„Hatte keinen Rückhalt“Ex-Türkei-Coach Kuntz über Rauswurf – heuert er jetzt bei den DFB-Frauen an?

Stefan Kuntz als Experte im Stadion.

Stefan Kuntz am 28. Juli 2023 beim Spiel des Hamburger SV gegen den FC Schalke 04.

Er sitzt nicht mehr auf der Bank, doch in der türkischen Nationalmannschaft steckt noch immer eine Menge Stefan Kuntz. 

Stefan Kuntz (61) tut sich das nicht an. Wenn am Samstag (18. November 2023/20.45 Uhr) Zehntausende türkische Fans „seiner“ Mannschaft zujubeln, sitzt der frühere Coach der „A Milli“ lieber „zu Hause mit Freunden“ vor dem Fernseher als im brodelnden Berliner Olympiastadion. Die tiefe Wunde der Trennung ist noch zu frisch – und schmerzt ihn zu sehr.

„Es sind auf jeden Fall noch Emotionen da“, bekannte Kuntz. Denn sein großer Traum, bei der EM in Deutschland die Türkei zu coachen, sei „ausgeträumt“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das“, ergänzte Kuntz mit großem Bedauern, „wäre etwas ganz Besonderes gewesen“. Hätte, wäre, könnte – ist nicht.

Stefan Kuntz: „Mein Nachfolger hat ja recht wenig geändert“

Kuntz wurde im September nach genau zwei Jahren im Amt entlassen – und musste tatenlos mit ansehen, wie sein Nachfolger Vincenzo Montella (49) „sein“ Team zur EM 2024 führte. „Dass sich die Mannschaft kurz nach der Trennung in fast unveränderter Aufstellung endgültig qualifizierte, hat emotional gezwickt“, sagte Kuntz im „kicker“.

Und dieses Zwicken spürt der 61-Jährige noch immer – neben einem gewissen Stolz auf seinen aus seiner Sicht recht großen Anteil an der türkischen Erfolgsstory. „Es freut mich extrem, dass der erfolgreich begonnene Weg auch erfolgreich zu Ende geführt wurde“, sagte er und fügte vielsagend an: „Mein Nachfolger hat ja recht wenig geändert.“

In Montellas Kader für die Partie am Samstag (20.45 Uhr/RTL) und das abschließende Quali-Spiel in Wales stehen noch zwölf (!) Spieler, die unter Kuntz debütierten. Seine Bilanz war mit einem Punkteschnitt von 1,95 in seinen 20 Länderspielen alles andere als schlecht.

Warum es dennoch zur Trennung kam? „Nachdem der Vorstand, der mich verpflichtet hat, aufgehört hat, war klar, dass die neue Führung ihre eigenen Leute mitbringt“, sagte Kuntz. Und so kann er weder bei der EM, noch in Berlin die Früchte seiner Arbeit ernten. Dabei war das Länderspiel sogar seine Idee.

Kuntz-Rauswurf „unabhängig vom sportlichen Erfolg“

Weiter betonte Kuntz: „Egal ob es um Loyalität, Unterstützung oder Respekt ging: Ich hatte keinen Rückhalt. Da habe ich gemerkt, dass sich meine Zeit als türkischer Nationaltrainer dem Ende zuneigt. Und das unabhängig vom sportlichen Erfolg.“

„Hansi Flick und ich hatten telefoniert. Die Rückmeldung war positiv“, berichtete Kuntz: „In Deutschland gegen Deutschland zu spielen, hatte mit der EM einen besonderen Hintergrund. Wir wollten mehrere Tage vorher in Berlin verbringen und uns mit den Fans zusammen einstimmen.“

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Montella dagegen reiste mit seiner Auswahl erst am Donnerstagnachmittag (16. November) in die deutsche Hauptstadt, wo sie von Botschafter Ahmet Basar Sen begrüßt wurde. Der gesundheitlich angeschlagene Kapitän Hakan Calhanoglu (29), dessen Frau ein Kind erwartet, und Rechtsaußen Cengiz Ünder (26) fehlten. Großes haben die Türken dennoch vor.

„Wir haben ein junges Team“, sagte Montella, „es wird immer besser.“ Bei seinem Start im Oktober mit dem überraschenden Sieg beim WM-Dritten Kroatien (1:0) habe er es aufgrund all der Qualität „leicht“ gehabt, meinte er. Stefan Kuntz weiß, warum.

Derweil dementierte der 61-Jährige das Gerücht um einen Trainerjob bei der deutschen Frauen-Nationalmannschaft: „Es gibt keine Gespräche, die in diese Richtung gehen.“ Die DFB-Frauen werden aktuell von Interimstrainer Horst Hrubesch (72) betreut. Ein Nachfolger steht noch nicht fest. (sid/fr)