Seit dem Schengener Abkommen vor 30 Jahren gibt es innerhalb der EU eigentlich keine Grenzkontrollen mehr. Doch in den letzten Jahren wird auch die Einreise nach Deutschland immer stärker kontrolliert. Über die nicht nur positiven Auswirkungen berichtet eine aktuelle ARD-Dokumentation.
Urlauberin macht ihrem Ärger über Grenzkontrollen in ARD-Doku Luft„Es ist ein Fremdschämen“

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Weiße Lieferwägen sind besonders beliebt bei Schleusern, erfährt man in der WDR-Reportage „Zwischen Sicherheit und Freiheit: Alltag mit Grenzkontrollen“. (Bild: WDR)
Während sich die Älteren in der Bevölkerung noch gut an Grenzkontrollen innerhalb Europas erinnern können, sind die jüngeren Generationen es mittlerweile gewohnt, frei und ohne Kontrollen durch die EU reisen zu können. Ein spontaner Tagestrip ins Nachbarland und die Einreise ohne Ausweis waren meist kein Problem - doch seit einiger Zeit werden die Kontrollen an den Ländergrenzen wieder stärker ausgebaut. So kontrollieren Österreich und Deutschland wieder verstärkt die Einreise an den Grenzen, und auch Polen hat nun angekündigt, die Kontrollen zu Deutschland wieder auszubauen.
Dass dies nicht nur Auswirkungen für die Touristen, sondern auch für Unternehmen haben kann, zeigt die aktuelle WDR-Reportage „Zwischen Sicherheit und Freiheit: Alltag mit Grenzkontrollen“ (abrufbar in der ARD-Mediathek). Dort wurden sowohl Einsatzkräfte der Grenzpolizei, als auch Touristen und Unternehmer begleitet. Denn für sie hat sich mit der Ausweitung der Kontrollen einiges geändert. Stau, Kontrollen, Diskussionen. Für die einen bedeuten die Maßnahmen mehr Sicherheit. Für andere Stress oder weniger Freiheit.
So laufen die Grenzkontrollen ab
Wie genau die Kontrollen ablaufen, zeigt sich in Perl an der Mosel. Der Ort liegt direkt am Drei-Länder-Eck, wo Deutschland, Frankreich und Luxemburg aufeinandertreffen. Hier finden seit einiger Zeit wieder vermehrt Kontrollen durch die Polizei statt. Das Reporter-Team der WDR-Reihe „Bundesvibe“ trifft auf Polizeihauptmeister Timothy Emch, der gemeinsam mit seinem Team unerlaubte Einreise verhindern will.
Er erklärt, worauf die Einsatzkräfte bei ihren Kontrollen besonders achten. Denn auch die Art des Fahrzeugs spiele eine Rolle. „Primär schauen wir natürlich: 'Was für ein Fahrzeug habe ich vor mir? Da zählt natürlich auch der äußere Zustand“, sagt Emch und betont, der erste Blick gehe dabei immer auf das Kennzeichen des Autos. Damit registrieren die Polizisten direkt, woher das Auto kommt und welche Zulassung es hat.
Bei einer Fahrzeug-Art schauen die Beamten dabei besonders genau hin. Wie in dem Beitrag erklärt wird, seien weiße Transporter besonders beliebt bei Schleusern. Sie stehen bei den Kontrollen deshalb im Fokus der Polizisten und werden öfter aus dem Verkehr gezogen.
Reiseunternehmer verlor 60.000 Euro Umsatz
Der Fokus liegt außerdem besonders auf sogenannten „Drittstaatlern“, also Reisenden, die keinen EU-Pass besitzen. Doch auch für die Menschen, die in den Grenzgebieten wohnen, haben die Kontrollen Auswirkungen. Für die Durchfahrt von einem ins andere Land müssen sie mittlerweile deutlich mehr Zeit einplanen.
Das hat auch Reiseunternehmer Christian in Görlitz schmerzlich zu spüren bekommen. Er hat durch die Wartezeiten an der Grenze einen großen Auftrag verloren. Im vergangenen Jahr arbeitete sein Unternehmen noch mit dem Görlitzer Theater zusammen und brachte das Orchester sowie die verschiedenen Künstler von „A nach B“. Doch wegen der häufigen Verspätungen, die die Grenzkontrollen mittlerweile mit sich bringen, wurde die Zusammenarbeit beendet. Für Christian bedeutet dies rund 60.000 Euro weniger Umsatz im Jahr.
Auch bei den Urlauberinnen Asta D. und Uta K. sind die Kontrollen ein Thema. Sie haben einen Kurzurlaub auf einem Campingplatz im luxemburgischen Beaufort verbracht. Seit Jahren reist die Familien-Gruppe dort gemeinsam hin - neu sind die Grenzkontrollen auf der Rückreise. Vor allem Asta findet für die verstärkten Maßnahmen deutliche Worte: „Ich bin ein bisschen sauer darüber, wie wir mit unseren Nachbarn umgehen. Dieses 'über andere Länder hinweg entscheiden' finde ich echt unangenehm. Es ist nicht mehr peinlich, es ist schon ein Fremdschämen für die Leute, die das entschieden haben“, wettert sie. Sie stört vor allem, dass das sorgenfreie Reisen nun vorbei ist.
Meinungen über Grenzkontrollen gehen auseinander
Dass das Thema jedoch durchaus kontrovers ist, wird auch auf dem Campingplatz deutlich. So kann Camping-Nachbarin Yvonne Astas Meinung nicht ganz teilen: „Ich find es eigentlich nicht verkehrt“, gesteht sie. Sie hoffe, dass dadurch Menschen, die in anderen Ländern bereits strafrechtlich aufgefallen sind, schneller abgefangen werden können. „Da macht es dann schon Sinn, dass man mal genauer hinschaut, wer alles ins Land einreist“, findet die Camperin.
Doch Asta und Uta machen sich nicht nur Gedanken um längere Fahrtzeiten, auch die Zukunft in Europa gibt ihnen zu denken. Uta erklärt, sie wolle nicht, dass ihre Kinder innerhalb dieser „Denkgrenzen“ aufwachsen und betont: „Das ist eigentlich so eine Art Europa, die ich nicht so gerne habe.“ (tsch)