Der Mitgliederrat beim 1. FC Köln hat sein Trio für das neue Präsidium vorgestellt. Jetzt stehen Jörn Stobbe (59), Prof. Dr. Ulf Sobek (53) und Dr. Jörg Alvermann (53) im EXPRESS.de-Interview Rede und Antwort
Top-Anwärter auf Klub-PräsidiumNeue FC-Schulden? Mitgliederrats-Favorit Stobbe: „Wir sind ja nicht bescheuert“

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Der Präsidentschaftskandidat des 1. FC Köln, Jörn Stobbe.
Sie sind die Favoriten des Mitgliederrats beim 1. FC Köln: Im Herbst 2025 wollen Jörn Stobbe (59), Prof. Dr. Ulf Sobek (53) und Dr. Jörg Alvermann (53) auf der Mitgliederversammlung im Rhein-Energie-Stadion als neues FC-Präsidium gewählt werden.
Am Donnerstag war das Trio bei EXPRESS.de und Kölner Stadt-Anzeiger zum Redaktionsbesuch und für ein großes Interview zu Gast. Dabei ging es neben einer genaueren Beschreibung der eigenen Personen auch konkret um die Ziele und Visionen für den 1. FC Köln.
Stobbe über FC-Wahlkampf: „Wir haben echt viel vor“
Sehen sie sich nach der Nominierung durch den Mitgliederrat in der Pole Position? Sie können direkt in die Inhalte gehen, die anderen müssen erst gut 4500 Unterschriften sammeln. Wie groß ist der Vorteil?
Jörn Stobbe: Darüber haben wir noch gar nicht nachgedacht. Wir haben jetzt erstmal die Mitglieder und den FC im Fokus und machen unseren Job. Da haben wir echt viel vor und wollen vieles sehr gut rüberbringen. Der Start ist erstmal gelungen und über die Nominierung freuen wir uns sehr. Und jetzt kommt diese Verantwortung: Wir wollen wirklich zeigen, dass wir eine richtig, richtig gute Lösung für den FC sind.
Ist Ihr Team dann so selbstbewusst, dass es sagt: Uns kann eigentlich kein anderes Team gefährlich werden?
Stobbe: Im Gegenteil. Und es geht ja nicht um gefährlich, sondern es geht darum, was ist das beste Team für den FC. Deswegen ist es natürlich gut, dass andere auch Ideen haben. Wir werden niemanden unterschätzen. Aber wir gucken natürlich hauptsächlich auf uns und wollen aufzeigen, wie wir unsere Ziele mit dem FC erreichen können.
Kann jeder von Ihnen kurz darstellen, wofür er im möglichen FC-Präsidium stehen will?
Ulf Sobek: Klarheit, Kompetenz und Zusammenhalt – das ist auch unser Teamgedanke. Ich finde das schon ein ganz wichtiges verbindendes Element, was auch wirklich für alle Bereiche zählt. Im sportlichen Bereich will ich für klare Entscheidungen stehen, die Menschen dabei abholen, dass es dann im Team gemeinsam nach vorne geht.
Jörg Alvermann: Ich stehe für die Themen Recht und Finanzen. Ganz viele Themen, die den FC beschäftigten, auch im Sport, haben rechtliche Berührungspunkte – wie man bei der Transfersperre gesehen hat. Hinzu kommen Themen wie 50 plus 1, Schutz vor Investoren oder das Geistbockheim, die Eigenvermarktung und Satzungsfragen.
Stobbe: Ich glaube, der Haupterfolgsfaktor für den 1. Köln ist nicht eine neue Strategie zu entwerfen, sondern eine sehr gute Strategie auch wirklich umzusetzen. Wir wollen agieren und Präsenz zeigen. Ich habe ein Talent, Brücken zu bauen und will es erreichen, dass hier alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Dabei wollen wir auch die Stadt Köln mitnehmen. Es geht nicht darum, dass wir alle einer Meinung sind. Sondern es geht um Positionen, über die man miteinander redet. Und dann suchen wir gemeinsam tragfähige Kompromisse.
Sobek: Ich will auch die Kommunikation noch erwähnen, die wir auf allen Ebenen verbessern wollen. Da geht es vor allem auch um den Sport. Wir wollen mit Freude die jungen Spieler noch intensiver begleiten und sie auch unterstützen. Das habe ich in meinen vielen, vielen Jahren als Coach immer wieder gesehen: Diese Wertschätzung mit einfachen, aber ehrlichen Gesten, nicht nur finanziell, ist sehr, sehr wichtig. Das wollen wir weiter ausbauen.
Wie beurteilen Sie denn die Arbeit des noch amtierenden Vorstands?
Sobek: Wir bleiben bei uns. Im sportlichen Bereich sind nun Entscheidungen getroffen worden. Wir freuen uns, dann möglicherweise als neues Präsidium mit den Mitarbeitern zusammenzuarbeiten. Und dann mache wir eine Bestandsaufnahme: Wie sieht es in den Bereichen wie Scouting aus? Danach können wir dann erst schauen, wie man ein bestmögliches Team aufstellt.
Auf die Frage haben Sie jetzt nicht geantwortet ...
Sobek: Bei der Beurteilung des Vorstands gibt es ja verschiedene Ebenen. Nehmen wir mal die Kommunikation – da würden wir anders kommunizieren im sportlichen Bereich. Aber letztendlich kann ich den Vorstand nicht beurteilen, weil ich selber mit ihm noch nie gesprochen habe. Ich spreche lieber mit Menschen als über sie.
Stobbe: Uns bringt nur der Blick nach vorne etwas. Aber eine Sache des jetzigen Vorstands finde ich gut: Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter. Dass hier einige wirklich die Chance bekommen, auf der Karriereleiter zu klettern, wie Thomas Kessler, Lukas Berg oder Philipp Liesenfeld, finde ich mega stark. Personalentwicklung ist eine der besten Sachen. Das bringt für das gesamte Team am Geißbockheim etwas, vor allem natürlich Motivation. Vertrauen in die eigenen Leute ist immer gut.
Ist denn ein Treffen geplant mit dem amtierenden Vorstand – gibt es eine Staffelstab-Übergabe?
Stobbe: Soweit sind wir natürlich noch überhaupt nicht. Selbstverständlich würde ich es begrüßen, wenn wir uns austauschen. Für den FC wäre es am besten. Ich fände es auch ganz toll, wenn ein Vorstand, der sich wirklich zerrissen hat und viel gearbeitet hat, auch weiter ein Teil der FC-Familie bleibt.
Der Vorstand hat Fehler gemacht, aber auch gute Sachen angeschoben, vor allem wirtschaftlich gut gearbeitet. Besteht die Gefahr, dass es im emotionalen FC-Umfeld wieder anders wird und sich der Klub wieder verschuldet?
Stobbe: Die Gefahr besteht grundsätzlich, bei uns liegt sie aber bei null! Wir sind ja nicht bescheuert. Wir wollen vielmehr diese finanzielle Stärkung vorantreiben. Wenn wir etwas anders machen, dann muss es deutlich besser sein als bestehende Abläufe. Bei vielen strategischen Plänen war ich ja schon im Aufsichtsrat dabei, da stehe ich für Kontinuität.
Können Sie sich vorstellen, dass Mitglieder des jetzigen Präsidiums in den Beirat geholt werden?
Alvermann: Es wäre jetzt total vermessen von uns, über irgendwelche Posten oder Ämter zu sprechen. Wir gehen das mit voller Demut an. Fakt ist: Im Beirat sitzt viel Kompetenz, da kann man sich gar nicht oft genug treffen. Das gilt auch für den jetzigen Vorstand. Aber uns würde es auch um Strukturen gehen. Die Frage zum Beispiel: Braucht der FC einen Beirat? Ja, aber nur, wenn man ihn auch richtig nutzt und richtig einbindet.
Im Beirat saßen früher hochrangige Politiker wie Wolfgang Bosbach oder Martin Schulz – die hat man mehr oder weniger herauskomplementiert. War das richtig?
Alvermann: Der FC hat natürliche politische Dimension in der Stadt, deshalb ist es klug, Politikerinnen und Politiker einzubinden.
Präsidentschafts-Kandidat Stobbe will sich offen für Kritik zeigen
Herr Stobbe, sie haben bei ihrer Vorstellung gesagt, dass Sie dem damaligen Präsidenten Spinner zu viele kritische Fragen gestellt haben. Dann kam es zum Bruch. Wie würden Sie als Präsident mit kritischen Fragen umgehen?
Stobbe: Jede Kritik bringt einen ja erstmal weiter. Da überlegt man, danach wird die Entscheidung vielleicht besser, wenn man sich auch mal hinterfragt hat. In dem Beispiel waren es die Vertragsverlängerungen jeweils über viele Jahre für Peter Stöger und Jörg Schmadtke. Die wurden nicht diskutiert, sondern freudestrahlend verkündet. Langfristige Verträge mit der sportlichen Leitung muss man natürlich mal hinterfragen dürfen und schauen, ob FC-freundliche Abfindungsregelungen enthalten sind. Dieser Dialog wäre hilfreich gewesen.
Es geht Ihnen auch um eine Änderung der Rechtsform. Können Sie in einfachen Sätzen erklären, was es bedeuten würde, wenn die KGaA beim 1. FC Köln wieder abgeschafft würde?
Alvermann (lacht): Wieviel Zeit haben wir? Aber im Ernst: Es lohnt sich einmal zurückzuschauen, wie diese ,GmbH & Co-Kommandit-Gesellschaft auf Aktien‘ im Jahr 2001 entstanden ist. Damals hat der FC gesagt, wir gliedern den Profisportbereich in eine Kapitalgesellschaft aus. Da war der FC nicht allein, das haben viele Vereine gemacht. Die Begründung war damals tatsächlich, dass es die maximale Beteiligung Dritter ermöglicht. Das war also klar ausgerichtet auf Investoren. Jetzt die Frage: Gibt es im Jahr 2025 irgendjemanden im FC, der sagt, wir streben eine maximale Beteiligung Dritter an? Dafür wäre eine KGaA tatsächlich die ideale Rechtsform. Jetzt ist sie aber definitiv für niemanden mehr tragfähig. Und es ist auch die maximal komplizierteste Rechtsform. Da frage ich: Warum brauchen wir das? Ich glaube, der FC hat viel mehr Akzeptanz, wenn Strukturen da sind, die die Menschen verstehen und wo sie sich wiederfinden. Das haben wir in der Satzung nicht und auch nicht in der Rechtsform. Deswegen stellen wir das alles mal auf den Prüfstand. Da maße ich mir an, dass wir zu dem Ergebnis kommen, dass die KGaA nicht die richtige Rechtsform für den FC ist.
Aber wenn man das ändert, geht das nicht sofort, das ist nicht trivial. Wir kennen die Verträge der KGaA nicht, das Mitarbeiterverhältnis, da stellen sich steuerliche Fragen, da stellen sich vereinsrechtliche Fragen. Das alles lässt sich nicht von heute auf morgen klären. Aber es ist unsere Aufgabe als Vorstand, das alles zu hinterfragen. Unser Ziel ist, dass wir nicht in ein paar Jahren immer noch mit einer Rechtsform dasitzen, die kaum jemand versteht und die auch nicht zu dem Verein passt.
Im besten Fall hat man dann am Ende mehr Geld in der Kasse?
Alvermann: Damit wird man erstmal kein Geld gewinnen, sondern so eine Umstrukturierung würde natürlich Geld kosten. Und das muss man prüfen und da muss man auch ganz klar den Gremien und den Mitgliedern sagen, was es kostet. Wenn wir danach eine gute Struktur haben, ist das auch eine Investition in die Zukunft.
Stobbe: Das klare Ziel ist es, den FC mittelfristig stärker und schlanker zu machen. Das ist eine Investition in die Zukunft. Natürlich macht man nicht Sachen, nur um etwas zu ändern. Wir wollen die Kräfte besser bündeln.
Und das wäre ja wahrscheinlich das größte denkbare Zeichen gegen Investoren. Vielen ist das wahrscheinlich gar nicht klar, dass diese Rechtsform die beste Form für Investoren ist, oder?
Alvermann: Absolut. Wir wären die ersten, die das mal prüfen. Ausgegliedert haben viele, das ganze Rad zurückgedreht hat noch keiner. Aber das braucht Sorgfalt und Zeit und muss intensiv geprüft werden. Eins ist klar: Die jetzige Rechtsform passt nicht zum FC.
Zum sportlichen Bereich: Mit Ihnen, Herr Sobek, käme große Sportkompetenz zurück in den Vorstand. Wie stellen Sie sich da Ihre Rolle vor, wie intensiv kann man eingreifen?
Sobek: Natürlich ist der Sportgeschäftsführer oder der Sportdirektor in der Entscheidung, ganz klar. Ich sehe das dann eher als Coaching auf Sparring-Ebene. Das heißt, ich möchte gerne die Prozesse sehen, dann diskutieren, warum die Prozesse so sind. Und da würde ich meine Erfahrungen einbringen.
Aktuell ist Kessler Sportdirektor, braucht es noch einen Sport-Geschäftsführer?
Sobek: Das muss man sich anschauen. Da müssen wir den gesamten Verein im Blick haben. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es unseriös zu sagen, wie viele Geschäftsführer wir brauchen.
Es ist fast Teil der FC-Folklore, dass ein Vorstand nicht ohne Zustimmung der aktiven Fanszene kandidieren darf. Gab es da schon Kontakte oder ein Treffen?
Alvermann: Ich finde das lustig, dass man sagt, ohne die aktive Fanszene wird man nicht gewählt. Wir werden von den Mitgliedern gewählt und natürlich besteht die aktive Fanszene auch aus Mitgliedern. Deswegen wäre es Scharlatanerie zu sagen, wir werden nicht auch von der aktiven Fanszene gewählt. Aber diese Fanszene ist heterogen, vielfältig und vielschichtig. Deswegen kann sich kein aktiver Vorstand, kein Bewerberteam anmaßen zu sagen, ja, ich habe jetzt diese komplette Fanszene hinter mir. Das sind ganz viele unterschiedliche Vereine und Personen – so vielschichtig wie der gesamte FC. Jedes Team würde einen großen Fehler machen, wenn es sagt, wir sprechen nicht mit der aktiven Fanszene. Wenn ich Vorstand bin, dann bin ich für alle da. Wir werden im Sommer in Fanclubs gehen und werden möglichst viel Kontakt suchen. Wir besuchen alle – alle, die mit uns sprechen wollen. Aber da gibt es nicht die zentralen Personen oder Gruppierungen, mit denen man spricht, um diese hinter sich zu haben. Sie lassen sich auch gar nicht vor einen Karren spannen. Wenn ich da versuche mich anzubiedern, dann kann ich nur scheitern.
Also Sie waren noch nicht bei irgendwelchen legendären Mittwochnachmittags-Sprechstunden der aktiven Fanszene?
Alvermann lacht: Nein, ich war noch bei keiner Mittwochnachmittags-Sprechstunde, definitiv nicht.
Aber es gibt den Vorwurf, dass die aktive Fanszene oder die Ultras beim 1. FC Köln zu viel Macht besitzen. Wie sehen Sie das?
Alvermann: Ich kann nur über das Bewerbungsverfahren sprechen. Das war nicht ansatzweise so, dass ich dort bei dem Mitgliederrat vor einem verlängerten Arm der Ultras saß. Der Mitgliederrat ist mit zwölf Personen auch sehr heterogen besetzt. Er hat uns hochkompetent und inhaltlich massiv geprüft. Ich fand das sehr beruhigend. Und ich habe zu meiner Frau gesagt: Egal wen die auswählen, die machen das sehr gut.
Bei den Vorstandswahlen haben viele Mitglieder die Sorge, dass am Ende nur noch 600 Ultras dabei sind, die dann abstimmen. Eine hybride Veranstaltung wurde jetzt vom Mitgliederrat abgelehnt. Könnte man darüber nochmal nachdenken, wenn es tatsächlich drei Teams zu Wahl gibt, dass man dann den Mitgliedern die Möglichkeit gibt, von zu Hause aus abzustimmen?
Alvermann: Ich habe eigentlich nicht wahrgenommen, dass die Teilnehmerzahlen bei hybriden Versammlungen in die Höhe geschnellt sind.
Ich fand es jetzt total nachvollziehbar. Die Mitgliederversammlung findet am Wochenende im Stadion statt, sie ist maximal auf Präsenz ausgerichtet. Jetzt doch eine hybride Versammlung anzubieten, hätte ich als Widerspruch empfunden. Zudem ist so eine hybride Versammlung in einem großen Stadion noch mal eine zusätzliche Herausforderung. Bei so einer Wahl braucht nur mal, wenn ein Kandidat gerade seine Vorstellungsrede hält, für fünf Minuten die Leitung zusammenbrechen – und schon haben wir auch ein rechtliches Problem. Deswegen finde ich bei dieser Veranstaltung nachvollziehbar, bei der Präsenz zu bleiben.