Psyche stört VerdauungStress schlägt auf den Magen

Stress kann zu Übelkeit und Magenproblemen führen.

Stress kann zu Übelkeit und Magenproblemen führen.

Ein Bewerbungsgespräch steht an, ein Abgabetermin rückt näher oder die Schwiegereltern haben sich zum Besuch angesagt: Und schon grummelt es im Bauch. Der eine reagiert mit leichter Übelkeit auf solche Stresssituationen, der andere könnte pausenlos zur Toilette rennen. Fest steht: Zwischen Gehirn und Verdauungsorganen gibt es einen heißen Draht.

So entsteht das Übelkeitsgefühl

Im Magen-Darm-Trakt sitzen hundert Millionen Nervenzellen, so viele wie im Rückenmark. „Das, was sie machen sollen - nämlich die Bewegung, Abgabe von Verdauungssäften und Aufnahme von Nahrung steuern - machen sie von ganz alleine“, sagt Prof. Joachim Erckenbrecht von der Gastro-Liga in Gießen. „Aber sie können durch das vegetative Nervensystem, das vom Gehirn gesteuert wird, beeinflusst werden.“

Die Brücke des Gehirns zum Körper ist das Zwischenhirn

Über diese relativ kleine, sehr gut verdrahtete Region werden alle Hormone dirigiert. „Wenn beispielsweise jemandem, der Angst hat vor Hunden, ein sehr großer schwarzer Hund entgegen kommt, dann löst das im Gehirn aus: „Oh, Flucht! Oh, Stress!““, sagt Prof. Peter Falkai von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN). „Das meldet das Zwischenhirn an die Nebenniere.“ Die setze sofort eine große Menge des Stresshormons Cortisol frei. „Und das sorgt dann dafür, dass die Atmung beschleunigt wird, das Herz schneller schlägt, die Muskulatur durchblutet wird.“ Der Körper werde damit vorbereitet nach der Devise „zuhauen oder abhauen“.

Organische Reaktionen können unterschiedlich ausfallen

In einer milden Form löst das Bauchdrücken und Übelkeit aus, im Extremfall will der Körper die Nahrungsreste schnellstmöglich loswerden - durch Erbrechen oder Durchfall. „Für die organischen Reaktionen ist mehr oder weniger egal, um was für eine Belastung es sich handelt - beruflicher Stress, Reiseaufregung oder ein Trauerfall. Je unvorhergesehener ein Ereignis ist, umso stärker muss die Reaktion des Körpers sein“, führt Eck aus.

Warum die Menschen unterschiedlich auf Belastungen reagieren, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Es gibt aber verschiedene Erklärungsmuster. „Die unterschiedliche Sensibilität für Stress ist zum Teil angeboren, zum Teil aber auch erworben“, sagt Falkai. Wer in der frühen Kindheit viel Zuwendung erfahren habe, sei stressresistenter als Menschen, die wenig Zuwendung erfahren haben. Außerdem spiele der eigene Umgang mit den Beschwerden für ihre Intensität eine Rolle. „Körperliche Stressreaktionen verstärken sich, wenn die Betroffenen sie als Katastrophe wahrnehmen.“

Verschiedene Möglichkeiten, auf das Maß der körperlichen Reaktionen einzuwirken

„Man kann vor dem Verlassen des Hauses noch mal in Ruhe zur Toilette gehen, und man kann das Essen unterlassen oder auch versuchen, bestimmte Essgewohnheiten zu verändern“, schlägt Enck vor. Magen und Darm werden durch kleine Mahlzeiten mit wenig Fett und Ballaststoffen wenig belastet. „Diese Inhaltsstoffe werden besonders langsam verdaut. Entsprechend bereiten sie vermehrt Probleme, wenn der Körper sie rasch loswerden will.“ Starke Übelkeit und Schmerzen könnten die Begleiterscheinungen sein.

Ansatzpunkt Nummer zwei ist das Stressniveau

Wer ständig unter Strom steht, dem gibt eine Akutsituation den Rest. Die Gefahr lässt sich reduzieren, indem die Allgemeinbelastung verringert wird, etwa durch Entspannungsübungen. „Viele Leute sind die besten Therapeuten: Sie wissen, was ihnen gut tut. Das können sie zum einen beherzigen, um ihr generelles Stressniveau zu reduzieren“, erläutert Falkai. „Wenn ich weiß, dass ich lange brauche, um Dokumente sorgfältig zu lesen, kann ich entsprechend Zeit einplanen.“ In Stressphasen könne eine Tasse Tee nach dem Nachhausekommen oder ein Wannenbad gut tun.