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„Alpen für Anfänger“Gifthütte & Hexentrunk: Ferien im Ostallgäu

Sonnenschirme auf einer Liegewiese an einem See vor einem atemberaubenden Bergpanorama.

Sehr erfrischend: eine Badepause mit Blick vom Illasbergsee auf den Forggensee

Rund um Irsee und Forggensee: Atemberaubende Landschaft und versteckte Kleinode, die man nicht versäumen sollte!

Mit seinen grünen Anhöhen nimmt das Ostallgäu seine Gäste in Empfang. Wer die 45.000-Einwohner-Stadt Kaufbeuren mit ihren schönen Häusern und ihrer Geschichte anschauen möchte, kann dies durchaus alleine machen – oder sich einem Nachtwächter anvertrauen. Die Route verläuft über den Kirchplatz, am Crescentiakloster vorbei und hinauf zum Blasiusberg mit der früheren Stadtbefestigung.

Der abendliche Spaziergang endet am Hexenturm, wo zum Abschluss ein kleines Fläschchen mit dem bekannten Hexentrunk für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereitsteht. Fast drei Stunden voller spannender und skurriler Geschichten aus dem Mittelalter – gespickt mit vielen Informationen samt lustiger Sprüche ergeben einen umfassenden Einblick.

Ostallgäu: Viel mehr als Wandern (was man dort aber auch sehr gut kann)

Wandern: Rund um Kaufbeuren sind ausreichend gut beschilderter Wanderwege, um die Gegend abseits von Straßen zu erkunden. Vom Kloster Irsee führt eine Runde knappe 17 Kilometer über Wiesen, durch Wälder und an Kühen vorbei, bis an der klostereigenen Brauerei eine deftige Brotzeit mit einem Humpen Bier als Belohnung wartet.

Jagdszenen im Allgäu: Wer auf einer anderen Wanderung eine Pause in der Bergmang Alpe einlegt, kann neben einem Kaltgetränk das Glück haben, mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. In diesem Fall mit Florian Jall. Er leitet das Familien-Unternehmen (Heizung, Sanitär) in Irsee und ist Unterstützer des Eishockey-Zweitligisten ESV Kaufbeuren. „Wir freuen uns schon auf die Spiele gegen die Düsseldorfer EG“, sagt Jall und erzählt dann aber lieber seine Lieblingsgeschichte.

Ein Verbotsschild am Ufer eines Weihers, der für die Jagd auf eine Schildkröte leergepumpt wurde.

Wegen der Jagd auf „Lotti“ wurde seinerzeit der Oggenrieder Weiher bei Irsee leergepumpt. Man fand? Genau nix!

„Ich bin im Urlaub, schlage die Zeitung auf und sehe meine Kollegen, die vor unserem See stehen, in dem eine Schnappschildkröte ein Kind die Achillessehne durchgebissen haben soll. Schlagzeile war: ‚Angst vor Alligator-Schildkröte – See gesperrt!‘“ Der Oggenrieder Weiher wurde im Sommer 2013 abgelassen, „Lotti“ füllte weltweit das Sommerloch. Das Tier wurde nie gefunden, aber Irsee ist seitdem in den Geschichtsbüchern. „Das war eine irre Geschichte“, lacht Jall heute noch.

Radfahren: Rund um Kaufbeuren ist für jeden etwas dabei und vor allem: Für diese Touren sind keine E-Bikes nötig, die Anstiege sind sanft, die Höhenmeter halten sich in Grenzen. Sehr schön ist die Fahrt auf der Dampflock-Runde nach Füssen. 50 Kilometer sind es, die die Radler gemächlich in Alpen-Nähe und in die Sicht von Schloss Neuschwanstein bringen. Am Wegesrand sind ausreichend Möglichkeiten für eine Rast oder für einen Sprung in den Forggensee. Zurück geht's mit der Bahn.

Fahrräder lehnen an einem Holzstadl, im Hintergrund ein Nadelwald auf einer Anhöhe.

Da muss auch die Ente am Lenker mal Luft holen: Radtouren mit Aussicht auf Wiesen und Wälder

Essen: Wen der Hunger quält, ist in der Gifthütte oder in der Skihütte gut aufgehoben. Beide Lokale bieten ein breites Angebot, die Gifthütte besticht zusätzlich durch Wort-Witz in der Speisekarte, die Skihütte mit einer tollen Aussicht. Den Vogel schießt aber der Adlerkeller ab. Hier servieren seit 40 Jahren Yvonne und ihr Mann Rudi, beide in ihren 70ern, eine Palette an Speisen und Spaß. Beim dritten Besuch ist der Gast nicht mehr nur König, sondern Familienmitglied und Yvonne sitzt mit am Tisch. „Früher war ich Musical-Sängerin“, erzählt sie und kontert ungläubige Blicke mit einer Kostprobe. Sie steht auf und singt mit einer glasklaren Stimme „As time goes by“. Rudi, der in der Küche für die deftige Kost zuständig ist, ergänzt: „Früher haben bei uns Max Greger und Paulchen Kuhn Konzerte gegeben.“ Die Bilder im Keller sind stummes Zeugnis von rauschenden Festen. Wer den Adlerkeller jetzt auf seine Bucket-Liste für Kaufbeuren genommen hat, muss sich allerdings beeilen. Yvonne und Rudi machen Ende des Jahres endgültig Schluss und gehen auf mehrmonatige Weltreise. „Da gibt es jetzt auch kein Zurück mehr“, sagen sie und fügen hinzu: „Das haben wir uns auch verdient!“

Ausflüge: Wer sich einmal die Umgebung von Kaufbeuren vornimmt, sieht schnell: In maximal einer Stunde sind viele Ziele erreichbar mit dem Auto. Hier kommt eines für Kinder: In Nesselwang gibt es nicht nur eine irre schnelle Sommer-Rodelbahn (wenn der Vordermann nicht dauernd bremst), sondern auch einen Klettergarten über dem Wasser. Je nach Können sind – wie bei „Ninja Warriors“ – verschiedene Parcours zu überwinden. Wer es nicht schafft, landet im kühlen Nass. Spaß pur mit Nervenkitzel.

Das nervt: Wenn die Bauern einmal Gülle ausgefahren haben, hält diese sich leider tagelang in Luft und Nase.

Das bleibt: Wer hoch hinaus will, fährt an Kaufbeuren vorbei, um in die Berge zu kommen. Wer's gemächlich mag, ist in den „Alpen für Anfänger“ (O-Ton bayerischer Kollege) sehr gut aufgehoben.

Ferien im Ostallgäu: So komm' ich hin

Mit dem Auto über die Autobahn, z. B. A 3, A 7 und A 96, aber vorher (und zwischendurch) besser das Navi befragen, wo gerade Stau ist. Fahrzeit so zwischen sechs und acht Stunden (je nach Verkehrslage). Mit dem Zug dauert die Reise keine fünf Stunden (mit einem Umstieg in München, ab ca. 105 Euro hin und zurück).