittendrin – und sorgte nach 20 Minuten für die Führung der Eidgenossen. Als erster Schweizer hat er bei drei Weltmeisterschaften nun mindestens ein Tor erzielt. Sein Schuss wurde von Serbiens Verteidiger Strahinja Pavlovic noch abgefälscht und schlug im rechten unteren Eck ein – genau vor der serbischen Fankurve. Alle warteten gespannt darauf, wie Shaqiri jubeln würde. Erst hielt er sich den Finger auf den Mund, dann zeigte er auf seinen Namen auf dem Rücken. Auf den Doppeladler verzichtete der 31-Jährige vom US-Club Chicago Fire diesmal.
Im Vorrunden-Spiel der WM 2018 hatten Xhaka und Shaqiri, die beide kosovarische Wurzeln haben, nach ihren Toren zum Schweizer 2:1-Sieg die Serben provoziert. Beim Jubel hatten sie mit ihren Händen den doppelköpfigen Adler geformt, der die Flagge Albaniens ziert – ein Symbol der Abgrenzung des Kosovos gegen Serbien. Die Serben betrachten die seit 2008 unabhängige Republik weiterhin als Teil ihres Territoriums.
Bei der Partie im Stadion 974 von Doha meldeten sie sich nach dem Shaqiri-Schock erstaunlich schnell zurück. Die Stürmer Mitrovic mit einem herrlichen Kopfball und Vlahovic, der erstmals bei dieser WM von Beginn an auflief, per Flachschuss drehten die Partie. Shaqiri hatte vor dem 1:2 erst eine dicke Chance vergeben und dann auch noch den Ball verloren. Kurz vor der Pause holte Embolo die Schweizer nach Vorarbeit des Mainzers Silvan Widmer aber zurück.
Auch nach der Pause ging die Vollgas-Veranstaltung zunächst weiter. Freuler, der einzige Profi in der Schweizer Startelf, der noch nie in der Bundesliga gespielt hat, traf nach einer traumhaften Kombination und Hackenablage des Augsburgers Ruben Vargas. Embolo hätte für die Schweizer nachlegen können, schoss aber drüber (57.). Die Serben erholten sich jedoch auch so nicht mehr und schieden wieder einmal vorzeitig aus.
WM 2022: Kamerun trotz Last-Minute-Siegtreffer gegen Brasilien raus
Ebenfalls raus ist Kamerun. Vincent Aboubabar sicherte den Westafrikanern am Freitagabend zwar mit einem späten Kopfballtor (90.+2) den schmeichelhaften 1:0 (0:0)-Erfolg gegen Rekord-Weltmeister Brasilien, für die K.o.-Runde reichte das aber nicht mehr. Kurios: Weil der Torschütze sich beim Jubeln das Trikot auszog, sah er seine zweite Gelbe Karte im Spiel – folglich Gelb-Rot.
Während Kamerun bei der achten WM-Teilnahme zum siebten Mal in der Vorrunde scheiterte, wollen die Brasilianer am kommenden Montag (20.00 Uhr) gegen Südkorea ihren nächsten Schritt auf dem angepeilten Weg zum sechsten WM-Titel machen. Ob der weiterhin verletzte Neymar dann wieder dabei ist, bleibt offen. Im Laufe des Wochenendes will sich Nationaltrainer Tite zum Zeitpunkt der Rückkehr seines Fußball-Superstars äußern.
Was die Brasilianer vor 85.986 Zuschauern aufboten, hatte mit der Stammelf überhaupt nichts mehr zu tun. Nationaltrainer Tite veränderte sein Team im Vergleich zum 1:0 gegen die Schweiz auf neun Positionen, selbst Ersatztorwart Ederson bekam seine ersten Einsatzminuten beim Turnier in Katar. Und dann war da ja auch noch Dani Alves, der im Alter von 39 Jahren sein Team als Kapitän anführte und somit zum ältesten eingesetzten Spieler der Seleção bei einer WM wurde. Doch trotz aller Rotation: die Brasilianer dominierten auch gegen Kamerun das Spiel.
Auffälligster Spieler war Flügelstürmer Gabriel Martinelli, der mit dem FC Arsenal in der englischen Premier League eine bislang überragende Saison spielt. Mit seiner Geschwindigkeit stellte er die rechte Abwehrseite der Afrikaner immer wieder vor Probleme. Auch die erste Großchance des Spiels gehörte dem 21-Jährigen. Nach einer Flanke von Fred aus dem Halbfeld lenkte Kameruns Torhüter Devis Epassy seinen Kopfball aber gerade noch über das Tor (14.). Auch einen Distanzschuss des Tempodribblers (45.+1) wehrte der Torwart ab.
Wirklich Fahrt nahm das Spiel aber nicht auf. Die Brasilianer mussten nicht, Kamerun konnte nicht. Wie schon in den bisherigen Vorrundenspielen ließ auch die Ersatzabwehr der Seleção kaum etwas zu. Was auch daran lag, dass die Kameruner, obwohl sie noch die theoretische Chance auf die K.o.-Runde hatten, nach vorne äußerst ideenlos agierten. Auch Bayern-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting blieb weitgehend unauffällig. Wenn sich jemand dem gegnerischen Tor annäherte, dann vor allem der Rekord-Weltmeister. Zumindest bis kurz vor der Pause. Da stand nach einer Flanke plötzlich Bryan Mbeumo (45.+3) frei vor Ederson, scheiterte aber ebenfalls per Kopfball am Torwart.
Das war die erste Großchance, die Brasilien bei diesem Turnier zuließ. Ansonsten agierte die neu zusammengestellte Innenverteidigung um Éder Militão und Bremer souverän. Und in der Offensive näherten sich die Brasilianer dem Führungstreffer an. Zunächst scheiterte der starke Martinelli (56.) wieder im Privatduell mit Epassy. Dann konnte auch Éder Militão (57.) den Schlussmann per Flachschuss nicht überwinden.
Das Ersatzteam der Seleção musste sich nur eines vorwerfen: ihre mangelhafte Chancenverwertung. Ohne den am Fuß verletzten Neymar oder die geschonten Angreifer Richarlison und Vinicius Júnior fehlte es beim Torabschluss an der Effizienz. Auch der eingewechselte Everton Ribeiro (84.) traf das Tor nicht, sondern schoss nach schöner Vorarbeit von Raphinha knapp vorbei. Dann traf Aboubakar in der Nachspielzeit doch noch zum Sieg – und musste direkt danach für seinen Jubel runter. Für das Weiterkommen reichte es nicht mehr. (sid)