Der „Doppelpass“ ist mit inzwischen 30 Jahren längst ein TV-Klassiker, hat viele seiner früheren Traditionen beibehalten. Im Interview mit EXPRESS.de sprechen darüber Jorg Wontorra und Florian König.
„Doppelpass“-ModeratorenFlorian König: Darum beneidet er Wontorra

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Typen wie Reiner Calmund sind im „Doppelpass“ immer seltener. Moderator Florian König wünscht sich daher mehr Gäste wie Calli.
von Béla Csányi (bc)
Der eine war ein Jahrzehnt lang „Mr. Doppelpass“, der andere ist nach einer langfristigen Vertragsverlängerung auf bestem Wege, zum Dauerbrenner beim Fußball-Talk auf Sport1 zu werden.
Anlässlich des 30-jährigen „Doppelpass“-Geburtstags, bei dem der Sender aktuell auch noch einen Fan-Experten für die Jubiläums-Ausgabe am 7. September sucht, haben Jörg Wontorra und Florian König im Gespräch mit EXPRESS.de in der Geschichte der Expertenrunde gekramt und gleichzeitig einen Blick auf die Themen für die kommende Saison geworfen.
Wontorra auch nach seinem Abschied „Doppelpass-süchtig“
Jörg Wontorra, wie oft schauen Sie sonntags noch vor dem Fernseher zu, wenn der „Doppelpass“ läuft?
Jörg Wontorra: Relativ regelmäßig. Ich gestehe, dass ich ein bisschen „Doppelpass“-süchtig bin. Wenn ich allerdings am Sonntagmorgen um 11 Uhr ein Golfturnier habe, dann hat das Priorität.
Sind Sie zufrieden, wie Florian König es macht?
Wontorra: Ich freue mich darüber, dass ich einen sehr guten Nachfolger gefunden habe, der die Sendung mit meinem journalistischen Ansatz absolut fortführt. Florian und ich sind da in dieser Hinsicht sehr ähnlich: Diese journalistische Neugier an den Tag zu legen und dabei auch gleichzeitig nicht unkritisch zu sein.
Florian König: Das freut mich sehr und das weiß ich auch, dass Wonti nach wie vor guckt. Ich lege auch sehr viel Wert auf seine Einschätzung und seine Meinung. Schon bei Olympia 1992, als ich junger Redakteur war und er der große Hauptmoderator bei der ARD, habe ich sehr aufgeschaut zu ihm. Insofern freue ich mich über jedes positive Wort, das er über mich gerade gesagt hat.
Sie gehen jetzt in Ihre fünfte Saison als Moderator, der Vertrag wurde zuletzt um vier Jahre verlängert. Was macht den „Doppelpass“ für Sie aus?
König: Es ist ein Fußball-Talk-Format, was nicht bierernst ist. Was nicht staubtrocken ist, sich trotzdem den Themen verpflichtet sieht, journalistisch relevant ist, jedes Wochenende anders ist und gleichzeitig eben diese 30-jährige Tradition hat. Der Fußball ändert sich, der „Doppelpass“ bleibt.
Haben Sie vor Beginn des Jobs im Jahr 2021 also auch schon regelmäßig geschaut?
König: Ich habe die Sendung, als ich sie noch nicht moderiert habe, immer unheimlich gerne gesehen, habe mich sehr daran gerieben, an verschiedenen Gästen, an Meinungen, an der Art, wie Menschen sich präsentieren. Da sind Leute, die gehen einem auf den Keks, da sind Leute, die haben Meinungen, die man nicht teilt, da sind Menschen, die findet man sympathisch, da sind Leute, die einem vielleicht nicht so liegen – und das macht den Reiz aus.
Das TV-Publikum sieht am Ende eine zweieinhalbstündige Sendung. Wie läuft die Vorbereitung für einen „Doppelpass“ ab?
König: Ich glaube, das ist sogar nicht wirklich anders als zu Zeiten, in denen Jörg moderiert hat. Der „Doppelpass“ geht unter der Woche schon mit der Vorbereitung los und dann treffen wir uns samstags, schauen gemeinsam die Spiele und besprechen dabei die Themen. Welche Reihenfolge die Sendung hat, was wir welchen Gast fragen, ob wir noch jemanden einladen müssen. Das geht dann bis Samstagabend, die Kollegen arbeiten noch bis um 1 oder 2 nachts, bis der Ablauf steht.
Der „Doppelpass“-Sonntag beginnt für Sie dann entsprechend auch deutlich vor 11 Uhr?
König: Um 8 Uhr treffen wir uns zu einer Besprechung, gucken alle Beiträge, alle Zuspieler. Da ist Effe (Sport1-Experte Stefan Effenberg, Anm. d. Red.) auch dabei. Das geht so bis 10 und dann kommt die unmittelbare Sendungsvorbereitung. Man kriegt seinen Anzug oder Klamotten bereitgelegt, dann mache ich ein Warm-up, begrüße das Publikum, sorge so ein bisschen für Stimmung – und dann geht es schon los.
Wontorra: Das deckt sich so mit meinen Erinnerungen, bis auf eine Ausnahme: Wir haben erst am Sonntag um 8.30 Uhr angefangen, weil ich einfach kein Frühaufsteher bin.

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Kein Frühaufsteher, aber immer hellwach: Jörg Wontorra (2.v.l.) 2004 im „Doppelpass“.
Die Abläufe haben sich also über die Jahre bewährt?
Wontorra: Ja, das ist auch relativ logisch. Zum einen ist es wichtig, dass man schon am Samstag zusammensitzt während der Spiele und vor allen Dingen auch in der Pause zwischen den Nachmittagsspielen und dem Abendspiel. Da kann man schon den Ablauf ein bisschen besser fixieren als noch vor dem Spieltag. Denn es passiert ja immer wieder was Aktuelles. Und darum müssen am Samstag eigentlich schon die Protagonisten und die Redaktion zusammensitzen, um auch umplanen zu können.
Ein Trainerwechsel am Samstagabend oder Sonntagmorgen kann dann aber trotzdem alles wieder umschmeißen…
Wontorra: Es kann sich vor allen Dingen auch am Sonntagvormittag am Ablauf teilweise sogar heftig etwas ändern. Für uns war es immer am spannendsten, wenn wir den Ablauf am Sonntagvormittag um 10 Uhr vor der Sendung weggeschmissen haben, weil gerade ein Trainer entlassen wurde. Diese improvisierten Sendungen sind sehr häufig die besten geworden.
König: Kann ich absolut bestätigen. Das macht dann besonders viel Spaß und es ist auch dann immer ein Zeichen dafür, dass es eine sehr gut funktionierende Redaktion gibt. Wenn dann so was Aktuelles passiert, musst du reagieren, musst neue Gäste an den Start bringen, Leute zuschalten. Das ist uns schon sehr wichtig, dass wir nicht irgendeinen Ablauf senden, sondern die Wirklichkeit der Bundesliga abbilden.
Wontorra: Viele andere Talkshows im deutschen Fernsehen werden aufgezeichnet. Wenn wir das auch tun würden, wäre das fatal, weil wir so einige Aktivitäten dann nicht mehr aktuell besprechen könnten. Es sind auch schon Trainer zwischen 11 und 13 Uhr entlassen worden. Wenn man da als aktuelle Talksendung zur Stelle sein kann, sollte man das auch tun.
Florian König: Schiri-Gäste sorgen für Transparenz
Herr Wontorra, wenn Sie heute den „Doppelpass“ anschauen: Was hat sich seit Ihrem Abschied verändert?
Wontorra: Flo setzt diese Sendung komplett in meinem Sinne fort. Was ich gut finde, worüber wir damals gar nicht nachgedacht haben: Die Schiedsrichter-Gespräche. Ich finde es sehr gut, dass die Schiris oder deren Chefs sich häufiger stellen, das macht die Sache transparenter und der Schiedsrichter hat die Chance, sich zu erklären.
König: Das kann ich nur unterstreichen. Da haben wir sogar fast eine Vorreiterrolle eingenommen. Es hat schon sehr viel Transparenz gebracht für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Denn wir haben sehr, sehr häufig auch einen Einspieler mit dem Funkverkehr aus dem jeweiligen Spiel. Die Komplexität dieser Entscheidungsfindung ist den Menschen dadurch ein bisschen deutlicher geworden.

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Florian König (r.) als Moderator und Stefan Effenberg als Experte bilden seit Jahren das Stamm-Duo im „Doppelpass“.
Was macht den „Doppelpass“ auch nach 30 Jahren noch erfolgreich?
König: Es gab ja erst vier Moderatoren in diesen 30 Jahren: Rudi Brückner, Jörg, Thomas Helmer und mich. Jeder bringt seine eigene Persönlichkeit, seine eigene Art mit rein. Aber jetzt am Ende dieser 30 Jahre würde ich sagen, es ist im Kern das Gleiche geblieben. Die „Doppelpass“-DNA ist seit der ersten Sendung ziemlich unverändert.
Gab es bei Ihnen damals einen Lieblingsgast, bei dem Sie wussten: Das wird eine richtig gute Sendung?
Wontorra: Rudi Assauer gehörte sicherlich zu meinen bevorzugten Gästen, weil ich genau wusste, da ist durchaus Spannungspotenzial drin, weil wir uns auch eben mal gekabbelt haben - aber immer natürlich mit freundlichem Hintergrund. Aber Rudi war nie um einen Spruch verlegen, hat immer gut kontern können und mit Sprüchen gegengehalten. In diese Reihe gehört auch mein Freund Heribert Bruchhagen.
König: Das ist das Einzige, worum ich meine Vorgänger ein bisschen beneide: Diese Generation dieser kantigen, einzigartigen großartigen Manager wie Assauer, Lemke, Hoeneß, Calmund, das fehlt mir so ein bisschen heutzutage. Wir haben tolle Typen, aber die sind alle medial vorsichtiger, die wägen ab, die sind eher Diplomaten. Die jüngere Generation der Sportdirektoren ist für mich noch nicht so griffig und so konfrontationsbereit, wie das zum Beispiel Rudi Assauer war. Das war einfach Showbusiness und das haben die Jungs echt gut verstanden.
Dass die Show ein bisschen dazugehört, dürften die meisten „Doppelpass“-Fans auch heute so unterschreiben. Bleibt das als Alleinstellungsmerkmal unter den Fußball-Talks das Erfolgsrezept?
König: Für mich schon. Das macht übrigens auch den großen Spaß aus, den ich an dieser Sendung habe, weil sie diese Facetten auch abdeckt. Fußball ist auch nicht nur Elf gegen Elf mit Taktik und Schienenspielern und Pressing-Linien, sondern der Fußball ist eben auch Emotion, auch dieses Unterhaltende. Da bildet der Doppelpass in der TV-Landschaft eine ganz wichtige Facette.
Gibt es etwas, was Sie sich als Zuschauer anders wünschen würden, Herr Wontorra?
Wontorra: Als Norddeutscher stört es mich ein wenig, dass die Sendung etwas zu Bayern-lastig geworden ist. Wahrscheinlich bringen die Bayern immer die höchste Einschaltquote, darum kann ich das als Fernsehmacher nachvollziehen. Aber auf der anderen Seite wird manchmal eine komplette Stunde über Bayern gesprochen. Und da kommen andere Vereine manchmal ein bisschen zu kurz.
König: Es ist auf jeden Fall richtig, was Jörg sagt. Auf der anderen Seite ist es auch ein bisschen Klischee. Wir haben ganz viele Sendungen, wo der FC Bayern gar kein Thema ist. Ich gebe aber zu, wir sind natürlich Fernsehmacher, wir gucken auch auf die Quote. Und da ist der FC Bayern natürlich ganz klar das größte Zugpferd.
Florian König lobt den FC: „Sehr gute und ruhige Arbeit“
Dann thematisieren wir die Bayern hier mal nur am Rande: Sind die Bayern diese Saison zu stoppen?
Wontorra: Sie sind in der neuen Saison der große Favorit, haben für meine Begriffe den besten Kader und können sich eigentlich nur selbst ein Bein stellen. Im Normalfall müssen sie durchmarschieren. Ich hoffe, dass die Saison wenigstens bis kurz vor Schluss sehr spannend bleibt.
Wen sehen Sie als ersten Verfolger?
Wontorra: Zur Spannung beitragen kann vielleicht mal wieder Borussia Dortmund. Bei Leverkusen ist so viel im Umbruch, darum sind sie schwer einzuschätzen. Und bei Leipzig muss man erst mal abwarten, wie Ole Werner als neuer Trainer einschlägt.
Herr König, neben Ihrem VfB Stuttgart drücken Sie auch dem 1. FC Köln die Daumen. Woher kommt die Sympathie?
König: Das kommt daher, dass ich eigentlich seit 1988 hier in Köln lebe. Ich wohne hier, habe hier meine Frau kennengelernt, meine Kinder sind hier zur Welt gekommen. Ich gehe gerne zum FC und finde den Verein sympathisch, mag überhaupt Köln gerne. Auch die Kölner Haie sind mir ans Herz gewachsen.
Mit neuem Trainer und einigen Transfers gab es im Sommer einen größeren Umbruch. Wie sehen Sie den FC vor der neuen Saison?
König: Ich finde, dass sie gerade eine sehr gute und ruhige Arbeit machen. Sie haben mit Lukas Kwasniok einen sehr guten Trainer geholt, der vieles von dem mitbringt, was man hier in Köln braucht: Zum einen den Sachverstand mit einer klaren, interessanten Spielidee und dem Willen, auch junge Spieler zu verbessern. Zum anderen ist er auch von seiner Persönlichkeit ein Typ, der sich öffentlich äußern kann, der durchaus die Chance hat, die Menschen auf der emotionalen Ebene zu erreichen. Das ist in Köln dann doch auch sehr, sehr wichtig.
Wir haben viel über die „Doppelpass“-Vergangenheit gesprochen, zum Abschluss noch ein Blick nach vorn: Welchen Gast würden Sie gerne mal begrüßen?
König: Schon seit langem wäre mein Wunsch-Gast Thomas Müller, dann bräuchten wir auch keinen weiteren Gast in der Runde. Leute dieses Profils, die inhaltlich was zu sagen haben, verbunden mit Humor und einem Gespür für Unterhaltungselemente. Solche Gäste wünsche ich mir natürlich.