Körperverletzungs-ProzessMillionen-Urteil gegen Jerome Boateng: Weltmeister jetzt vorbestraft

Jerome Boateng sitzt im Anzug vor Gericht.

Jerome Boateng am 2. November 2022 im Verhandlungssaal.

Hartes Urteil gegen Jerome Boateng: Der Weltmeister von 2014 wurde im Prozess wegen Körperverletzung gegen seine ehemalige Lebensgefährtin verurteilt und gilt nach einer satten Geldstrafe jetzt als vorbestraft.

Das Landgericht München I hat Weltmeister Jérôme Boateng am Mittwoch (2. November 2022) in seinem Berufungsprozess wegen Körperverletzung verurteilt. Es verhängte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 10.000 Euro – eine Gesamtsumme von 1,2 Millionen Euro.

Für Boateng, der dadurch außerdem als vorbestraft gilt, stellt das Urteil eine herbe Niederlage dar. Seine Verteidiger hatten zuvor auf Freispruch plädiert, die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren gefordert.

Jerome Boateng wollte Richter bei Prozess absetzen

Boateng hatte im Laufe der Verhandlung am Mittwoch den Richter in seinem Körperverletzungs-Prozess abgelehnt. Seine Verteidiger stellten vor dem Landgericht München I einen Befangenheitsantrag gegen Richter Andreas Forstner.

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Der gebe „zu erkennen, dass sich zulässiges Verteidigungsverhalten strafschärfend auswirken kann und wird“, sagte Boatengs Anwalt Norman Nathan Gelbert. Der Angeklagte müsse darum davon ausgehen, dass „das Urteil schon feststeht“.

Forstner hatte die Verteidiger zuvor aufgerufen, das Verfahren nicht mit zahlreichen Beweisanträgen künstlich in die Länge zu ziehen, und gesagt, Prozessverhalten könne sich auf die Strafzumessung im Urteil auswirken. Den Befangenheitsantrag lehnte das Gericht ab.

„Der Antrag dient lediglich der Verfahrensverschleppung“, sagte Forstner. „Verfahrensfremde Zwecke“ seien damit beabsichtigt. „Rügen Sie das in der Revision und gut ist“, sagte Forstner, als die Verteidigung weiter über den Antrag diskutieren wollte.

Forstner hatte zuvor betont, er wolle das Verfahren, für das ursprünglich zwei Verhandlungstage angesetzt waren, am Mittwoch, dem dritten Prozesstag zu Ende bringen.

Der 34 Jahre alte Boateng ist angeklagt, weil er 2018 seine damalige Partnerin in einem Karibik-Urlaub beleidigt, geschlagen und verletzt haben soll. Das Amtsgericht München hatte ihn im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe von 1,8 Millionen Euro verurteilt. Weil alle Prozessbeteiligten Rechtsmittel gegen dieses Urteil einlegten, startete im Oktober der Berufungsprozess.

Durchsuchungen bei Boateng-Sicherheitsdienst

Die Staatsanwaltschaft München I hat in einer großangelegten Razzia Objekte der Sicherheitsfirma durchsucht, die Jerome Boateng zu seinem Schutz bei Gericht engagiert hatte. Auch der Kleintransporter, mit dem Boateng zu seinem Prozess gefahren worden war, wurde am Mittwoch vor dem Gerichtsgebäude durchsucht, wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Anne Leiding, mitteilte.

Die Ermittlungen richten sich nicht gegen Boateng, betonte sie, sondern gegen vier Mitarbeiter des von ihm beauftragten Security-Dienstes. Neben dem Wagen vor dem Münchner Gericht seien außerdem weitere Objekte in Hamburg, Niedersachsen und Brandenburg durchsucht worden. Dabei seien auch die Gegenstände, nach denen die Staatsanwaltschaft suchte, sichergestellt worden.

Der Chef der Sicherheitsfirma wurde nach Angaben Leidings befragt. Die Firma sei von nun an auch nicht mehr für den Schutz von Boateng vor Gericht zuständig, das sei nun Sache der Justizwachtmeister.

Zeugin bricht in Tränen aus – wurde sie bedroht?

Hintergrund der Ermittlungen ist ein Zwischenfall mit dem Sicherheitsdienst am zweiten Prozesstag vor knapp zwei Wochen. Eine Zeugin hatte in dem Verfahren angegeben, sie sei beim Hineingehen ins Gerichtsgebäude gefilmt worden und fühle sich bedroht. Justizbeamte stellten daraufhin die Personalien der Personen fest, die mutmaßlich an dem Vorfall beteiligt waren.

Die Frau, die vor Gericht angab, gesehen zu haben, wie Boateng seine frühere Freundin in einem Karibik-Urlaub attackiert, geschlagen und übel beleidigt habe, war im Zeugenstand in Tränen ausgebrochen. „Da hat man einfach Angst“, sagte sie, „dass man bedroht wird oder seine Familie bedroht wird“.

Die Anwälte des Fußballprofis betonten nach der Feststellung der Personalien damals, dass der Sicherheitsdienst, der Herrn Boateng zum Prozessauftakt am Vortag auch schon betreut habe, lediglich „das Umfeld eruiert“ habe, um „die Sicherheitslage Boatengs“ bewerten zu können. Es habe sich um eine reine „Objektabklärung“ gehandelt, und die Zeugin sei nicht gezielt und auch nur von hinten gefilmt worden.

Die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren wegen des Verdachtes der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen ein. Daran seien auch der Zoll und die Gewerbeaufsicht beteiligt und dieses sei völlig unabhängig von dem Körperverletzungsverfahren gegen Boateng, sagte Leiding. Allerdings betonte sie auch, dass kein Zeuge Angst haben dürfe, vor Gericht auszusagen. (dpa)