MissverständnisseDeutsche zu direkt! Darum versteht uns im Ausland keiner

„Wie bitte? Verstehe ich nicht.“ – Die meisten Kulturen dieser Welt folgen ganz anderen sozialen Regln und Etiketten, deshalb haben deutsche Muttersprachler im Ausland oft Schwierigkeiten.

„Wie bitte? Verstehe ich nicht.“ – Die meisten Kulturen dieser Welt folgen ganz anderen sozialen Regln und Etiketten, deshalb haben deutsche Muttersprachler im Ausland oft Schwierigkeiten.

„Guten Tag zusammen. Wir sollten schnell mit den Verhandlungen beginnen! Ich habe folgenden Vorschlag, sind Sie mit mir einer Meinung...?“ Als der Geschäftsmann aus Bayern das sagte, wurden die japanischen Verhandlungspartner plötzlich sehr einsilbig. Dabei war die Vorbereitung des Treffens doch so harmonisch verlaufen, der Deal schien eigentlich schon unter Dach und Fach zu sein.

Woran kann es liegen, wenn man bei ausländischen Geschäftspartnern gegen Wände rennt, wenn der Vortrag nicht zündet oder plötzlich peinliches Schweigen im Meeting herrscht? „Wir Deutschen reden nicht lange drum herum, wir kommen gern ohne Umschweife zum Punkt. Probleme und Missstände werden klar benannt, wir streben schnelle Lösungen an und erklären anderen gern, wie etwas zu regeln ist“, weiß Susanne Kilian. Durch unsere ungeduldige Art verwirren wir Menschen anderer Nationalitäten und überfordern sie – ein klassisches Problem interkultureller Verständigung.

Kilian hat in Asien, in den USA sowie in Europa studiert und gearbeitet. Als UN-Dolmetscherin erlebte sie regelmäßig, welche Konsequenzen sprachliche Missverständnisse haben können. Ihre Erfahrungen und Tipps für (Geschäfts-)Reisende hat sie in dem Buch „Don't let me be missunderstood – Wie wir weltweit besser verstanden werden“ (Ariston Verlag) gesammelt. Mit den „Dos und Don’ts“ der internationalen Kommunikation will sie Lesern ein Werkzeug an die Hand geben, um sich im Ausland besser verständigen zu können.

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Deutsche sprechen „sehr funktional, sehr pragmatisch und sehr effizient“

Bei der Lektüre wird schnell klar: Wir nehmen gerne alles wortwörtlich, und unsere deutsche Direktheit bereitet uns in vielen Situationen Schwierigkeiten. Ein Grund für häufige Missverständnisse zwischen Nationen ist laut Kilian der, dass Kommunikation eine unterschiedliche Funktion in verschiedenen Ländern hat.

„Italiener oder Franzosen verwenden sie strategisch: um etwas zu verkaufen, aber auch um Beziehungen aufzubauen und ihre Kontakte zu pflegen. Deutsch hingegen scheint tatsächlich eine Art 'Ingenieurssprache' zu sein: sehr funktional, sehr pragmatisch und sehr effizient.“ Zum Glück sind wir nicht zur ewigen interkulturellen Inkompetenz verdonnert, sondern können diese verbessern.

Wie aber sollten wir vorgehen, um uns im Ausland empathischer zu verhalten? Ein paar Tipps von der Kommunikationsexpertin:

  •  Uns bewusst machen: wir werden oft von anderen nicht verstanden
  • Uns einfühlen: in andere Länder und Mentalitäten
  • Uns anpassen: an das Sprachverhalten anderer Nationen
  • Uns annähern: mit Smalltalk und Komplimenten – das lässt sich trainieren

Um nochmal auf das Beispiel vom Anfang zurückzukommen: Hätte der bayrische Geschäftsmann sich etwas mehr Zeit gelassen, bevor er in die Verhandlungen gestartet wäre, wären die Reaktionen vermutlich positiver gewesen. Denn Japaner äußern ihre Meinung sehr selten direkt.

„Japaner fallen ungern mit der Tür ins Haus, sondern tasten sich lieber an ein Thema heran – gerne über den „Umweg“ des Smalltalks zu Beginn eines Meetings. Dies erwarten sie auch von ihren deutschen Geschäftspartnern“, heißt es im „Japan-Knigge“. Noch mehr und vor allem ausführlichere Tipps für die empathische Kommunikation mit internationalen Geschäftspartnern enthält Kilians Ratgeber.

Welche Fauxpas in einzelnen Ländern warten

Auf Geschäftsreisen im Ausland können Arbeitnehmer in so allerlei Fettnäpfchen treten. Das größte ist deshalb wohl, sich vorher nicht über die Gepflogenheiten im anderen Land zu informieren, sagt Inge Wolff vom Arbeitskreis Umgangsformen International (AUI).

Diese 10 Fehler machen Reisende oft

China

In China – wie in Japan – sollte man beim Geschäftsessen nicht die Stäbchen senkrecht in den Reis stecken: Das erinnert nämlich an eine Opfergabe, erklärt Wolff. Außerdem gilt es, nicht erschreckt zu schauen oder sogar eine Bemerkung zu machen, wenn die Geschäftspartner schmatzen: In China zeigt man so, dass es schmeckt.

Frankreich

Hier kommt es auf das „Herr” und „Frau” an – soll bedeuten: Statt dem Geschäftspartner einfach mit einem „Bonjour” zu begrüßen, hängt man ein „Bonjour, Monsieur” oder „Bonjour, Madame” an. Genauso wie beim „Merci, Madame”.

Indien

Die linke Hand gilt in Indien und auch einigen arabischen Ländern als unrein. Deshalb benutzt man sie hier nicht zum Überreichen von Dingen – auch nicht von der Visitenkarte: Anders als in Japan gibt man die dem Geschäftspartner also nur mit der rechten Hand.

Japan

Hier geht man besser nicht mit ausgestreckter Hand auf den Geschäftspartner zu: In Japan verbeugt man sich noch. Kommt es dann zum Austausch der Visitenkarten, tut man das beidhändig. „Eine Hand gilt als nachlässlich”, beschreibt Inge Wolff vom Arbeitskreis Umgangsformen International (AUI). Und natürlich steckt man die Karte nicht gleich ungesehen ein, sondern betrachtet sie vorher interessiert.

Österreich

Hier mag man Titel. Der Geschäftsreisende tut also gut daran, nicht nur den Dr. und den Prof. vor dem Namen zu nennen, sondern auch das Diplom und den Magister, rät Wolff.

Niederlande

Bringt man dem Geschäftspartner Blumen als Geschenk mit, lässt man sie in den Niederlanden besser im Papier eingewickelt. Das habe eine alte Überlegung als Ursprung, erklärt Wolff. Weil in den Niederlande so viele Blumen wachsen, zeigt das Papier: Ich habe sie nicht einfach auf dem Weg gepflückt, sondern extra gekauft.

Russland

Schenkt man dem russischen Geschäftspartner Blumen, haben sie besser eine gerade Anzahl – in ungerader Zahl bekommt er den Strauß nur, falls man ihm kondolieren möchte.

Thailand

Trifft man die Kinder des Geschäftspartners, könnte man denken, man erscheint besonders nett, streichelt man ihnen kurz über den Kopf. Das wäre aber völlig falsch. In Thailand berührt man Menschen nicht am Kopf: Dort sitzt nämlich die Seele, erklärt Wolff.

Türkei

Steht beim Geschäftspartner etwa eine schöne Statue im Büro, verbeißt man sich besser, sie ausschweifend zu bewundern. Denn sonst könnte er sich verpflichtet fühlen, einem das Teil zu schenken, erzählt Wolff.

USA

In den Vereinigten Staaten ist man ohnehin schon direkt beim „you”, auch der Vorname ist schnell gefallen. Das darf der deutsche Business-Partner aber nicht mit einem „Du”-Verhältnis wie in Deutschland verwechseln – so vertraut ist man dann noch nicht automatisch.

(gs)