Star-Produzent gesteht„Mein Privatleben bleibt seit 30 Jahren auf der Strecke“

Nico_Hofmann_020819

Viel beschäftigt: Ufa-Chef, Intendant der Wormser Festspiele und Produzent – Nico Hofmann hat keine Zeit fürs Privatleben. Er sagt aber: „Das ist selbst gewählt“.

Köln – Spötter sagen: Nico Hofmann (59) verfilme alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Tatsache ist: Deutschlands erfolgreichster TV- und Filmproduzent kennt bei der Auswahl der Stoffe nur ein Kriterium: Es muss den Zuschauer interessieren.

Zum Beispiel „Charité“, „Der Medicus“, „Unser Mütter, unsere Väter“ (dafür gab’s sogar den Emmy), „Der Turm“ oder „Die Flucht“. Deshalb ging es beim Sonntags-Talk direkt um Hofmanns aktuellstes Vorhaben.

Herr Hofmann, Sie werden demnächst das Leben von „Siegfried & Roy“ verfilmen. Wer soll die beiden spielen? Nico Hofmann: Da sind wir auf der Suche. Wichtig ist erst ein-mal, dass dieses große Scheitern abgewendet wurde.

Alles zum Thema Tatort

Welches Scheitern? Der Rundfunkrat des WDR hat die Entscheidung der Degeto, das Projekt zu machen, angeblich aus Kostengründen gestoppt. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, gemeinsam mit Bully Herbig als Regisseur einen neuen Weg zu gehen. Ich war erst vor wenigen Tagen in Las Vegas und habe mit Siegfried & Roy die weiteren Verträge unterschrieben.

Sie haben zu Beginn Ihrer Karriere auch Regie geführt, z.B. beim „Tatort“ oder beim „Sandmann“ mit Götz George. Wieso der Wechsel auf die Produzenten-Seite? Die Arbeit als Regisseur ist sehr aufreibend und intensiv, aber als Produzent können Sie letztendlich mehr bewegen. Ein wichtiger Entscheidungsgrund war auch meine Freundschaft zu Regina Ziegler und Bernd Eichinger. Bei beiden habe ich erlebt, was man in diesem Job alles erreichen kann.

Ihr Terminkalender ist rappelvoll. Warum sind Sie 2015 auch noch Intendant der Nibelungenfestspiele in Worms geworden? Nicht ausgelastet? Das hat mit dem Wormser Ex-OB Michael Kissel zu tun. Wir saßen genau hier am Tisch, nicht einmal, sondern mehrmals. Und irgendwann hatte Michael mich überzeugt. Letztendlich entscheidend war aber die Energie der Menschen, die in Worms seit Jahren als Team vor und hinter der Bühne der Festspiele arbeiten. Unglaublich!

Und dann spielt das alles auch noch vorm Dom... Ich bin gläubiger Christ, zutiefst protestantisch und war letztes Jahr Luther-Botschafter. Als ich bei einer Probe ganz hinten auf der Tribüne saß und dieses Zusammenspiel von Theater und Dom erleben konnte – das beeindruckt sehr tief.

Zurück zum Fernsehen: Gucken Sie „Tatort“? Haben Sie eine Lieblingsfigur? Ja, ich gucke fast jeden „Tatort“, weil viele meiner ehemaligen Studenten, die ich an der Filmakademie in Ludwigsburg unterrichtet habe, nun erfolgreiche „Tatort“-Regisseure sind. Ich liebe den „Tatort“, weil er unglaubliche Freiheiten zulässt. Das Programm ist oft ästhetisch interessant, weil Neues ausprobiert wird. Mein liebster Akteur ist Jan-Josef Liefers, weil er seiner Figur des Boerne einen ganz eigenen Charme und Humor gegeben hat.

Welche Person hat Sie beruflich am meisten geprägt? Ganz klar – und mit großem Abstand – Götz George, mit dem ich sowohl als Regisseur als auch als Produzent gearbeitet habe. Sein Tod war eine einschneidende, sehr traurige Erfahrung.

Sie haben in Ihrem Buch „Mehr Haltung, bitte“ klare Kante gegen Rechtsextremismus gefordert. Angenommen, einer Ihrer Regisseure oder Schauspieler entpuppt sich als AFD-Sympathisant – wie reagieren Sie? Zunächst einmal gilt in der Demokratie die Meinungsfreiheit. Und die AfD sitzt nun mal demokratisch gewählt im Bundestag. Aber: Wenn ich mir anschaue, wie Björn Höcke bei diesem „Kyffhäuser-Treffen“ im Flaggenmarsch in den Saal einmarschiert ist: Diese Bilderwelt von ganz Rechtsaußen ist brandgefährlich.

Sie sind gut befreundet mit Xavier Naidoo. Wie geht das damit überein, dass er in Texten und Statements mehrfach rechte Tendenzen zeigte? Ich bin sicher, dass Xavier seine Haltung in den letzten Jahren geändert hat. Er hat viele Ansichten zurechtgerückt. 

Sie setzen sich in verschiedenen Gruppierungen für die Gleichstellung von Mann und Frau ein. Gilt das auch für Ihre Arbeit als Produzent? An der Filmakademie haben wir jedes Jahr im Regiebereich bei den Bewerbungen nur 20 Prozent Frauen – diese geringe Bewerberzahl ist mir ein Rätsel. Denn die Frauen, die wir ausbilden, sind sensationell erfolgreich. Generell gilt für mich: An erster Stelle steht die Qualität. Ich komme aus einer feministischen Familie, aber ich werde niemals eine schlechtere Regisseurin einem besseren Regisseur vorziehen, umgekehrt gilt dasselbe.

Sie sind Chef der Ufa, mehr geht eigentlich nicht in der Unterhaltungsbranche. Was ist der Preis? Mein Privatleben ist in den letzten 30 Jahren komplett auf der Strecke geblieben. Keine Familie, keine Kinder, keine Beziehung – aber dieses Lebensmodell ist selbst gewählt.

Sie werden am 4. Dezember 60. Was bedeutet das für Sie? Ich spüre ungeheure Energie und Kraft in mir, aber ich merke auch, wie ich immer öfter zurückschaue. Die Lebens- und Berufserfahrungen machen mich unendlich glücklich und geben jeden Tag Lust auf Neues.

Ufa-Chef Nico Hoffmann: Der König Midas der Branche

Was macht ein Film- oder TV-Produzent? Lapidare Antwort: Fast alles! Er kümmert sich um Finanzierung, Drehbuch, Herstellung und Verwertung eines Filmes. Er hat auch Einfluss auf die Auswahl des Regisseurs/der Regisseurin, der Darsteller und der restlichen Crew.

Nico Hofmann zeichnet für über 480 Filme, TV-Spiele und Serien verantwortlich. Der Erfolg: Vier „Goldene Kameras“, vier „Bambis“, zwei „Deutsche Filmpreise“. Hofmanns jüngster Kino-Hit: „Der Junge muss an die frische Luft“. Er war 2018 der besucherstärkste deutsche Film – obwohl er erst am 25. Dezember anlief!