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„Bin regelmäßig entsetzt“„Tatort“, „Polizeiruf“, Netflix-Filme: Deutschland hat ein massives Problem

Szenenfoto aus dem Spielfilm „Im Westen nichts Neues“ von Edward Berger (Amusement Park Film) zeigt den Schhauspieler Felix Kammerer in der Rolle des Paul Bäumer.

Szenenfoto aus dem Spielfilm „Im Westen nichts Neues“ von Edward Berger mit Felix Kammerer in der Rolle des Paul Bäumer. Deutschland hat ein Nuschel-Problem.

Nicht nur beim deutschen Oscar-Hit „Im Westen nichts Neues“ treten sie auf, sondern auch regelmäßig im „Tatort“, bei „Polizeiruf 110″ oder bei vielen anderen Serien und Filmen aus deutscher Produktion: Soundprobleme. Genauer: Probleme bei den Dialogen. Ein Professor klärt auf.

So manch einer zweifelt bei vielen deutschen Serien oder Filmen an seinen eigenen Ohren: Wenn die Darstellerinnen und Darsteller etwas schnell erzählen, dann ist kaum ein Wort zu verstehen. Dann wird genuschelt und gebrabbelt, ohne dass klar wird, was da eigentlich gerade erzählt wird. 

Oder liegt es doch an der Technik? Am eigenen Fernseher oder der eigenen Heimkinoanlage? Oder am Film selbst? Das Nuschel-Problem jedenfalls ist nicht neu, weiß ein Professor für den Bereich Tongestaltung und Sounddesign. Er erklärt, wo die Ursache liegt. 

„Im Westen nichts Neues“ hat ein Nuschel-Problem

Die Filme von Til Schweiger stehen symbolhaft für das Nuschelproblem, doch sie sind längst nicht die einzigen, die für viele Zuschauerinnen und Zuschauer schwer verständlich sind: Auch bei „Im Westen nichts Neues“ (hat vier Oscars gewonnen) haben jüngst zahlreiche Menschen im Netz, aber auch in Medienrezensionen, mokiert, man verstehe oft nichts. 

Alles zum Thema Polizeiruf 110

Auf Reddit etwa meinen einige, dass sie die Untertitel hätten aktivieren müssen, weil die Abmischung bei einigen Szenen so schlecht gewesen sei. „Obwohl die Soundeinstellungen normal waren, konnte ich die Dialoge nicht verstehen“, lautet etwa ein Kommentar. Ein Autor des Kinoportals „Moviejones“ sagt, er hätte sich für „das Genuschel von Albrecht Schuch manchmal einen Untertitel gewünscht“.

Wiederum andere meinen, sie hätten den Film im Kino geschaut – ohne jegliche Probleme. Legt das Genuschel also doch an der eigenen Technik daheim?

Nuschel-Dialoge im deutschen TV: Professor erklärt das Phänomen

Nein, erklärt Jörg Lensing, seit 1996 Professor für den Bereich Tongestaltung und Sounddesign an der Fachhochschule Dortmund, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). Er sagt, er sei regelmäßig „ganz entsetzt“, wenn er sich Produktionen von Kolleginnen und Kollegen anschaue –selbst vom Oscar-Meisterwerk „Im Westen nichts Neues“.

Doch noch schlimmer sei das Problem bei Fernsehproduktionen, etwa jenen der öffentlich-rechtlichen Sender, wie beispielsweise „Tatort“, „Polizeiruf 110“, „Rote Rosen“ & Co. Die Ursache liegt laut dem Professor in dem deutschen Umgang mit dem Filmsound und der Musik. 

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„Das Hauptproblem“, wird Lensing zitiert, sei, dass bei deutschen Produktionen „Gedudel“ und „Geklimper“ unter die Dialoge gelegt werde. Während das in den USA anders gehandhabt werde, sei das in Deutschland üblich. Die Folge: Der Ton wird matschig, die Musik lenke vom Dialog ab, mache ihn in vielen Fällen gar unverständlich. „Gefühlsduselei“ nennt der Professor das. 

„Brauche keine Musik, die mir sagt, dass der Mann gerade traurig ist“

Das Ziel: Zuschauerinnen und Zuschauer sollen neben dem Dialog „auch noch die emotionale Intention der Szene“ verstehen, die Musik laufe „wahllos“ und „über ganze Akte hinweg“. Der Experte meint zum Nuschel-Problem bei „Im Westen nichts Neues“: „Es hätte dem Film sicher gutgetan, ganze Passagen ohne Musik zu machen.“ So sei das in Amerika der Fall. 

„Better Call Saul“ sei so ein Beispiel, das der Professor untersucht habe: Die Musik sei laut hörbar. Allerdings nicht, wenn gesprochen wird. Dann werde sie radikal ausgeblendet. Die Gefühle würden durch die Darstellerinnen und Darsteller transportiert. Lensing: „Da brauche ich keine Musik, die mir sagt, dass der Mann gerade traurig ist.“

Bei „Im Westen nichts Neues“ sei das Genuschel aber durchaus auch als Stilmittel zu verstehen, habe einen „gestalterischen Grund“, so Lensing. Vermutlich soll die Szene authentischer werden. Beim „Tatort“ und anderen Fernsehproduktionen würden die Redaktionen der Sender den Regisseurinnen und Regisseuren reinpfuschen, glaubt der Experte, und sich mehr emotionale Unterfütterung wünschen. Das Publikum wolle das, so der Glaube. „Da gehen dann zwei Kommissare zu einer Person, um diese zu vernehmen – ein Dialog, der essenziell ist, um die Handlung zu verstehen. Und darunter läuft dann Musik. Warum?“ (mg)