Madrid – 27 Jahre lang trainierte Ignacio Quereda (70) die spanische Fußball-Nationalmannschaft der Frauen, ehe er 2015 auf dringlichen Wunsch seiner Spielerinnen freiwillig abtrat. Schon damals deutete sich an, dass bei der „Selección“ einiges im Argen lag. Wie dramatisch die Zustände in knapp drei Jahrzehnten waren, arbeitet jetzt ein Enthüllungsbuch schonungslos auf.

• Schwere Vorwürfe gegen spanischen Frauen-Nationalcoach
• Nationalspielerinnen beschuldigen Ignacio Quereda
• Enthüllungsbuch deckt Vergehen von Quereda auf

In „No las llames chicas, llámalas futbolistas“ (Deutsch: „Nenn‘ sie nicht Mädels, nenn‘ sie Fußballerinnen“) zeigt die Journalistin Danae Boronat (35) mit zahlreichen aktuellen und früheren Spielerinnen auf, dass Quereda die Frauen sexuell belästigte und teilweise wie Sexobjekte behandelte.

Spanische Nationalspielerinnen beschuldigen Ex-Coach Ignacio Quereda

Die spanische Zeitung „El Mundo“ berichtete am Mittwoch (24. März) exklusiv über die Inhalte des Buchs. Darin erinnert sich unter anderem Marta Corredera (29), die als 80-fache Nationalspielerin ihr Debüt unter Quereda feierte, zurück: „Ich kann gar nicht die Male zählen, in denen er mein Trikot anhob und sagte: „Nimm das Piercing ab, das führt zu Infektionen.“

Später habe sie vor jedem Länderspiel-Einsatz ihre Piercings abgenommen und dem Trainer versichert: „Ich trage sie nicht mehr, du musst nicht mehr nachgucken.“

Immer wieder habe Quereda seine Spielerinnen unsittlich berührt, dazu seien Sätze gefallen wie „was sie braucht, ist, dass ihr mal jemand in den Po kneift“ oder „was dir fehlt ist ein richtiger Mann.“ Eine Spielerin berichtete, dass Quereda ihr in den Hintern gekniffen und dabei gesagt habe: „Weißt du, wie Hähne ihre Hühner befruchten?“

Autorin erhebt in Enthüllungsbuch schwere Vorwürfe gegen spanischen Ex-Nationalcoach

„Das waren Sachen, die über fast drei Jahrzehnte in den verschiedenen Generationen in der Frauen-Nationalmannschaft üblich waren“, fasste Autorin Boronat ihre Erkenntnisse gegenüber dem Fußball-Portal „El Desmarque“ zusammen.

„Der gesamte Verband kannte seinen ‚Modus Operandi‘ , aber alle haben weggeschaut, weil es sie nicht interessiert hat“, so Boronat. Quereda habe die Moral seiner Spielerinnen regelmäßig mit „Grausamkeiten“ brechen wollen und vielen von ihnen immer wieder eingeredet, sie seien dick oder würden es zu nichts bringen.

Verbandsboss nahm beschuldigten spanischen Nationalcoach in Schutz

Mit Jenni Hermoso (30), Vicky Losada (30), Irene Paredes (29), Alexia Putellas (27), Aitana Bonmatí (23) und Nahikari García (24) kommen zahlreiche aktuelle und ehemalige Nationalspielerinnen in Boronats Buch zu Wort.

Sie alle erheben ähnliche Vorwürfe gegen ihren langjährigen Trainer, der sich aufgrund seiner guten Beziehungen zum früheren Verbandsboss Ángel María Villar (71) lange im Amt halten konnte.

Fußballpräsident stolperte über Vorwürfe von Urkundenfälschung

Villar selbst stolperte später als amtierender Präsident über Vorwürfe von Urkundenfälschung und Unterschlagung und kam, ebenso wie sein Sohn, in Untersuchungshaft. Die zahlreichen Beschwerden aus der Mannschaft über die Vergehen ihres Trainers seien immer wieder mit Ausflüchten abgewiegelt worden, heißt es in dem Buch.

Erst als sich die gesamte Nationalmannschaft ausdrücklich für den Rücktritt ihres Trainers stark machte, weil dieser sich überhaupt nicht für die Vorbereitung auf die WM 2015 interessiert habe, reagierte der Verband. Spanien war als Gruppenletzter mit nur einem Punkt ausgeschieden, noch hinter Außenseitern wie Südkorea und Costa Rica.