Christoph Maria Herbst spielt in „Ganzer halber Bruder“ eine Figur, die er „noch nie auf dem Tisch“ liegen hatte, wie er sagt. Wie aber begann die Karriere des Schauspielers und Komikers?
Erinnert ihr euch?So sah Christoph Maria Herbst 1997 aus

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Ein Mann mit vielen Gesichtern. Welches Gesicht hatte Christoph Maria Herbst am Anfang seiner Karriere?
Aktualisiert
Christoph Maria Herbst gehört zu den wandelbarsten Schauspielern Deutschlands, und das darf wörtlich verstanden werden. Herbst sieht mit jeder Rolle anders aus, weil er sich gerne auch optisch an die jeweilige Rolle anpasst.
Was eine Selbstverständlichkeit sein sollte, immerhin gehört zum Beruf eines Schauspielers, in die unterschiedlichsten Rollen zu schlüpfen, ist es leider nicht immer. Der Starstatus des Darstellers und sein Image überstrahlen mitunter schon mal die Rolle, die er spielt.
Herbst kann vielleicht am besten ein Liedchen davon singen. Seine berühmteste Rolle, der nie um ein Fettnäpfchen verlegene Abteilungsleiter einer Versicherungsgesellschaft, Bernd Stromberg, wurde zugleich seine schwerwiegendste.
Sie prägte sein Image als Schauspieler, sorgte dafür, dass er in eine Schublade gesteckt wurde und sogar, dass er, der Darsteller, mit dem Seriencharakter in einen Topf geworfen wurde. Stromberg war wie Herbst, so die Denke, und Herbst wie Stromberg.

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Die Figur des Bernd Stromberg, des Abteilungleiters einer Versicherungsgesellschaft, ist Herbsts Paraderolle. Aber auch eine Rolle, die dem Schauspieler bis heute nachhängt.
Die Rolle verfolgt ihn so beharrlich, dass er sich schon mal einfangen lässt. Bald nach dem Ende von „Stromberg“ (2012) spielte Herbst die Figur in einen Kinofilm (2014). Die nicht weniger hartnäckigen Fans hatten das gefordert, die Macher lieferten. Und das werden sie auch weiter tun.
Der nächste „Stromberg“-Film steht bereits in den Startlöchern. Dass „Stromberg – Der neue Film“ ein Erfolg sein wird, davon darf ausgegangen werden. Was dann wieder die Kreativen, Herbst allen voran, unter Zugzwang setzen würde. So ist das mit den Geistern, die man ruft.

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Nach „Stromberg“ suchte Herbst Rollen, die „meilenweit“ von Bernd Stromberg entfernt waren. Das ist ihm mit der Hitler-Parodie in den „WiXXer“-Komödien gelungen.
Auf der Flucht vor der „Rolle seines Lebens“ befindet sich Herbst schon lange. „Unterschiedliche Charaktere zu spielen ist eine große Bereicherung für mich. Es ist das, was ich immer wollte“, sagte er 2015 im Gespräch mit der Nachrichtenagentur teleschau. Und verwies auf ein Paradebeispiel: die ARD-Produktion „Besser als du“, in der er zwei „sehr unterschiedliche Figuren“ spielte. Es seien Charaktere, fügte er hinzu, die von Stromberg „meilenweit entfernt“ waren.

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Christoph Maria Herbst sieht mit jeder Rolle anders aus. In der Komödie „Es ist nur eine Phase, Hase“ spielt er einen Schriftsteller, der mit dem Ende seiner Beziehung in eine Krise gerät.
„Meilenweit entfernt“ von seiner berühmtesten Rolle war auch manch andere Figur, die er nach der Erfolgsserie spielte. Der Pirat Pokka in den „Wickie“-Kinderfilmen etwa. Oder der König Julius CXI. in der Hörspielverfilmung „Hui Buh - Das Schlossgespenst“. Der Literaturprofessor Stephan Berger, der sich in „Der Vorname“ mit seinen Verwandten darüber streitet, ob man ein Kind heute Adolf nennen darf.
Ja, auch ihn, Adolf Hitler, hat Herbst schon gespielt oder besser: parodiert. In den „Der Wixxer“ heißt seine köstliche Hitler-Verballhornung Alfons Hatler.

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In der Romanverfilmung „Der Buchspazierer“ (2024) gibt Herbst einen Buchhändler, der seine Kunden mit Büchern beliefert - zu Fuß. Daher sein titelgebender Spitzname.
Außerhalb der Schublade befindet sich Herbst auch mit seiner neuen Rolle. In „Ganzer halber Bruder“ (seit 18. September im Kino) verkörpert er einen Immobilienbetrüger, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde und nun erfährt, dass er ein Haus geerbt hat.
Sein Plan, das Haus zu verkaufen und in Spanien neu durchzustarten, wird jedoch von seinem Halbbruder, einem jungen Mann mit Down-Syndrom, durchkreuzt. So eine Figur, sagte Herbst im Gespräch mit „News38“, hatte er „noch nie auf dem Tisch“.

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So eine Rolle hatte Herbst „noch nie auf dem Tisch“, wie er sagt. In „Ganzer halber Bruder“ spielt er einen schmierigen Immobilienbetrüger, der sich im Streit um ein geerbtes Haus mit seinem Halbbruder anlegt. (Bild: Neue Schönhauser Filmproduktion / Wild Bunch Germany)
Was aber immer wieder auf seinem Tisch landet, das sind Angebote vom Fernsehen. Dieses Standbein behält Herbst fest am Boden. Zu erfolgreich ist er schließlich als TV-Darsteller, zu talentiert auch und zu überbordend, um dem Metier den Rücken zu kehren.
Außerdem hat er dem Fernsehen viel zu verdanken. Hier erlebte er Ende der 1990er-Jahre, mit der Comedy-Sendung „Sketchup - The Next Generation“, seinen Durchbruch. Hier feierte er auch danach noch viele Erfolge. „Stromberg“, das ist für ihn nicht nur Fluch, sondern auch Segen.

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Mit „Sketchup - The Next Generation“, der Neuauflage der Kultsendung „Sketchup“, feierte Christoph Maria Herbst (hier mit der Schauspielerin und „Sketchup“-Kollegin Johanna Christine Gehlen) 1997 seinen Durchbruch.
Nicht zuletzt kann Herbst beim Fernsehen seinen Wunsch nach Vielseitigkeit ausleben. Das Medium ist für ihn eine weitere Bühne, neben dem mitunter doch etwas eintönigen deutschen Kino, auf der er seine Grenzen als Schauspieler und Komiker verschieben kann. Und wo er finden kann, wonach er sucht, und abhängen kann, was ihn verfolgt: „Ich möchte“, sagte er im genannten teleschau-Interview, „nicht nur für die Humorfarbe Sarkasmus und Zynismus stehen. Dafür kann ich zu viel“. Wie wahr - wenngleich das auch Bernd Stromberg hätte sagen können. (tsch)