Hier „kurten“ schon Kaiser und Könige: Unterwegs zwischen Karlsbad und Marienbad in Tschechien.
Wenn der Urlaub baden gehtZu Besuch im legendären Bäderdreieck

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Wie ein Ausflug in eine andere Epoche: Ein Besuch im Römerbad des Hotels Nové Lázně in Marienbad.
von Susanne Böllert
Kohlendioxid, sonst eher als Klimakiller verschrien, genießt im westböhmischen Marienbad einen guten Ruf. In der Kurstadt leiten lange Rohre das kostbare Gut direkt von der Quelle etwa in den Spa-Bereich des Nové Lázně-Hotels. Von Natur aus geruchlos und unsichtbar wird es in einen bläulichen Nebel verwandelt, der den Trockenbadern langsam über den Schoß kriecht, während sie in voller Montur im Badebecken sitzen.
Die Behandlungsmethode wurde 1905 entwickelt, sie verbessert (durch die Jeans hindurch) die Durchblutung, senkt den Blutdruck, lindert Schmerzen, regt den Gewebestoffwechsel an, das versichern die deutschsprachigen Hotelärzte. Außerdem verlangsame die verbesserte Zellregeneration die Alterung, was dem Healthy-Aging-Konzept vieler Kurhotels entspricht. Aber CO2 – ist das nicht gefährlich? „Ja, wenn man es einatmet, ist Schluss“, lautet die wenig tröstliche Antwort der burschikosen Angestellten, die die Gäste durchs Nové Lázně-Hotel (Baujahr 1828) führt. Darum schwebe es nur bis Hüfthöhe.
- Was neben Wellness geht: Neben Relax- und Beautyangeboten nutzen Pärchen oder Mädelsgruppen in Marienbad den Royal Golf Club, wandern im Naturschutzgebiet Kladská, machen Yoga, radeln die Eger entlang (oder sportlicher durch die mittelgebirgige Landschaft) oder üben das Bogenschießen. Die meisten Besucher der Karlsbader Region sind jedoch Rentner. Sie kommen wegen der Kuranwendungen – Mineralbäder, Moorpackungen, Inhalationen oder Gasinjektionen, die von deutschen Krankenkassen übernommen werden. Die gesunden Mineralwasser, die von der Wald-, der Ambrosius-, der Rudolf- und der Karolinenquelle direkt ins Nové Lázně und in die gegenüberliegende Wandelhalle geleitet werden, gehen aufs Haus!
- Geheimnis der Quelle: Die Marienquelle ist ein mächtiger Gassprudel mit einer Reinheit von 99,7 Prozent, auf den die Gründung des Kurortes 1818 zurückgeht. Der entdeckungsfreudige Arzt Johan Joseph Nehr erforschte die heilende Wirkung des Kohlendioxids sowie des Mineralwassers aus der Quelle Nová Marie. Nehr ließ ein Badehaus über der auch „Stinker“ genannten Marienquelle errichten. Die Wirksamkeit der 40 weiteren Mineralquellen im heutigen Stadtgebiet – rund um Marienbad sind es 100 (!) – blieb nicht ungenutzt. So wurde Anfang des 19. Jahrhunderts das unwegsame Moor- und Waldgebiet besiedelt, man baute die ersten Kurhäuser für erholungsbedürftige Gäste. Heute urlauben neben inländischen vor allem deutsche (Gesundheits-)Touris hier.
- Legendäres Dreieck: Marienbad bildet mit Karlsbad und Franzensbad das Westböhmische Bäderdreieck. Alle drei zählen zu den „Great Spa Towns of Europe“ der UNESCO. Die Schönheit der Hotels, Kirchen und Kolonnaden (oder Wandelhallen) erzählt von der Bedeutung, die der bis 1945 deutsch besiedelte Landstrich an der Grenze zu Bayern und Sachsen früher besaß. Besonders im 19. Jahrhundert schlürfte jeder, der etwas auf sich hielt, im „Salon Europas“ das Thermal- und Mineralwasser, das entzündungshemmend wirkt, Atemwegs- oder Verdauungsprobleme lindert oder Nierenkrankheiten heilen hilft. So schlenderten schon Goethe, Kafka, Freud, Wagner, Chopin und Strauss durch die Wandelhallen des Bäderdreiecks. Auch Peter der Große und Fürst Metternich erprobten Trinkkuren, Inhalationen, Spülungen und Moorbäder.
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- Unterwegs in Karlsbad: Besonders spürbar weht der Hauch der Geschichte durch das von Karl IV. im 14. Jahrhundert gegründete Karlsbad, das seine Belle Époque um die letzte Jahrhundertwende hatte. Heute ist es immer noch das größte Heilbad Tschechiens. Prunkvolle Kurhäuser und fünf prächtige Kolonnaden laden zum Spaziergang durchs Kurviertel ein. Mit einem Karlsbader Trinkbecher ausgestattet kann man das aus 2000 Metern Tiefe an die Oberfläche brodelnde Heilwasser an zahlreichen Brunnen kosten. Obacht: Die 14 Karlsbader Quellen sind im Gegensatz zu den Marienbader Säuerlingen heiß, sehr heiß. Die wärmste ist der Geysir Sprudel, der mit 73 Grad zwölf Meter in die Höhe schießt.
- Essen und Trinken: Wer den Royal Golf Club Marienbad besucht, den ältesten Club Tschechiens, von Queen Mum zum einzigen „Royal“ in Zentraleuropa geadelt, verbessert erst sein Handicap und isst anschließend königlich im „Royal Spoon“ (Hauptgerichte zwischen 14 und 17 Euro). Zum Abschluss natürlich einen Becherovka-Kräuterlikör trinken.
- Übernachten: Gäste des Hotel Imperial, Spa & Health Club, das seit 1912 über Karlsbad thront, fahren stilecht mit der hoteleigenen Seilbahn in die City (DZ ca. 266 Euro pro Nacht).
- Das nervt: Oft ein seltsamer Nachgeschmack – die eisenhaltigen Thermal- und Mineralwasser sind nicht besonders lecker. Aber gesund, das zählt.
- Das bleibt: Zeitreise-Feeling – das Eintauchen in die Historie der Bäderorte entführt in andere Epochen.
Urlaub im böhmischen Bäderdreieck: So komme ich hin
Mit dem ICE geht es ab 54,99 Euro von Köln nach Nürnberg und mit der Regionalbahn dann weiter nach Cheb. Von hier aus fährt ein bis zwei Mal in der Stunde ein Zug nach Karlsbad oder Marienbad.