Der vielseitige Starkoch Nelson Müller lüftet im Gespräch mit EXPRESS.de das Geheimnis des perfekten Rühreis – und sagt, womit er gern mal „sündigt“.
Starkoch Nelson Müller„Nachts darf's auch mal ein Döner sein“

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Nelson Müller hat kürzlich die Diepeschrather Mühle übernommen und fühlt sich im Rheinland sehr wohl.
von Laura Schmidl
Nelson Müller ist einer der bekanntesten deutschen Köche im TV, aber auch analog am Herd. Kürzlich erweckte er die Diepeschrather Mühle in Bergisch Gladbach wieder zum Leben und verlagerte damit auch seinen privaten Lebensmittelpunkt aus dem Ruhrgebiet ins Kölner Umland.
Wir haben mit dem Starkoch, der im vergangenen Jahr auch auf dem ZDF„Traumschiff“ mitgefahren ist, über den Stress einer Sterneküche, über vegetarische Schnitzel, sein neues Herzstück und das perfekte Rührei gesprochen.
Nelson Müller über sein neues „Baby“, die Diepeschrather Mühle
Herr Müller, Sie haben gerade erst die Diepeschrather Mühle übernommen. Jetzt soll noch eine weitere Brasserie im Thüringer Wald dazukommen. Wo liegt Ihr Fokus?
Nelson Müller: Es gibt eine klare Gewichtung. Die Diepeschrather Mühle ist mein neues Zuhause und das Herzstück. Der Ort, von dem alles ausgeht. Bei den anderen Lokalen arbeite ich mit Partnern zusammen, die ich schon sehr lange kenne. Hier, in der Diepeschrather Mühle, bin ich Betreiber, in den Außenstellen sind die Partner die Betreiber und sie haben den Stress. Ich gebe das Konzept und die Speisekarte. Der Tag hat schließlich nur 24 Stunden und das Jahr 365 Tage, es muss alles passen.
Sie haben jetzt auch Ihren Lebensmittelpunkt in den Kölner Raum verlagert.
Nelson Müller: Genau. Das unterstreicht die Wichtigkeit und mein Augenmerk. So eine Gastronomie ist nicht einfach zu führen. Das braucht jemanden, der vor Ort ist. Mein Tag fängt morgens mit Terminen an und endet nachts im Gourmetrestaurant Schote. Wenn da noch lange Wege dazwischen lägen, hätte ich noch weniger Schlaf …
Wie ist bei Ihnen zu Hause – gibt's da auch mal Convenience Food oder gar Fast Food, gerade wenn die Tage lang sind?
Nelson Müller: Ich bin ein ganz normaler Mensch, der normale Dinge tut – dazu gehört für mich auch mal eine Tütensuppe. Wenn ich spätabends nach Hause komme und mich plagt noch ein Hüngerchen, will ich nach einem arbeitsreichen Tag auch keine Arien mehr kochen. Das kommt auch vor – aber ich bin froh, dass man in viele Schubladen greifen kann, solange man weiß, wo man hauptsächlich zu Hause ist und Dinge bewusst tut.
Welches Essen ist Ihr „Guilty Pleasure“?
Nelson Müller: Einiges! Ich liebe zum Beispiel Dim Sum, liebevoll sage ich dazu chinesische Maultaschen. Das schmeckt großartig mit einer Chili-Soße. Es kann nachts auch mal die Pizza mit Chili- und Knoblauchöl oder ein Döner sein. Als Genussmensch feiert man auch das.
Sie sind in einer Pflegefamilie groß geworden. Haben Ihre Pflegeeltern Sie zum Kochen animiert?
Nelson Müller: Meine Familie, in der ich aufgewachsen bin, hat väterlicherseits einen Bauernhof mit Metzgerei und Restaurant in Hambach: das Dorfwirtshaus, seit 1864. Das betreibt jetzt mein Cousin. Da war ich schon als Kind immer, als meine Tanten es noch betrieben haben. Das hat mich geprägt und meine Begeisterung für die Gastronomie hervorgerufen.
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Was ist für Sie persönlich die größte Sünde, was den Umgang mit Essen angeht?
Nelson Müller: Dass so viel weggeschmissen wird. Es werden unglaublich viele Lebensmittel weggeworfen, in privaten Haushalten und in den Supermärkten, weil immer alles verfügbar sein muss. Das führt auf der einen Seite zu tonnenweise Lebensmitteln, die im Müll landen. Auf der anderen Seite haben wir immer noch Menschen, die hungern. Das ist vor allem dann eine Sünde, wenn wir überlegen, wie viele Ressourcen beispielsweise die Tierzucht verschlingt: Land, Wasser, Futtermittel. Das ist ein riesiges Ungleichgewicht, das wir dringend bearbeiten müssen.

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EXPRESS-Redakteurin Laura Schmidl und Nelson Müller in seinem neuen Hotel.
Sie kochen auch viel vegetarisch. Wie stehen Sie zu Veggie-Alternativen zu Schnitzel und Co.?
Nelson Müller: Das ist eine Industrie, die gerade extrem wächst, sich sehr stark entwickelt. Auch da ist nicht alles gut, weil viel mit Zusatzstoffen gearbeitet wird, die Produktion auch viel Energie verbraucht. Grundsätzlich ist das positiv zu bewerten. Es geht darum, den Menschen eine pflanzliche Ernährung näherzubringen – ohne sonderlich viel Verzicht.
Was glauben Sie, warum werden viele Menschen so emotional und sauer, wenn es um veganes bzw. vegetarisches Essen geht?
Nelson Müller: Gerade in den Sozialen Medien ist die Empörungsschwelle sehr niedrig und es ist ein Ort des Austobens, wenn es um rhetorische und emotionale Entgleisungen geht. Da ist jedes Thema recht. Es ist auch Mode geworden, Dinge für sich zu beanspruchen und zu sagen: „Nehmt uns das nicht auch noch weg“. Bei veganen Produkten geht es nicht nur darum, den Planeten zu retten, sondern auch ums Geldverdienen. Das ist auch okay, wenn wir uns vor Augen halten, wie nah wir unseren planetaren Grenzen mit unserem Lebensstil sind. Die Bevölkerung wächst, wenn alle denselben Fleischkonsum haben wollen, wird das System kippen. Da brauchen wir gar nicht darüber reden, dass wir pflanzenbasierte Ernährung größer machen müssen. Irgendwann wird sich darüber keiner mehr aufregen.
Sie haben mit dem Umzug Ihren Michelin-Star in der „Schote“ verloren. Wie bedeutsam ist der Stern noch?
Nelson Müller: Dass die „Schote“ in Essen den Stern verloren hat, liegt in der Natur der Sache, weil wir umgezogen sind. Für uns ist der Stern schon sehr wichtig. Er zeichnet auch die Leistung des Teams aus. Wir hoffen, dass wir 2026 wieder ausgezeichnet werden. Und vielleicht gibt es auch noch mal die Möglichkeit, auf einen zweiten Stern hinzuarbeiten. Das war in Essen aufgrund der Platzmöglichkeiten schwieriger. Der Umzug hierher soll auch dafür Motor sein.

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Nelson Müller ist auch als Sänger aktiv – aber eher hobbymäßig.
Die Arbeit in einer Küche, insbesondere im gehobenen Bereich, ist als stressig bekannt. Wie streng ist es tatsächlich?
Nelson Müller: Für den Außenstehenden klingt Küchensprache vermutlich ein bisschen hart. Aber es muss auf den Punkt gearbeitet werden, da braucht es nur kurze Kommentare, um sich zu verständigen. Das hört sich manchmal nach Schreien an. Aber wenn wir hier 200 Gäste haben, hängt das Brett voll mit Bons und es gibt klare Ansagen, die in militärischer Manier reingerufen werden. Es gibt unisono ein „Ja, Chef“ – wenn man aber in diesem System ist, helfen einem diese Befehle.
Ein Koch-Tipp für jedermann/-frau, mit dem man Gäste beeindruckt?
Nelson Müller: Ein Satz, der bei meinem Lehrmeister Berthold Bühler in der Residénce in der Küche hing: „Feinschmecker ist der, der die Einfachheit der Natur als Kunst begriffen hat.“ Wenn man einfach nur eine tolle Tomate aufschneidet, Salz, Pfeffer, Olivenöl drauf: Da wundert man sich, wie gut das ist. Der beste Tipp ist es, gute Produkte zu kaufen, da fängt schon das Kochen an. Dann muss man gar nicht mehr so viel machen. Weg von Fertigprodukten. Die Einfachheit ist oft der Schlüssel. Ein sehr gutes Stück Fisch anbraten, Gemüse und gute Butter dazu – dann ist die Welt schon in Ordnung.
Wir treffen uns hier bei Ihnen in der Diepeschrather Mühle zum Frühstück. Streitthema: Rührei. Mit Milch, ohne Milch, Sahne, Salzen, Rühren … Wie machen Sie es?
Nelson Müller: Auch hier ist es die Einfachheit. Nur das Ei, Salz, Pfeffer und das war's.
Welcher Küchenhelfer darf bei Ihnen nicht fehlen?
Nelson Müller: Der Löffel. Wenn ich einen Fisch anbrate, begieße ich den mit einem Löffel, drehe ihn damit um, probiere damit die Beurre blanc. Ich esse eigentlich alles mit einem Löffel.
Nelson Müller: Koch, Moderator, Sänger und Hotelier
Nelson Müller (geboren Nutakor) wurde am 13. Februar 1979 als Sohn ghanaischer Eltern in Breman Asikuma in Ghana geboren. Als Kleinkind kam er nach Deutschland und wuchs in einer Pflegefamilie in Stuttgart auf. Zunächst nutzte er den Nachnamen seiner Pflegefamilie als Künstlernamen, 2013 wurde er adoptiert und nahm den Nachnamen offiziell an.
Er machte eine Ausbildung zum Koch in der „Fissler-Post“ und im Veneto unter Holger Bodendorf, arbeitete im Sterne-Restaurant „Résidence“ auf Sylt. 2009 eröffnete er die Schote in Essen, die 2011 einen Michelinstern bekam. Er besitzt mehrere Brasserien: In Essen und auf Norderney, weitere sind in Planung. Im Mai schloss er die„ Schote“ in Essen, eröffnete sie in der Diepeschrather Mühle wieder, zusammen mit seinem „Relais & Chateaux“-Hotel. Müller ist bekannt aus verschiedenen TV-Shows (u.a.„Die Küchenschlacht“, „The Taste“), tritt auch als Sänger und Moderator auf.