OFFENE BEZIEHUNGSie sollte mir alles über den Lover berichten, aber sie verheimlicht einiges

Wenn sie mich über alles liebt, warum hält sie unsere Vereinbarungen nicht ein?

Hallo liebe Beatrice,

es geht um meine Frau. Wir kamen vor acht Jahren das erste Mal zusammen. Vor fünfeinhalb Jahren hat sie mich wegen meines besten Freundes verlassen und ihn fast geheiratet, trennte sich jedoch kurz vor der Hochzeit von ihm, aber wir sahen uns dann 3 Jahre gar nicht.

Wir sahen uns in unserer Stammdisko wieder und flirteten wild und heftig miteinander. Bei den Gesprächen an dem Abend erfuhr ich, dass sie vergeben ist.

Am nächsten Morgen beschloss ich, ihr zu schreiben. Das tat ich und es entwickelte sich innerhalb von Stunden und Tagen etwas sehr Tiefes. Ich ließ es, auch wenn sie es sehr gern gewollt hätte, allerdings zu keinerlei sexueller Aktivität kommen, immer mit den Worten: Kläre erstmal deine Situation mit deinem Freund.

Wir trafen uns weiter. Es passierte, was passieren musste: er warf sie raus, sie kam zu mir und ein halbes Jahr später heirateten wir. Anderthalb Jahre später kam das erste Kind, dann zwei Jahre später das zweite.

Von Anfang an waren wir sehr offen. Gerade in sexueller Hinsicht. Wir arbeiteten beide in einem Swingerclub und es entwickelte sich ein recht offenes Sexualleben gerade im Bezug auf andere Herren und meine Frau (ja, ich bin ein wenig voyeuristisch veranlagt...). Alles immer zusammen, da das ja alles ein Bonus für uns beide sein soll.

Beziehungstechnisch hatten wir manchmal die eine oder andere Differenz, die auf mangelnde Kommunikation zurückzuführen war.

Vor einem halben Jahr lernten wir einen Mann kennen, den wir in unser Sexualleben integrierten. Wir trafen uns hin und wieder mit ihm. Gut gebaut usw...

Mit der Zeit traf meine Frau eigenmächtig Entscheidungen. Auf Grund der Tatsache, dass "es ihm unangenehm wäre, wenn ich dabei bin“, entschied sie (über meinen Kopf hinweg) sich mit ihm alleine zu treffen. Als ich ihr sagte, dass mir das nicht passen würde, sagte sie, ich hätte ihr gar nichts zu sagen. Es folgten Wochen und Monate des Unbehagens für mich, mit der Ahnung, ja fast schon Gewissheit, dass da mehr wäre. Sie löschte Chatverläufe mit ihm. Ich fragte sie oft, ob da mehr ist, sie sagte IMMER, „da ist nichts“. Ich sprach sie darauf an, was sie mir verheimliche. Sie sagte: "Nichts". Ich sprach sie immer öfter darauf an, was das zwischen den beiden wäre. Sie sagte, sie wisse es nicht. Sie ließ mich immer länger hängen. So lange, bis mir an unserem Jahrestag der Geduldsfaden riss. Ich stellte sie vor die Wahl mir zu sagen, was das ist, oder sie beendet es mit ihm.

Nicht mal eine Woche später kam sie dann mit dem Wunsch der Trennung auf Zeit. Wir sprachen noch ein wenig, wobei sich dann herauskristallisierte, dass ich mit meinen Ahnungen Recht hatte. Sie hatte die Chatverläufe gelöscht und mir das alles verheimlicht, weil "sie mich nicht verletzen wollte“.

Es fehlten Ihr Nähe, Zärtlichkeit usw. in unserer Beziehung. Sie wolle herausfinden, ob sie noch Gefühle für mich hat und wie stark sie sind.

Meine Frau hatte im Vorfeld schon Depressionen und seit dem zweiten Kind ihre erforderlichen Medikamente nicht mehr genommen. Nun hatte sie seit April dann wieder eine schwere depressive Episode. Mittlerweile nimmt sie ihre Medikamente wieder. Und vieles von dem, was sie mir angetan hat, führen wir auch auf die Depression zurück. Wobei ich da nicht weiss, ob ich mir da nicht was vormache.

Widerwillig machte ich bei dem Spiel "Trennung auf Zeit" mit und kam bei Freunden unter.

Diese wollten aber nach knapp einer Woche wieder ihr Haus für sich haben und so bin ich wieder nach Hause, in Absprache mit meiner Frau.

Ende vom Lied war, dass sie die Beziehung weiterführen wollte. Ich ging das Ganze ein. Dann hatten wir noch ein Gespräch am Tag des „Neuanfangs", in dem sie mir gestand, dass sie sich mehrfach in der Woche "Trennung auf Zeit" mit ihm getroffen hatte. Und sie hatten auch Sex (in unserem BETT!!!). Und das Ganze sogar direkt am Tag, als die Räumliche Trennung durchgeführt wurde. Er hatte sogar bei uns komplett genächtigt. Das hat mir kurz den Boden weggezogen, aber im Rahmen des Neuanfanges, vergeben. Ich habe grundsätzlich nicht so ein krasses Problem damit, wenn sie sich ein "Verliebtsein" woanders holt, denn ich weiss, dass diese Phase in einer Beziehung einfach irgendwann vorbei ist, und da wir ja generell eher offen sind... Wir verständigten uns, dass die beiden sich trotzdem weiter treffen dürfen unter ein paar Voraussetzungen: Ich will über alles bei den beiden auf dem Laufenden bleiben (soll heissen, sie erzählt mir, was sie so schreiben, oder wenn sie telefonieren, was so gesagt wird. Sie erzählt mir immer im Vorfeld, wann und wo sie sich treffen. Sie erzählt mir danach, was gelaufen ist). Ich bekomme ein Stück ab vom Kuchen (ich will sowohl seelisch als auch sexuell nicht zu kurz kommen). Wir nutzen ihre Wuschigkeit, wenn sie von ihm wieder da ist, oder er weg ist, noch für ein leidenschaftliches Beieinander. Und sie muss IMMER offen und ehrlich zu mir sein.

Eine Zeitlang ging das gut.

Nun hat sie sich schon einmal mit ihm getroffen und es mir erst hinterher erzählt. Sie telefoniert und schreibt öfter mit ihm, ohne es mir zu erzählen, beziehungsweise erzählt es mir irgendwie nebenbei. Sie verheimlichte mir, dass sie sich schreiben, dass sie sich lieb haben...(ich habe in ihr Handy geschaut, als sie duschen war...weil ich irgendwie ein ganz mieses Gefühl hatte.) Ich sprach sie drauf an. Sie sagte, es war nur ein Versuch, aber es fühle sich falsch an ihm das zu schreiben.

Nun sind wir gemeinsam mittlerweile an dem Punkt angelangt, wo sie selber sagt, sie liebt ihn. Und zwar sehr. Er weiss es noch nicht. Er hat auch definitiv ein Problem mit mir. Ich vermute, er will sie für sich. Er sagt allerdings immer, er will nicht eine Beziehung kaputt machen. Und als sie ihm sagte, dass sie quasi uns beide will und ihn genauso lieb hat wie mich, wich er die ganze Zeit nur aus, was sie ein wenig unglücklich gemacht hat.

Sie sagt, sie liebt mich mehr, und wenn sie sich entscheiden müsste, dann sicher für mich. Ich will, dass sie glücklich ist, sie hat schon viel Mist in Ihrem Leben erlebt. Ich akzeptiere es...irgendwie...Ich habe mich auch mittlerweile sehr viel mit dem Thema Polyamorie befasst...

Sie sagt auch, sie liebt mich über alles.

Vorgestern war sie mit Ihrer Schwester aus. Irgendwann schrieb sie mir nicht mehr. Nachts um drei kam hat er sie nach Hause gebracht. Sie sagt, er habe sie auch nur nach hause gebracht, mit einem kleinen Abstecher zu McDonalds, wo sie noch was gegessen hat. Sie hätte mich nicht informiert, da ihr Handyakku leer gewesen wäre. Sie habe ihn über das Handy ihrer Schwester angerufen, um ihm gute Nacht zu wünschen und da habe er angeboten, sie beide nach Hause zu fahren (er muss ne halbe Stunde alleine in die Bar fahren, wo die beiden waren...). Sie kann über das Handy ihrer Schwester IHN anrufen, sich aber MIR, ihrem EHEMANN, nicht bescheid geben, dass sie ihn sehen wird?!? Davon mal ganz abgesehen, dass sie mir nicht mal gute Nacht gesagt hat, sondern ihm?!?!?!?

Gestern Abend war er da. Ich war außer Haus. Er ist neben Ihr auf unserem Sofa eingeschlafen, sie war noch wach (es lief auch nichts sexuell). Ich wusste, sie wünscht sich länger schon wieder eine gemeinsame Nacht mit ihm. Also sagte ich, ist ok, ich schlaf im Schlafzimmer und sie soll die Nacht genießen.

Heute morgen war sie allerdings irgendwie traurig...

Ich habe das Gefühl, das, was ich ihr zugestehe unter den vorher festgelegten Bedingungen, reicht ihr nicht.

Sie will mich aber auch nicht verlieren. Sie liebt mich ja. Über alles. Und mehr als Ihn.

Mittlerweile frage ich mich allerdings wirklich, wenn sie mich über alles liebt, warum hält sie unsere Vereinbarungen nicht ein?

Warum verheimlicht sie mir wieder manche Dinge?

Warum informiert sie mich nicht?

Warum geht es mir irgendwie mit der Gesamtsituation nicht gut?

Warum tut das alles so weh?

Warum mache ich das mit?

Warum vertraue ich ihr (oder mache ich mir da nur was vor?) überhaupt, nachdem sie mich monatelang angelogen, übergangen und verletzt hat?

Ich habe heute gerade das Gefühl, gerade nachdem ich ihr eine Nacht mit ihm gegeben habe, auf die Nähe meiner Ehefrau zur Nacht verzichtet habe, schlecht geschlafen habe und mir die halbe Nacht um die Ohren geschlagen habe und ausser Haus war, nur damit die beiden sich sehen konnten, dass ich meine gesamte Kraft verloren habe. Mitunter auch, weil sie heute traurig ist und ich das nicht deuten kann und sie mir nur sagt, sie weiss nicht warum sie traurig ist.

Ich möchte mich einfach nur hinlegen und für immer liegen bleiben...

Vielen Dank und liebe Grüße

Olaf (50)

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Lieber Olaf,

ich hoffe, Sie sind nicht tatsächlich für immer liegen geblieben!

Oh je, da haben Sie ja ein kompliziertes Problem - eigentlich viel zu kompliziert, als dass ich es mit meiner kleinen Online-Beratung beim Kölner Express lösen könnte, über die Sie mich kontaktiert haben (ich bin ja hauptberuflich Paarberaterin).

Da Sie mir so eine lange Mail geschrieben haben, wo mich allein das Lesen eine ganze Stunde gekostet hat (um es zu kapieren, musste ich´s 2 x lesen), antworte ich nur kurz.

Ihre Geschichte ist für mich wiedermal ein neuer Hinweis, dass offene Beziehungen nicht gut funktionieren. Ich habe noch nie eine Beziehung gesehen, wo das auf Dauer gut geht. Sondern es passiert immer das Gleiche: der Mann oder die Frau verlieben sich in einen der Sexualpartner, und zwar mit Haut und Haaren, mit Leib und Seele. Diese Gefühle sind stärker als zum langjährigen Partner (so ist das auch bei Ihrer Frau) und das führt dann zu Rissen in der festen Beziehung.

Viele von uns wollen in Sachen Liebe am liebsten „Alles“ haben: die kuschelige feste Partnerschaft und den offen gelebten wilden Sex mit anderen; oder eine Liebesbeziehung mit zwei Menschen und jeder der beiden soll das einfach hinnehmen. Für die allermeisten Menschen funktioniert das nicht. Daher müssen wir uns entscheiden. Auch Sie müssen sich entscheiden, und Ihre Frau muss sich entscheiden. Denn wie sich ja jetzt schon abzeichnet: Sie versuchen durch absurde Kontrollmechanismen das Ganze in Schach zu halten, Ihre Frau hintergeht sie, und schon ist das Vertrauen im Eimer und Sie werden depressiv.

Herzlichst, Beatrice