Kelvin Jones berührt bei „Sing meinen Song“ mit einer emotionalen Botschaft. Der Sänger sorgt sich um die Chancen schwarzer Menschen in unserer Gesellschaft – und berichtet von einer dramatischen Jugend-Erfahrung.
„Sing meinen Song“Kelvin Jones besorgt – „es geht um jede schwarze Person da draußen“

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Sänger Kelvin Jones (hier zu sehen am 15. Februar 2020) sorgt sich um die Chancen von schwarzen Menschen.
Metal-Night bei „Sing meinen Song“: In der sechsten Folge des Tauschkonzerts standen die Songs von Floor Jansen und ihrer Band Nightwish im Mittelpunkt. Es wurde also laut und böse? Von wegen. „Metal Musik ist für viele Leute nur böse Männer mit langen Haaren. Aber Metal ist nicht nur das“, stellte Floor Jansen gleich zu Beginn klar. Dag-Alexis Kopplin, selbst großer Metal-Fan, pflichtete ihr bei: „Ich denke dieser Abend steht auch im Zeichen, vielen Menschen, die vielleicht Vorurteile über Metal haben oder Metal gar nicht kennen, zu zeigen, was für eine feinfühlige, zarte, tiefe und warme Musik das ist.“ Metal sei nicht nur „Therapie“, sondern auch „Depressionspräventation“, zeigte sich der SDP-Sänger überzeugt.
Für alle, die mit dem Genre nicht so bewandert sind: Nightwish wurden vor 25 Jahren in Finnland gegründet. Floor Jansen, die aus den Niederlanden stammt, stieß 2012 als Sängerin dazu. Die Band blickt auf Shows in über 40 Ländern zurück und hatte alleine in Deutschland drei Nummer-1-Alben. Weil sie das Gefühl hatte, dass es nun mal an der Zeit für etwas anderes ist, hat Floor Jansen mit „Fire“ dieses Jahr zudem ihre erste Solo-Single veröffentlicht.
Die Geburtsstunde von Clueso Cobain
„Ich hab' mich verliebt in diesen Song“, sagte Elif, bevor sie ihre Interpretation zum Besten gab und vor allem bei Dag-Alexis Kopplin für Begeisterung sorgte. „Es ist nicht nur deine Stimme, Elif, sondern auch, wie du dastehst, wie du dich bewegst, deine ganze Ausstrahlung“, schwärmte Kopplin. „Du hast so viel Würde. Das ist so divenhaft!“. Von Lotte derweil gab es eine Art Billie-Eilish-Version des Nightwish-Songs „Noise“.
Clueso nahm sich derweil „Sleeping Sun“ vor und schob kleinlaut vorweg: „Ich muss mich ein klein bisschen entschuldigen.“ Nachdem er den Titel gelesen hatte, habe er einfach zu schreiben angefangen. „Es tut mir leid, dass es mit der Melodie nicht mehr so viel zu tun hat. Ich habe an dieser Stelle ‚Sing meinen Song‘ anders verstanden.“ Übel nahm ihm das aber keiner - im Gegenteil. Seine rockige Version, die an Rage Against The Machine erinnerte, kam super an. „Du bist voll der Grunge-Typ. Clueso Cobain. Kurt Clueso“, scherzte Dag-Alexis Kopplin.
Johannes „Oerdinger“ sorgt für Tränen
Für Tränen sorgte wieder einmal Gastgeber Johannes Oerding und zwar mit seiner Version von „While Love Died“, ein Stück von Jansens Nebenprojekt Northward, das vom Ende einer Beziehung handelt. Oerding machte aus dem wütenden Rock-Song eine reduzierte Ballade, bei der Floor Jansen die Tränen in die Augen schossen. „Ich habe das so gefühlt“, schluchzte sie. Bei so lieben Worten nahm Oerding es ihr auch nicht krumm, dass sie ihn vor seiner Performance als Johannes Oerdinger angekündigt hatte. „Eine Holländerin darf immer Herr Oerdinger sagen“, lachte er.
Zwischendurch plauderte Jansen noch ein bisschen über ihr Privatleben: Gemeinsam mit ihrem Mann, Sabaton-Schlagzeuger Hannes Van Dahl und ihrer fünfjährigen Tochter lebt die 41-Jährige auf einer Farm bei Göteborg. „Zuhause ist es ruhig, viel Natur. Ich habe viele Tiere: Drei Katzen, einen Hund, ein Pferd“, beschrieb sie. „Ich brauche das.“
Krasse Predigt von Kelvin Jones
Den denkwürdigsten Moment des Abends lieferte allerdings Kelvin Jones. Der simbabwisch-britische Soul-Sänger hatte sich „Storytime“ ausgesucht, einen Song über Träume. Bevor er die Bühne betrat, las er seinen Kollegen einen leidenschaftlichen Text vor, den er vorher extra verschriftlicht hatte. „Ich hab schon immer geträumt und meine Eltern haben mir immer gesagt, dass alle Träume wahr werden können“, setzte er an. Doch als er 14 Jahre alt war und Anwalt werden wollte, habe sein Vater ihm gesagt, dass das als Schwarzer nicht möglich sei. An dem Tag habe er seinen Traum aufgegeben.
„Ich bin so unglaublich dankbar, jetzt hier zu sein. Nicht nur wegen mir, sondern wegen allen schwarzen Menschen, die ich repräsentiere. Aber ich habe eine scheiß Angst, dass ich meine Leute enttäusche“, fuhr der 27-Jährige fort. Er sorge sich, andere schwarze Menschen würden nicht solche eine Chance bekommen wie er. „Ich will damit sagen: Es geht dabei nicht um mich, sondern um jede einzige schwarze Person da draußen, die diesen Druck spürt. Den Druck rein zu passen, sich anzupassen“, erläuterte Jones weiter. „Es geht um den Traum, genug zu sein, so wie wir sind. Um den Traum, als normal angesehen zu werden.“ Er nehme es als Privileg wahr, zu träumen, „aber es sollte ein Grundrecht sein“. Sein emotionales Plädoyer beendete Jones mit den Worten: „Meinem 14-jährigen Ich würde ich heute sagen: Hör nicht auf zu träumen. Träume noch größer!“
Anschließend an die bewegende Ansprache verwandelte Jones den Song „Storytime“ in eine bluesige Empowerment-Hymne inklusive neu geschriebenem Part, in dem er rappte: „I will dream when there is no dream left to dream“ (zu deutsch: „Ich werde träumen, auch wenn kein Traum mehr übrig ist.") Floor Jansen ging daraufhin vor ihm auf die Knie. "Was für eine Rede! Das kam aus dem Herzen“, schwärmte sie. Und Gastgeber Oerding brachte es auf den Punkt: „Das war eine der krassesten, wenn nicht die krasseste Predigt, die man hier gesehen hat.“ (tsch)