Zwei junge Frauen brachen im Zürich-“Tatort: Rapunzel“ in eine Perückenmanufaktur ein und entwedeten Echthaar im Wert von 100.000 Franken. Wenige Tage später war eine von ihnen tot. Auch im realen Leben ist der Echthaarhandel ein lukrativer Markt.
Zürich-„Tatort“So lukrativ ist der Handel mit Echthaar wirklich

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In ihrem neunten Fall ermittelten die Kommissarinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher, links) und Tessa Ott (Carol Schuler) unter anderem zum Handel mit Echthaar. (Bild: SRF/Screenshot)
Haare sind für die meisten Menschen mehr als nur ein Schutz für den Kopf: In der Antike galten Haare als der Sitz der Seele, und auch heute hadern viele Menschen mit krankheits- oder altersbedingtem Haarausfall.
Entsprechend lukrativ ist das Geschäft mit Echthaarperücken, das im neunten Zürich-„Tatort: Rapunzel“ (Regie: Tobias Ineichen, Buch: Adrian Illien) mit Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) gar zum Tod einer jungen Frau führte.
Worum ging es im „Tatort: Rapunzel“?
Die junge Perückenmacherin Vanessa Tomasi (Elena Flury) wurde nachts auf dem Heimweg aus einem Nachtclub, in dem ihre Lebensgefährtin Lynn Fischer (Elsa Langnäse) arbeitete, entführt. Der Täter fesselte die junge Frau und schnitt ihr einen Teil ihrer langen blonden Haare ab.
Zwar gelang Vanessa die Flucht, doch kurze Zeit später wurde sie vom Auto des Täters angefahren, sie stürzte einen Abhang hinab und landete tot in einer Baumkrone.

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Die Kommissarinnen Tessa Ott (Carol Schuler, links) und Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher, Mitte) sowie Staatsanwältin Anita Wegenast (Rachel Braunschweig) waren schockiert über den Anblick am Tatort. (Bild: SRF/Salvatore Vinci)
Die Kommissarinnen Grandjean und Ott begannen im persönlichen Umfeld der Toten zu ermitteln: Zu ihrem Vater, dem berühmten Coiffeur Marco Tomasi (Bruno Cathomas), hatte sie so gut wie keinen Kontakt.
Stattdessen absolvierte sie eine Ausbildung in der Perückenmanufaktur von Aurora Schneider (Stephanie Japp). Dort war wenige Tage vor Vanessas Tod eingebrochen worden: Echthaarspenden im Wert von 100.000 Schweizer Franken wurden gestohlen.
Worum ging es wirklich?
Wie sich herausstellte, steckten Vanessa und Lynn hinter dem Einbruch. Sie wollten die Haare verkaufen und damit unter anderem Lynns Studiengebühren bezahlen. Unter den gestohlenen Strähnen befanden sich auch die von Heinrich Vogels (Sebastian Rudolph) an Krebs verstorbener Frau. Er selbst hatte sie seiner Frau abgeschnitten, um eine Perücke für sie daraus fertigen zu lassen. Da seine Frau vor der Beauftragung starb, wollte er ihre Haare in ein Totenbild umwandeln lassen, was der Diebstahl verhinderte.
Mit der Entführung und dem Abschneiden der Haare wollte sich Heinrich Vogel an Vanessa rächen, auch Lynn wurde im Verlauf des Krimis von ihm entführt. Umbringen, so behauptete Heinrich Vogel bis zuletzt, habe er die junge Frau allerdings nicht wollen.

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Lynn Fischer (Elsa Langnäse, links) und Vanessa Tomasi (Elena Flury) hatten ein Geheimnis. (Bild: SRF/Screenshot)
Die entwendeten Haarteile waren jedoch nicht die einzige Tat, die sich Vanessa Tomasi vor ihrem Tod zuschulden kommen ließ: Auf ihrem Rechner fand die Polizei Rechnungen des internationalen Haarhändlers Majestic Hair. Die Schweizer Firma befand sich im Besitz von Else (Pascale Pfeuti) und Rudolf von Landegg (Matthias Schoch). Bei einem großen Teil der von Majestic Hair verarbeiteten Haare handelte es sich um Tempelhaar aus Indien.

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Star-Coiffeur Marco Tomasi (Bruno Cathomas) stand als Vater der Toten unter Verdacht. (Bild: SRF/Screenshot)
Das Problem: Majestic Hair verwendete es für koschere Perücken, genannt „Scheitel“: „Jüdisch-orthodoxe Frauen tragen oft Scheitel, weil sie nach der Hochzeit ihre Haare nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen dürfen“, erklärte Noah Löwenherz (Aaron Arens) im „Tatort“. Doch Tempelhaar ist nicht koscher und da Marco Tomasi von dem Schwindel wusste, wurde er von seiner Tochter erpresst.
So begehrt ist Echthaar wirklich
Die Nachfrage nach Echthaar nimmt seit Jahren zu: Laut einer Erhebung des Marktforschungsunternehmens Grand View Research bestanden 2021 rund zwei Drittel der in den USA verkauften Haarteile, Perücken und Extensions aus Menschenhaar. Der globale Markt für Perücken und Extensions wurde im selben Jahr auf 6,13 Milliarden US‑Dollar geschätzt und soll bis 2030 voraussichtlich auf einen Umsatz von 11,8 Milliarden US‑Dollar steigen.

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In der Jurabibliothek von Zürich hofften Tessa Ott (Carol Schuler, links) und Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) den Täter zu stellen. (Bild: SRF/Sava Hlavacek)
Der größte Teil der für Perücken verwendeten Haare stammen aus Indien, wo es von Gläubigen in Tempeln geopfert wurde. Sie hoffen dadurch, die Götter milde zu stimmen, sodass diese ihnen im Gegenzug einen Wunsch erfüllen. Geld bekommen die Gläubigen für das geopferte Haar nicht. Die Tempel verkaufen es, um mit dem Erlös den Tempelbetrieb oder Projekte der örtlichen Gemeinschaft zu finanzieren. Wie viel Geld ein Bündel Haare bringt, hängt von der jeweiligen Qualität ab. Grundsätzlich kommt für den Handel nur unbehandeltes, also niemals chemisch gefärbtes, geglättetes oder gelocktes Haar infrage.
Woher stammt das Echthaar?
Neben dem rituellen Haaropfer entscheiden sich viele Frauen in ärmeren Ländern wie Indien oder Kambodscha dazu, ihr Haar selbst an sogenannte Haarhändler zu verkaufen. Der „Spiegel“ berichtete 2020 von einer Frau aus Kambodscha, die ihre Haarpracht für umgerechnet 40 Euro verkaufte. Mit dem Geld finanzieren sie wie und viele andere ihr alltägliches Leben, von den Lebensmitteln über das Schulgeld bis hin zu Krediten.
Weitaus weniger wertvoll ist das sogenannte „Kammhaar“: Dabei handelt es sich um Haare, die Menschen beim Bürsten oder Kämmen verlieren und anschließend sammeln. Es muss vor der Weiterverarbeitung mühsam entwirrt werden. Als Bezahlung bekommen die Menschen etwas Bargeld oder Aluminiumtöpfe.
Wie geht es mit dem Zürich-“Tatort“ weiter?
Die Dreharbeiten zum „Tatort: Rapunzel“ fanden von Mitte Juni bis Mitte Juli 2024 in Zürich und Umgebung statt. Ein zehnter Film unter dem Arbeitstitel „Herzenssachen“ wurde von Anfang Oktober bis Anfang November 2024 in Zürich gedreht.
Bis zur Ausstrahlung wird es allerdings noch ein paar Monate dauern. Mit „Rapunzel“ verabschiedet sich der „Tatort“ nämlich in die alljährliche Sommerpause. Kommende Woche zeigt das Erste noch einen neuen „Polizeiruf 110: Spiel gegen den Ball“ am Sonntag, 22. Juni, um 20.15 Uhr. Das deutsch-polnische Team um Vincent Ross (André Kaczmarczyk) und Alexandra Luschke (Gisa Flake) ermittelt dann im Umfeld einer polnischen Gerüstbaufirma und eines Amateur-Fußballvereins.
Danach müssen sich Krimi-Fans voraussichtlich bis Sonntag, 7. September, mit Wiederholungen zufriedengeben, ehe die nächste Krimi-Saison mit neuen „Tatort“-Fällen beginnt. (tsch)