Holland in Not! Der Spielabbruch und die Ausschreitungen rund um die Partie zwischen Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam sorgen in den Niederlanden für Entrüstung, Wut und Ohnmacht.
Die Schande von AmsterdamOranje-Legende nach Gewalt-Exzessen mit drastischem Vorschlag

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Gewaltbereite Fans sorgten rund um die Partie zwischen Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam am 24. September 2023 für hässliche Szenen.
Raketen flogen auf den Platz, Vermummte randalierten rund ums Stadion, die Polizei wurde angegriffen, Fenster und Türen eingeschlagen, Pflastersteine flogen! Mit Fußball hatte das alles gar nichts mehr zu tun, was sich rund um den Holland-Klassiker zwischen Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam am 24. September 2023 abspielte.
Die Partie wurde beim Stand von 3:0 für Meister Feyenoord nach 55 Minuten erstmal abgebrochen. Zuvor hatten die Fans mehrfach Leuchtraketen aufs Spielfeld gefeuert. Danach eskalierte die Situation – im Stadion saßen zahlreiche verängstigte Familien mit Kindern, draußen tobte der Mob.
Ajax-Legende: „Hört auf mit dem Profifußball“
„Das hat nichts mit Fußball und Fansein zu tun. Sie spielen mit der Sicherheit der Spieler, ihrer Mitfans und sich selbst. Schämen Sie sich“, schrieb Justizministerin Dilan Yesilgöz–Zegerius auf X, vormals Twitter.
Holland in Not – der Fußball versinkt im Gewalt-Chaos. Eine Oranje-Legende hat nun einen drastischen Vorschlag. Ex-Stürmer Marco van Basten (58) will den Fußball erstmal aussetzen in den Niederlanden: „Hört mal mit dem Profifußball in den Niederlanden auf. Das meine ich ernsthaft, denn offensichtlich können wir uns nicht benehmen.“
Der ehemalige Weltstar (Ajax Amsterdam, AC Mailand und Europameister mit Holland im Jahr 1988) fordert nun das Eingreifen höherer Instanzen: „Die Politik muss sich dem Thema annehmen.“
Doch das Spiel wird erstmal fortgesetzt – und zwar am 27. September (14 Uhr) ohne Zuschauer. Das entschied am Montag der Profifußball-Wettbewerbsausschuss. Das ursprünglich für den 27. September vorgesehene Spiel zwischen Ajax und dem FC Volendam wird verlegt.
Die Frage ist: Kann Ajax seine Problem-Fans in den Griff bekommen? Der Klub jedenfalls versinkt aktuell sportlich im Keller und hat vor allem auf dem Platz im Verein Probleme. Mit nur einem Punkt aus den ersten fünf Spielen rangiert das Team auf Rang 14 der Tabelle. Es ist der schlechteste Saisonstart seit 1965.
Sportlich wurde nun schonmal auf die Talfahrt reagiert: Sportdirektor Sven Mislintat wurde schon nach vier Monaten im Amt wieder gefeuert. Auch Trainer Maurice Steijn wackelt bedenklich. Ein potenzieller Nachfolger hat jedoch schon abgesagt: Louis van Gaal (72) will sich das Ajax-Chaos nicht antun. „Meine Gesundheit geht vor“, sagte er dem TV-Sender NOS. Van Gaal, der 1995 mit Ajax die Champions League gewonnen hat, leidet an Prostatakrebs und befindet sich in ständiger Behandlung.
Intern versucht Ajax auch die Transferpolitik von Mislintan aufzuarbeiten. Dabei geht es vor allem um den Transfer des kroatischen Verteidigers Borna Sosa (früher VfB Stuttgart) und einen möglichen Interessenkonflikt. Der Hintergrund: Mislintats Beteiligung an dem Fußballdaten-Analyse-Unternehmen Matchmetrics. An dieser Firma ist auch die Spielerberatungsagentur AKA Global GmbH beteiligt. Und genau siese Agentur fädelte Sosas Wechsel vom VfB nach Ajax ein. Über acht Millionen Euro sollen geflossen sein.
Mislintat spielte dabei wohl nicht mit offenen Karten, die niederländische Rundfunkanstalt NOS hatte die Verbindungen aufgedeckt. Der ehemalige Sportdirektor verstieß damit gegen die Grundsätze vom börsenorientierten Verein Ajax Amsterdam.
Ajax betonte, dass der Verein von Mislintats geschäftlichen Verbindungen nichts gewusst habe, intern solle der Vorfall untersucht werden. „Da ein von Ajax verpflichteter Spieler diesen Sommer von AKA Global betreut wurde, prüft der Verein dies weiter und lässt sich dabei von externen Beratern unterstützen“, hieß es.
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Insgesamt hat Mislintat für 109 Millionen Euro neue Spieler gekauft. Eingeschlagen ist bisher kein Profi. Ajax nahm zwar auch durch Spielerverkäufe 156 Millionen Euro ein. Kritiker werfen Mislintat aber vor, zum Teil unbekannte Spieler aus zweiten europäischen Ligen zu überhöhten Preisen erworben zu haben.
Am Sonntag war Mislintat schon nicht mehr im Stadion – auf Anordnung der Ajax-Direktion. Trainer Steijn ließ überwiegend Spieler aus dem Jugendbereich aufs Feld. (mit sid)