Entertainer Ron Williams (83) hat mit EXPRESS über die verheerenden politischen Zustände in seiner Heimat USA, frustrierte Jugendliche und seinen „Respekt“ vor Soulqueen Aretha Franklin gesprochen.
„Schon beantragt!“Warum Entertainer Ron Williams den deutschen Pass braucht

Copyright: Thilo Schmülgen
Ron Williams ist Entertainer und Moderator und bereit, seine US-amerikanische Staatsbürgerschaft aufzugeben. Das Foto wurde im Juni 2025 in Köln aufgenommen.
von Laura Schmidl
Die Faszination – man könnte es auch Verehrung nennen – für die „Queen of Soul“, Aretha Franklin, strahlt geradezu aus Ron Williams heraus.
Der Entertainer und Schauspieler, vielen im Gedächtnis geblieben für seine Rolle als „William Brooks“ in der „Lindenstraße“, präsentiert und moderiert in Köln die Tribute-Show „Respect“ für die 2018 verstorbene Sängerin zu einer Zeit, in der dieser Respekt besonders in seiner Heimat USA bröckelt.
Ron Williams über die Schwarze Community in den USA – und Trump
Vom 29. Juli bis 3. August gastiert im Rahmen des 36. Kölner Sommerfestivals in der Kölner Philharmonie „Respect The Aretha Franklin Story“. Sie moderieren. Wie ist Ihr Bezug zu Aretha Franklin?
Ron Williams: Als sie 16, 17 Jahre alt war, habe ich die ersten Aufnahmen von ihr gehört, mit Ray Charles – „Aint but the one“. Ich habe sie leider nie kennengelernt oder ein Konzert live gesehen. Aber ich kenne Musiker, die mit ihr gearbeitet haben. Sie ist eine echte Queen gewesen.
Was beeindruckt Sie an ihr am meisten?
Ron Williams: Viele wissen es nicht: Dieses Mädchen hatte eine ziemlich harte Kindheit. Ihr Vater, C. L. Franklin, war in Amerika ein sehr bekannter Prediger und Gospelsänger. Er hatte scheinbar seine Probleme mit Treue zu seiner Ehefrau. Das hatte Aretha in jungen Jahren auch mitbekommen. Ihre Mutter, zu der sie ein sehr enges Verhältnis hatte, hat sich getrennt und ist abgehauen. Aretha, ihre drei Schwestern und ihr Bruder mussten alleine mit dem Vater leben. Ihre Mutter starb, als sie zehn war.
Und dann kam sie zur Musik.
Ron Williams: Sie fing an zu singen im Chor ihres Vaters, wo viele Soul- und Gospelgrößen ein und aus gingen. Man erzählt sich, dass einmal Ray Charles bei ihnen zu Hause war: Aretha saß am Klavier und hat gesungen. Und Ray Charles sagte: Dieses Mädchen müsst ihr im Auge behalten, sie wird was werden. Ein paar Jahre später nahm er „Aint but the one“ mit ihr auf. Später hatte sie leider einen Ehemann, einen ehemaligen Zuhälter, der ihr gegenüber sehr brutal war. Sie hat gelitten in dieser Ehe. Einige ihrer Songs gehen um ihren Ehemann und ihre Enttäuschung in der Ehe und mit Männern. Sie hat fast nur Pech gehabt. Durch die Musik hat sie sich immer wieder Kraft geholt.

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Ron Williams mit Sonntag-EXPRESS-Redakteurin Laura Schmidl in Köln. Das Foto wurde im Juni 2025 aufgenommen.
Sie ist auch bedeutend für die Schwarze Community in den USA.
Ron Williams: Sie ist symbolisch für den Schwarzen Kampf in Amerika. Sie musste dauernd Schläge einstecken, aber durch die feste Verwurzelung im Glauben konnte sie sich über Wasser halten.
„Respect“ lautet nicht nur der Name eines ihrer bekanntesten Lieder, sondern auch der Show – fehlt es daran derzeit Ihrer Meinung nach?
Ron Williams: Ja! Wir sehen, was los ist in den USA, was dieser Menschenfeind Donald Trump tut. Dieser Mann und seine Leute versuchen, unsere schwarze Kultur auszulöschen. Viele wissen gar nicht, dass Trump z. B. gewisse Bücher verboten hat. Dieser Kampf ist schon wieder da, wo er in den 1960ern war. Und dieses Lied, RESPECT, war schon damals eine Hymne, nicht nur für die Bürgerrechtsbewegung, sondern auch für Frauen. Otis Redding hat den Song zuerst gesungen und damit gemeint, eine Frau sollte Respekt vor ihrem Mann haben – Aretha hat das total umgedreht.
Apropos Trump. Sie haben mal gesagt, wenn er wieder die Präsidentschaftswahlen gewinnt, beantragen Sie den deutschen Pass.
Ron Williams: Habe ich schon beantragt. Bisher war es nicht nötig gewesen, es lief ja einigermaßen okay zu Hause. Jetzt lohnt es sich – bevor es nicht mehr geht. Man munkelt, Trump könnte die doppelte Staatsbürgerschaft verbieten.
Würden Sie die amerikanische Staatsbürgerschaft dann abgeben?
Ron Williams: Das sowieso. Aber, die Leser sollten wissen: Das Land ist zwar in schwerem Fahrwasser. Aber es wird nicht untergehen. Wir werden Trump in den Midterms eine Rückmeldung geben. Wir werden den Kongress zurückkriegen.
Ron Williams: So einen wie Trump im Weißen Haus gab es selten
Welche Rolle spielt die Musik für Sie?
Ron Williams: Ich bin froh, dass wir dank unseres Produzenten Klaus Gassmann diese Show hier machen können. Deutschland ist eine Art Insel, ein Rettungsanker für mich und uns Schwarze geworden, weil wir zu Hause den Versuch bemerken, das auszurotten. Aber ich sage: Schwarze Musik, Gospel, Blues, Jazz, HipHop, Rap – das gab dem weißen Amerika eine Seele.
Wie sehen Sie die Zukunft der USA?
Ron Williams: Durch dieses Tal müssen wir gehen. Amerika ist nicht das erste Mal in so ein Zeug abgedriftet – ich gebe zu, so einen im Weißen Haus gab es selten. Woodrow Wilson war ein Ku-Klux-Klan-Mensch, aber das war 1919. Heutzutage, mit den Online-Medien und der digitalen Beeinflussung eines Elon Musk, eines Peter Thiel … übrigens ein ganz gefährlicher Mann! Wir hoffen und beten dafür, dass wir bei den Midterm Elections im November 2026 den Kongress zurückgewinnen.
Ist die amerikanische Demokratie in Gefahr?
Ron Williams: Die Demokratie ist schwer am Straucheln. Aber die Gerichte sind noch da. Und Trump hat die Special Elections in seinen Red States, die üblicherweise republikanischen Staaten, verloren. Das Land dreht ihm langsam den Rücken zu.

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Ron Williams mit Sängerin Darnita Williams bei den Vorbereitungen zur Aretha Franklin-Tribute-Show „Respect“ in Köln.
Sie engagieren sich hier in Deutschland gegen Rassismus, vor allem bei jungen Leuten ...
Ron Williams: Seit Sommer habe ich einen eigenen Verein in München: „Nicht mit uns“. Wir haben u. a. Unterstützung vom FC Bayern, Schauspielkollegen wie Uschi Glas, BMW … Wir versuchen, bei jungen Leuten in Schulen eine Aufmerksamkeit für das Problem des Rechtsrutschs zu schaffen. Auf diese Versuche, Menschen auf diesen rassistischen und teils demokratiefeindlichen Weg zu bringen. Junge Leute sind da der Schlüssel.
Merken Sie, dass sich da was verändert hat?
Ron Williams: Es ist ein Kampf gegen TikTok und Gott-weiß-was. Wie geht man dagegen an? Welche Kids lesen heute noch Bücher? Es ist schwierig.
Ist auch mehr rechtes Gedankengut bei den Schülern vorhanden?
Ron Williams: Sagen wir so: Es gibt viel Ignoranz und Desinteresse fürs Politische. Das ist nicht die Schuld der Kinder, sondern des Systems. Von Politikern, die sich nie ernsthaft Mühe gemacht haben, da anzufangen. Meine erste Tour der Toleranz war 2000 – da war die Resonanz stärker. Vor kurzem musste ich noch bitten: „Hey Kids, könnt ihr bitte die Handys kurz weglegen …?“
US-Entertainer: Jugendliche fühlen sich nicht wahrgenommen
Was ist das Problem?
Ron Williams: Die Jugendlichen fühlen sich nicht angesprochen von der Politik. Ihre Themen werden ja auch nicht ernst genommen. Es gab kürzlich Flyer, die an Schulen in München aufgetaucht sind, auf denen steht, warum Russland angeblich Freund Deutschlands ist. Leider liefert dieser Mann im Weißen Haus die Argumente dafür.
Welche Reaktionen bekommen Sie von den Schülerinnen und Schülern?
Ron Williams: Wenn sie zuhören, sind sie auch interessiert. Manche haben sogar Tränen in den Augen. Einmal ist ein Mädchen aufgestanden und hat erzählt, dass sich eine schwarze Freundin von ihr umgebracht hat, weil sie so gemobbt wurde. Das wussten die Mitschüler nicht, die Lehrerin auch nicht – sie wussten, dass das Mädchen gestorben war, aber nicht warum. Der ganze Raum wurde ganz still. Das sind Momente, in denen man die Schüler gepackt kriegt.
Haben Sie Hoffnung, dass die jungen Generationen endlich Rassismus und Co. abschaffen könnten?
Ron Williams: Man darf die Hoffnung nie aufgeben! Hat Aretha auch nie. Man muss kämpfen und versuchen, den Kopf über Wasser zu halten.
Ron Williams: Bundesverdienstkreuz für seinen Kampf gegen Rassismus
Ron Williams wurde am 2. Februar 1942 in Oakland, Kalifornien, in den USA geboren. Nach der Schule Ausbildung zum Militärpolizisten in Georgia, er diente als einziger Afroamerikaner seiner Einheit. 1961 kam er als GI nach Stuttgart, arbeitete anschließend bei einem Militär-Radiosender und schrieb für eine Zeitung des US-Militärs. Nach Beendigung seines Dienstes hatte er viele kleinere Jobs.
Ab 1975 Bühnenauftritte als Schauspieler in ganz Europa, in den Jahren danach etliche Solo-Shows als Entertainer, ab 1983 spielte er in Fernsehsendungen mit, u.a. in der „Lindenstraße“ (2019/2020). Er hatte insgesamt über 800 Gastauftritte im TV. Moderierte die WDR-/ARD-Serie „Spaß am Dienstag – mit Zini“. Spielte die Titelrollen in Theaterstücken über Martin Luther King, Ray Charles und Nelson Mandela. Für sein Engagement gegen Rassismus verlieh man ihm das Bundesverdienstkreuz.