Sarah Connor als „Freigeistin“Das sind die Musik-Highlights der Woche

Sarah Connor macht weiter ihr Ding und macht damit alles richtig, auch auf dem neuen Album „Freigeistin“. (Bild: Nina Kuhn)

Sarah Connor macht weiter ihr Ding und macht damit alles richtig, auch auf dem neuen Album „Freigeistin“. (Bild: Nina Kuhn)

Robbie Williams, Skunk Anansie und Sarah Connor, die sich auf ihrem zehnten Studioalbum als eigenwillige, meinungsstarke „Freigeistin“ präsentiert: Erfahren Sie hier, was neu, wichtig und hörenswert ist in der Welt der Musik.

Eine gute Sängerin war Sarah Connor schon immer, und doch kann man sagen: So richtig hat sie ihre Stimme erst in den letzten Jahren gefunden. Nach einem bemerkenswerten künstlerischen Wandel zeigt sie sich auch auf ihrem zehnten Studioalbum als „Freigeistin“, die gerne mal aus der Reihe tanzt. Neues und Hörenswertes gibt es außerdem von Robbie Williams und Skunk Anansie.

Sarah Connor - Freigeistin

Robbie Williams ist mal wieder eine echte Überraschung gelungen: Auf der neuen Single „Rocket“ zündet er gemeinsam mit Black-Sabbath-Ikone Tony Iommi eine Rock-Rakete. (Bild: Jason Hetherington)

Robbie Williams ist mal wieder eine echte Überraschung gelungen: Auf der neuen Single „Rocket“ zündet er gemeinsam mit Black-Sabbath-Ikone Tony Iommi eine Rock-Rakete. (Bild: Jason Hetherington)

„Let's Get Back To Bed - Boy!“, das war vor 24 Jahren der erste Hit von Sarah Connor. Er ist kaum noch auf einen Nenner zu bringen mit dem, wofür Connor heute steht. Damals ein junges Pop-Sternchen mit recht seichtem englischsprachigen R'n'B nach amerikanischem Vorbild, hat die Sängerin sich im Lauf der Zeit zur selbstbewussten Deutschpop-Größe mit Haltung und viel Tiefgang gewandelt. Die 44-Jährige eckt gerne mal an, wenn sie's inhaltlich als geboten erachtet, füllt aber weiterhin auch große Hallen. Mit dem neuen Album „Freigeistin“ geht Connor jetzt den nächsten Schritt als Künstler-Persönlichkeit.

Der Wechsel von englischen Texten hin zur deutschen Sprache war vor ein paar Jahren ein großer Schritt, damit folgte Connor gewissermaßen dem Trend. Aber auch die Inhalte wurden hier und da deutlich gewagter - man denke etwa an die Single „Vincent“ (2019) über einen schwulen Jungen, die von mehreren Radiosendern nur gekürzt abgespielt oder teilweise ganz boykottiert wurde. Connor nimmt solche Abstriche inzwischen offenbar bewusst in Kauf.

Die erste Single „Heut' ist alles gut“, die das neue Album eröffnet, versprach vor ein paar Monaten noch einen relativ harmlosen Mix aus Pop und Softrock. Mit der zweiten Auskopplung fuhr Connor dann aber schon ordentlich die Krallen aus, vor allem textlich: „Ficka“ ist eine schonungslose Breitseite gegen Hater im Netz, bei der zuletzt schon vielen Hörerinnen und Hörern die Ohren schlackerten. Im weiteren Verlauf des neuen Langspielers besingt Connor nun auch „Wilde Nächte“, „Herzen in Aufruhr“ und die „Hölle“, in der sie lieber eine „letzte heiße Party“ feiert, statt ewig alleine im Himmel zu sitzen. Das ist nicht alles sehr bedeutungsvoll, nicht revolutionär, aber vom ersten bis zum letzten Song authentische Musik mit Herz. Die „Freigeistin“ macht ihr Ding und macht damit nichts verkehrt.

Robbie Williams - Rocket

Die „großartigste Platte“, die Skunk Anansie je aufgeommen haben, findet Frontfrau Skin: „The Painful Truth“ ist der erste Langspieler der Londoner Band seit fast zehn Jahren. (Bild: Rob O'Connor)

Die „großartigste Platte“, die Skunk Anansie je aufgeommen haben, findet Frontfrau Skin: „The Painful Truth“ ist der erste Langspieler der Londoner Band seit fast zehn Jahren. (Bild: Rob O'Connor)

Hat Robbie Williams drei Jahrzehnte lang an den eigenen künstlerischen Wünschen und Bedürfnissen vorbeigesungen? Man müsste es ja fast glauben, wenn man seine neue Single „Rocket“ hört und die Ankündigung der dazugehörigen neuen Platte „Britpop“ liest. „Ich wollte endlich das Album machen, das ich eigentlich schon 1995 nach meiner Trennung von Take That im Sinn hatte“, erklärt der ehemalige Boyband-Star. Und dann spielt er plötzlich ungestüm-lebhaften Rock'n'Roll mit Black-Sabbath-Legende Tony Iommi.

Hätten die Britpop-Ikonen von Oasis und Blur seinerzeit auch so auf den Putz gehauen wie Robbie Williams mit „Rocket“? In ihren wilderen Momenten vielleicht. Ein ganz klares Bild von dem, was da demnächst mit dem „Britpop“-Album kommen könnte, entsteht nach dieser ersten Vorab-Single zwar noch nicht. Aber die Überraschung ist Williams für den Moment gelungen. Ein Song von ihm, dem einstigen Boyband-Star, mit einem Metal-Gott wie Tony Iommi an der Gitarre, das ist schon ein ordentlicher Coup. Und vermeintlich erst der Anfang. Für das neue Album, das im Herbst veröffentlicht werden soll, habe Williams mit vielen „persönlichen Helden“ gearbeitet, wie er wissen lässt.

Skunk Anansie - The Painful Truth

Mit ihrem kahl rasierten Look stach Deborah Ann Dyer alias Skin schon immer heraus, mit ihrer Stimme sowieso. Sie jetzt endlich mal wieder auf ein paar neuen Liedern singen zu hören, alleine das muss und wird vielen Kids der 90-er große Freude bereiten. Und ein bisschen Halt bietet es auch, denn: Skin ist als Sängerin immer noch unverwechselbar Skin, aber der Sound ihrer Band Skunk Anansie hat sich doch ein wenig verändert. Mit „The Painful Truth“ präsentiert die Alternative-Gruppe aus London nun ihr erstes neues Studioalbum seit fast zehn Jahren (“Anarchytecture“, 2016).

„The Painful Truth“, der Titel deutet das Herausarbeiten einer einzigen bitteren Wahrheit an, aber die gibt es so eigentlich nicht. Oder zumindest nicht in Form eines politischen Statements, wie man es dieser immer schon sehr politischen Band durchaus zutrauen könnte. „Wenn ich so darüber nachdenke, haben wir in der Vergangenheit viele gute Alben aufgenommen, aber schon lange kein großartiges Album mehr“, lässt Skin sich zitieren. „Und das ist die schmerzvolle Wahrheit.“

Es geht diesmal also vor allem um die Wahrnehmung der eigenen Kunst - oder wahlweise, etwas breiter gelesen, um das Künstlersein an sich. Das wurde zuletzt schon mit der Single „An Artist Is An Artist“ deutlich. Und auch, dass Skunk Anansie ihre Fühler musikalisch weiter in alle Richtungen ausstrecken. Man hört auf „The Painful Truth“ einen spannenden Mix aus Ska, Pop, Punk und Wave mit viel Elektronik. Anders als zu Zeiten von „Hedonism“ und „Charlie Big Potatoe“ ist die Gitarre aber nur noch selten tragendes Element. Alles genau richtig so, findet Skin. Für sie ist „The Painful Truth“ sogar „die großartigste Platte“, die Skunk Anansie je aufgenommen haben. (tsch)