„Sing meinen Song“Sängerin Lotte bricht Auftritt unter Tränen ab – es herrscht Fassungslosigkeit

Als Lotte ihren Kollegen von dem sexuellen Übergriff erzählte, den sie in dem Song verarbeitet, herrschte absolute Fassungslosigkeit.

Als Lotte ihren Kollegen von dem sexuellen Übergriff erzählte, den sie in dem Song verarbeitet, herrschte absolute Fassungslosigkeit.

So herzzerreißend war vielleicht noch keine „Sing meinen Song“-Ausgabe: In der fünften neuen Folge des VOX-Tauschkonzerts sprach Songwriterin Lotte offen über sexualisierte Gewalt, die ihr widerfuhr.

„Ich möchte hier zeigen, wer ich wirklich bin und was mich dazu gemacht hat. Auch Geschichten, die nicht so schön sind“, sagte Sängerin Lotte zu Beginn der fünften Folge von „Sing meinen Song“. Clueso, Nightwish-Sängerin Floor Jansen, Soulsänger Kelvin Jones, Vincent Stein und Dag-Alexis Kopplin von SDP, Songwriterin Elif und Gastgeber Johannes Oerding konnten zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen, dass sie die wohl emotionalste Tauschkonzert-Folge aller Zeiten vor sich hatten.

Angeregt von Lottes tiefgründigen Texten ging es nicht nur um Themen wie mentale Gesundheit, sondern die 26-Jährige sprach auch offen über einen sexuellen Übergriff. Die Performance ihrer neuen Single „So wie ich“ musste Lotte unter Tränen abbrechen.

„Sing meinen Song“: Sängerin Lotte über einen sexuellen Übergriff

Für alle, die Lotte noch nicht kennen: Die Wahlberlinerin stammt aus Ravensburg am Bodensee, wo sie eine „total schöne, naive, bisschen spießige, liebevolle Kindheit“ hatte. „Ohne viel Internet und Fernsehen. Ich habe Blättersuppe auf dem Baum gekocht.“ Mit der Musik habe sie angefangen, „weil ich sau viele Gefühle in mir habe und einfach ein Ventil dafür brauchte“, erzählte sie.

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Erst sang sie in der Kirche, später schrieb sie eigene Musik und machte Straßenmusik, bevor sie über eine Bewerbung an der Popakademie einen Plattenvertrag bekam. „Für mich ist Lotte die Billie Eilish vom Bodensee“, adelte Gastgeber Johannes Oerding den Star der „Sing meinen Song“-Folge. „Deine Texte sind extrem erwachsen und reif.“ - „Ich habe schon immer autobiografisch geschrieben“, erwiderte Lotte. „Ich will echt sein und meine Narben zeigen und alles, was mich traurig und wütend macht.“

Entsprechend bewegend wurde es, als ihre Kollegen Lottes Songs coverten. Das erste Mal mit den Tränen kämpfe Lotte bei Floor Jansens Rammstein-artiger Version von „Mauern“. In dem Song geht es um innere Schutzmauern.

Als Clueso das Stück „Zu jung“ sang, das von Lottes erster großer Liebe handelt, kamen Elif die Tränen. Und als Elif anschließend Lottes erste Single „Auf beiden Beinen“ coverte und mit einem neu geschriebenen Rap-Part zu einer Liebeserklärung an ihre Eltern machte, mussten Floor Jansen, Kelvin Jones und Dag-Alexis Kopplin weinen. „Elif könnte irgendwas singen und mir würden die Tränen kommen“, kapitulierte Kopplin vor der Kollegin.

Doch das alles war nichts dagegen, was passierte, als Lotte ihre neue Single „So wie ich“ vorstellte. In dem autobiografischen Stück verarbeitet sie einen sexuellen Übergriff. „In dem Song geht es darum, wie es ist, wenn man nein sagt und jemand einfach über diese Grenze hinweggeht und sich das nimmt, was er von dir will“, sagte sie. „Ich will gar nicht als Opfer wahrgenommen werden, weil ich das erlebt habe. Sondern ich versuche das umzudrehen und genau deshalb darüber zu sprechen, weil ich weiß, dass es der einzige Weg ist, wie wir das ändern können.“

Als Lotte sich nach dem Übergriff einer ihr nahe stehenden Person anvertraute, sei deren erste Frage gewesen: „Was hattest du an?“ - „Es muss klar sein, dass es nie deine Schuld ist“, stellte Lotte auf der Vox-Bühne klar. „Ich habe den Song in erster Linie für mich geschrieben und dann gemerkt: Das ist einfach ein riesiges Problem, das fast jeder Frau passiert.“

„Sing meinen Song“: Lotte bricht Show-Auftritt unter Tränen ab

„Ich hab' im Dunkeln niemals Angst gehabt / Jetzt schließ' ich abends immer zweimal ab“, heißt es in dem Stück. Bei Lottes Kollegen herrschte absolute Fassungslosigkeit, als Lotte diese Zeilen sang. Kelvin Jones rollten die Tränen über die Wangen, Dag-Alexis Kopplin hielt sich die Hand vors Gesicht, Johannes Oerding schloss betroffen die Augen, und Floor Jansen weinte bitterlich.

In dem Moment war auch bei Lotte Schluss und sie brach den Song mit einem „Sorry“ ab. Schnell eilten ihre Kollegen zu ihr. „Du bist so mutig, dass du das gesagt hast“, sagte Floor Jansen. „I'm so fucking angry! Aber du bist stärker. Das hast du uns und allen Frauen, die das erlebt haben, gezeigt.“ - „Ich weiß, dass ich am Ende etwas Gutes daraus mitgenommen habe“, bekräftigte Lotte. „Ich habe angefangen, mich zu wehren, ich habe angefangen, mich mehr zu lieben.“

„Sing meinen Song“: Darum war Dag-Alexis in Therapie

Als seien noch nicht genug Tränen geflossen, legte Johannes Oerding anschließend noch einen drauf, indem er „Dunkelrot zu schwarz“ sang. Den Song schrieb Lotte über eine Beziehung mit jemandem, dem es nicht gut ging und der sie so mit nach unten zog, dass sie eine Therapie machte. „Wenn das jetzt noch mal so intensiv wird, Alter...“, bangte Dag-Alexis Kopplin, der 2019 selbst wegen Depressionen in Therapie war, wie er seinen Kollegen erzählte.

Tatsächlich brachte Oerding alle zum Weinen und Schniefen. „Ich spür mein Herz so“, sagte Elif. „Das ist so ein geiles Gefühl.“ Zu Ende ging diese emotionale Folge aber nicht mit Tränen, sondern dem ausgelassen Auftritt von SDP: Als sie „Fuck Baby I'm In Love“ coverten, tanzte die „Sing meinen Song“-Truppe sich den ganzen Schmerz von der Seele.

„Ihr könnt genau hier stehen bleiben. Ich habe einen guten Plan“, sagte Lotte danach. Statt die Protea für den Song des Abends gezielt an einen Kollegen zu vergeben, warf sie die Blume wie einen Brautstrauß. Gefangen hat ihn der Keyboarder der „Sing meinen Song“-Band. (tsch)