„Peinlich und dämlich“Howard Carpendale spricht über seinen schrecklichsten Song

Am 22. September 2023 blickt Howie im Hoodie lässig in die Kamera. Der Schlagerstar Howard Carpendale hatte sich mit EXPRESS.de zum Interview im Kölner Dorint Hotel getroffen.

Im Dorint-Hotel am Kölner Heumarkt traf sich Howard Carpendale, ganz lässig im schwarzen Hoodie, im September 2023 mit EXPRESS.de zum langen Gespräch. 

Schlager-Star Howard Carpendale hat sich Zeit für ein langes Interview mit EXPRESS.de genommen. Er spricht über sein definitiv letztes Album, Klima-Kleber und die Magie seiner Konzerte. Außerdem verrät er seine peinlichste Songzeile.

von Horst Stellmacher (sm)

Gratulation an den Mann, der als „Howie“ die Herzen vieler Generationen eroberte: Howard Carpendale (78), Show-Legende aus Südafrika mit Riesen-Erfolgen in Deutschland.

Jetzt gibt er wieder Gas: „Let's do it again“ heißen das Album und die kommende Tournee (21. Mai 2024, Lanxess-Arena Köln). Viel Stoff für ein langes Gespräch mit EXPRESS.de

Howard Carpendale: „Liebe es, auf Deutsch zu singen“

Sie konnten 2023 ein ungewöhnliches Jubiläum feiern: Vor 60 Jahren haben Sie in Südafrika den Elvis-Presley-Nachwuchs-Wettbewerb gewonnen und damit den Startschuss für Ihre Show-Karriere gegeben. Zufrieden mit dem Ergebnis?

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Howard Carpendale: Ja, natürlich. Es ist ja eine Karriere geworden, die mir damals nicht mal im Traum eingefallen wäre.

Glücklich damit, dass Sie dann vor 57 Jahren in Deutschland an den Start gingen?

Howard Carpendale: Dass es Deutschland wurde, habe ich nicht einmal geahnt. Jetzt bin ich sehr froh, dass es hier war. Weil ich in dieser Sprache sehr gern singe und weiß, dass ich hier klinge wie kein anderer.

Ihre Aussprache ist unverkennbar, oft kopiert, nie erreicht. Pflegen Sie den „Howie-Sound“?

Howard Carpendale: Ich tue nichts dafür, ich tue nichts dagegen. Ich bin nie zu einer Sprachschule gegangen, um es zu verbessern. Ich spreche Deutsch, wie ich es höre.

Sie sind bei vielen Ihrer Fans als „Charming-Boy“ festgelegt. Sind Sie es wirklich?

Howard Carpendale: Meine Familie würde sich kaputt lachen, wenn sie das hörte. Das bin ich ganz bestimmt nicht. Ich bin aber auch kein Bad Boy. Ich versuche immer, höflich zu sein. Doch wenn es sein muss, kann ich auch anders. Ich denke, ich bin die gesunde Mischung.

Vor 57 Jahren traten Sie in Ostfriesland auf, wurden von der Kölner Electrola entdeckt. Heute gehören Sie zu den am längsten erfolgreichen Stars ...

Howard Carpendale: Ja, bis auf die fünf Jahre, in denen ich Pause gemacht habe, war ich immer in den Charts, immer auf Tournee. Ich war natürlich nicht immer unter den ersten drei, aber das kann man in 57 Jahren auch nicht schaffen. Allerdings tauchen immer wieder Kollegen aus dem Nichts auf, von denen wir 40 Jahre nichts gehört haben, und die wollen 50 Jahre Bühne feiern. Komisch!

Howard Carpendale im Gespräch mit Horst Stellmacher im Dorint Hotel am Heumarkt in Köln am 22. September 2023.

Entspanntes Gespräch: Howard Carpendale und EXPRESS-Reporter Horst Stellmacher beim großen Talk im Kölner Dorint im September 2023.

Wie soll es mit der Karriere weitergehen?

Howard Carpendale: Meine Tournee heißt „Let's do it Again“ weil ich alles gern weitermachen möchte. Also sage ich nicht, dass das meine letzte Tournee sein wird – was ich auch nur einmal gemacht habe. Alle, die behaupten, das hätte ich öfter gemacht, lügen. Ich möchte sehr gern auf der Bühne weiterarbeiten, werde aber nach meinem jetzigen Album kein neues mehr veröffentlichen. „Let's do it Again“ ist das letzte Howard-Carpendale-Album.

Keine Lust mehr aufs Studio?

Howard Carpendale: Die Zeit der Alben ist vorbei. Das ist eine der Folgen des Streamings. Die Menschen wollen nur noch das, was sie kennen. Sie sind nicht mehr bereit, was Neues zu hören. Es wird vielleicht schon in ein, zwei Jahren keine neuen CDs mehr geben. Wir werden dann wohl nie mehr einen Hit haben, der von allen Generationen geliebt wird wie Udos „Ich war noch niemals in New York“, Helenes „Atemlos“ oder mein „Ti amo“.

Howard Carpendale über zwei Songs, die er besonders liebt

700 Songs gesungen, Millionen Tonträger verkauft. Welcher Song ist Ihnen heute peinlich?

Howard Carpendale: Ich habe den Titel vergessen, kenne aber noch den schrecklichen Vierzeiler, den ich singen musste: „Immerhin, weil ich ein Ringer bin und du eine Kennerin von jedem Griff.“ Den hat vor 50 Jahren Kurt Feltz produziert, der als Gottvater des deutschen Schlagers galt. Schlager pur, peinlich und dämlich.

Und Ihre Lieblingssongs?

Howard Carpendale: Es sind zwei. „Nachts, wenn alles schläft“, ein Lied, das damals seiner Zeit voraus war. Das ist immer noch sehr berührend, wie das Publikum reagiert, wenn ich ihn singe. Der andere ist „Du bist doch noch hier“. Kein Hit – aber mir steigen auch jetzt noch Tränen in die Augen, wenn ich das singe.

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Es geht in dem Song um Abschied und Tod. Bewegen Sie diese Themen mit zunehmenden Alter mehr?

Howard Carpendale: Überhaupt nicht. Ich bin Fan des englischen Komikers Ricky Gervais, der in seinen Shows Späße über Religion und Tod macht und damit darauf hinweist, dass der Tod Teil vom Leben ist. Was vorbei ist, ist vorbei, alles hat seine Zeit.

Ihre Konzerte sind besondere Ereignisse. Nach welchem Rezept stellen Sie die zusammen?

Howard Carpendale: Ich glaube, es sind die Stimmungsbrüche, die meine Konzerte interessant machen. Ich mag es, die Leute so anzusingen, dass sie aufspringen, und lasse dann eine Ballade folgen. Aber ich singe nicht nur meine Hits, sondern rede auch mit dem Publikum, sodass die Leute danach sagen können: „Ich habe was Neues über den Menschen erfahren. Jetzt kenne ich ihn noch besser“.

Der Schlagersänger Howard Carpendale (r) singt in der Discothek "Scotch Club" (Foto von 1965).

Erkannt?!? Ein blutjunger Howard Carpendale singt in der legendären Discothek Scotch Club in Aachen im Jahr 1965.

Ist bei Ihren Konzerten alles live – oder kommt da schon mal Musik aus der Konserve?

Howard Carpendale: Bei mir ist jeder Ton live. Ich finde es nicht gut, dass Menschen viel Geld für ein Konzert zahlen, bei dem Musiker wie Statisten auf der Bühne stehen. Kommt immer öfter vor. 60 Prozent von dem, was Leute in Konzerten hören, ist nicht mehr live.

Ihr Sohn Wayne hat für seine „Arschloch“-Rolle in der Klima-Kleber-Serie „Aufgestaut“ viel Lob geerntet. Wie fanden Sie ihn?

Howard Carpendale: Sehr gut! Von so einer Rolle träumt jeder Schauspieler. Ich habe so eine nur einmal spielen dürfen. Da war ich der geldgeile Manager eines Gitarristen, der von Julia Roberts Bruder Eric Roberts gespielt wurde. Der Film war nur in Amerika zu sehen. In Deutschland habe ich leider mich meist selbst spielen müssen, was längst nicht so interessant für mich war.

Wie denken Sie über die Klima-Kleber?

Howard Carpendale: Auf der einen Seite ist mir klar, dass sich die Leute nicht aus Spaß auf der Straße festkleben, sie haben eine Vision, für die sie so kämpfen. Sie haben Angst davor, dass ihre Zukunft schrecklich sein wird. Dass sie nicht besser wird, merken wir selbst schon. Andererseits glaube ich nicht, dass die Art und Weise, wie sie ihren Protest ausdrücken, der Sache hilft. Aber ich weiß auch, dass friedliche Demonstration selten was gebracht haben. Ein sehr schwieriges Thema und es wird uns zukünftig noch mehr fordern. Die jetzige Form der Streitkultur ist nicht zeitgemäß, wir müssen sehr aufpassen, dass es uns nicht noch mehr entzweit.

Howard Carpendale: Vom Kugelstoßer zum Schlagerkult

Howard Victor Carpendale wurde am 14. Januar 1946 in Durban (Südafrika) geboren. 1963 war er südafrikanischer Jugendmeister im Kugelstoßen. Seinen Show-Start feierte er als Elvis-Presley-Imitator. 1966 kam er nach Europa, 1967 blieb er in Deutschland. Erster großer Hit 1970: „Das schöne Mädchen von Seite 1“.

2003 gab er sein Abschiedskonzert in der Köln-Arena, 2007 folgte aber das Comeback. Größte Hits: „Ti Amo“, „Tür an Tür mit Alice“ (beide 1977), „Hello Again“ (1984). Er hat den Sohn Wayne (46, aus seiner Ehe mit Claudia) und den Sohn Cass (35, aus seiner Beziehung mit Donnice Pierce, die er 2018 heiratete). Er lebt in München.