In ihrer Autobiografie schreibt die ehemalige Fußballerin Nilla Fischer über demütigende Geschlechtskontrollen bei der WM 2011. Die Fifa hat reagiert.
Bei WM in DeutschlandEx-Profi erhebt schwere Vorwürfe: Spielerinnen mussten ihre Genitalien entblößen

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Nilla Fischer (l.) und Caroline Seger versuchen bei der WM 2019 am 29. Juni, die Deutsche Lina Magull zu stoppen. Fischer berichtet in ihrer Autobiografie von demütigenden Geschlechtstests vor der WM 2011.
Die ehemalige schwedische Nationalspielerin Nilla Fischer (38) berichtet von merkwürdigen Maßnahmen bei der Frauen-WM 2011. Demnach hätten sich die schwedischen Spielerinnen im Vorfeld des Turniers in Deutschland einer erniedrigenden Prozedur unterziehen müssen.
Wie Fischer in ihrer Autobiografie „Jag sa inte ens hälften“ („Ich habe nicht mal die Hälfte gesagt“) schreibt, mussten die Spielerinnen ihre Genitalien entblößen, um zu beweisen, dass sie Frauen sind.
Nilla Fischer: „Wir mussten den Scheiß einfach machen“
Die Geschlechtstests seien durchgeführt worden, weil vor der WM mehrere Nationen den Vorwurf erhoben hatten, in der Mannschaft von Äquatorialguinea spielten auch Männer mit. Daraufhin habe der Weltfußballverband Fifa Kontrollen veranlasst.
„Uns wurde gesagt, dass wir uns ‚da unten‘ in den nächsten Tagen nicht rasieren sollten und dass wir dem Arzt unsere Genitalien zeigen werden“, zitiert die britische Zeitung „The Guardian“ aus dem Buch. Das mit dem Rasieren habe niemand verstanden, schreibt Fischer. „Aber wir machen das, was man uns sagt und denken: ‚Wie ist es so weit gekommen? Warum werden wir gezwungen, das zu tun, da muss es doch andere Möglichkeiten geben.‘“
Die Spielerinnen hätten darüber nachgedacht, sich zu weigern. Doch keine wollte die Chance gefährden, bei der WM mitspielen zu dürfen. „Wir mussten den Scheiß einfach machen, egal wie krank und demütigend sich das angefühlt hat“, so Fischer, die in ihrer Karriere 189 Länderspiele absolviert hat und sechs Jahre lang für den VfL Wolfsburg spielte.
Gegenüber der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“ erklärte sie, dass die Physiotherapeutin die Inspektion durchgeführt habe, während der Teamarzt an der Tür stand: „Nachdem alle im Team gecheckt waren, das heißt ihre Vagina entblößt haben, konnte unser Teamarzt unterschreiben, dass die schwedische Nationalmannschaft nur aus Frauen besteht.“
Der damalige schwedische Mannschaftsarzt, Mats Börjesson, bestätigte die Kontrollen gegenüber der schwedischen Zeitung und hielt sie für vertretbar. „Die Fifa macht das nicht, um gemein zu jemandem zu sein“, sagte er.
Wie der „Guardian“ weiter berichtet, hat die Fifa in einem Statement mitgeteilt, dass sie „die jüngsten Kommentare von Nilla Fischer zu ihren Erfahrungen und den von der schwedischen Nationalmannschaft bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 durchgeführten Geschlechtsüberprüfungstests zur Kenntnis genommen“ habe.
Unklar ist, warum anstelle der demütigenden Kontrollen das Geschlecht nicht durch einen Wangenabstrich und anschließenden DNA-Test verifiziert wurde. Solche Tests hätten sich seit Jahrzehnten bewährt, schreibt der „Guardian“. (are/dpa)