Reiner Calmund wird 75Der Kult-Manager spricht über sein Gewicht, sein Leben und seine Familie

Der frühere Bundesliga-Manager Reiner Calmund lehnt in einem Hotel an der Wand.

Reiner Calmund feiert seinen 75. Geburtstag. Auch dieses Ereignis wird er mit vielen Menschen aus seinem Leben teilen.

Jahrzehntelang bestimmte Reiner Calmund die Geschicke bei Bayer Leverkusen. Anschließend wechselte er in die TV-Branche. Fast alle Deutschen dürften Calli kennen. Der feiert nun seinen 75. Geburtstag.

von Marcel Schwamborn (msw)

Von der obersten Kommandobrücke des Fußball-Geschäfts hat sich Reiner Calmund eigentlich schon vor zwei Jahrzehnten zurückgezogen. Dennoch ist der langjährige Bundesliga-Manager immer noch allgegenwärtig.

„Ich bin ein Strippenzieher, der aber an keiner fiesen Strippe zieht. Ich kenne mich im Fußball immer noch gut aus. Die Wege sind kurz“, sagt er zufrieden. Am Donnerstag (23. November 2023) feiert der frühere XXL-Manager seinen 75. Geburtstag. Selbst diese Marke bedeutet nicht, dass „Calli“ mal auf die Bremse tritt.

Reiner Calmund feiert seinen 75. Geburtstag mit 300 Gästen

Am Donnerstag geht’s für ihn nach einem Frühstück mit der Familie nach Köln. Dort trifft er sich am Freitag zunächst mit seinem früheren Geschäftspartner Volker Struth, abends ist er zu Gast in der Talkshow Kölner Treff. Am Samstag gönnt er sich Zeit, um sich mit seinem großen Förderer und Freund Jürgen von Einem, dem ehemaligen Sportbeauftragten der Bayer AG, zu treffen. Sonntag steigt dann die große Geburtstagssause – mit 300 Gästen.

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Geschenke wünscht er sich nicht, ausschließlich Spenden für die Stiftung „Mutige Kinder“. Denn der einst so knallharte Geschäftsmann aus der Fußballbranche hat ein XXL-Herz. Im EXPRESS.de-Gespräch blickt Calmund auf entscheidende Momente in seiner Karriere zurück.

Callis Kindheit

Aufgewachsen in der Bergmannskolonie Brühl-Heide in einer Wohnung mit gemeinsamer Badewanne für alle Hausbewohner, deren Wasser familienweise ausgetauscht wurde. „Ich hatte Glück, als Einzelkind saß ich als dritter in der Wanne. Andere kamen schmutziger raus als sie vorher reingegangen sind“, sagt er lachend. „Wir Kinder spielten auf der Straße, auf Trümmerfeldern, Schotterwiesen und im Wald. Der Fußball bestand oft genug aus Blech oder aus Lumpen, für einen richtigen Ball reichte es meist nicht.“

Seinen ursprünglichen Namen Reinhold änderte er kurz nach seiner Einschulung in Reiner. „Meine Mutter hat mir den Namen in Anlehnung an ihren im Krieg verstorbenen Bruder gegeben. Jedoch gab es zu der Zeit im Stern den Loriot-Comic ‚Reinhold das Nashorn‘. Und da wurde ich gehänselt. Das wollte ich nicht mehr.“ In seinem Pass und auf den Kreditkarten steht weiterhin Reinhold.

„Als knapp sechsjähriger Knirps hatte ich zudem das Glück, 1954 den 3:2-WM-Sieg von Fritz Walter & Co. vor einem Mini-Fernseher im Werkskasino des Gruhlwerks mitzuerleben“.

Kaum zu glauben, aber Calli war auch mal zu dünn. Als Zehnjähriger schickte ihn der Arzt für sechs Wochen nach Iversheim bei Bad Münstereifel in Kur. Dort gab es dann Milchreis und Grießbrei. „Es war furchtbar“, erinnert er sich.

Callis Leverkusen-Momente

Von 1976 bis 2004 hat er für den Werksklub gearbeitet. Mit Bayer erlebte er die schönsten und bittersten Momente. „Der Klassenerhalt 1996 mit Leverkusen durch das Tor von Markus Münch und die Paraden unseres Nachwuchs-Torwarts Dirk Heinen, war ein Highlight. Zudem hat uns Erich Ribbeck mit einer preiswerten Mannschaft zum UEFA-Cup-Sieg 1988 geführt – ein Meilenstein.“

„Sir Erich“ ist für Calmund neben Christoph Daum der beste Trainer seiner Amtszeit gewesen. „In Sachen Taktik, Spielordnung, Automatismen und der gesamten Trainingsgestaltung war Christoph seiner Zeit um Jahre voraus und hat Bayer 04 ab 1996 auf ein neues Niveau gehoben.“

Christoph Daum (l.) und Reiner Calmund stehen auf dem Roten Teppich.

Vor knapp einem Monat feierte Reiner Calmund noch den 70. Geburtstag von Christoph Daum, nun steht sein eigener 75. Ehrentag an.

Aber natürlich waren da auch die verpassten Titel. In der Saison 1999/2000 war Michael Ballack ein absoluter Weltklassespieler, einer der ganz wenigen damals in Deutschland. „Dass ihm dann im entscheidenden Spiel am letzten Spieltag ein Eigentor in Unterhaching unterlaufen ist, das ist Fußball. Der kann manchmal auch grausam, ungerecht und unerklärlich sein.“

Die aktuellen Titelchancen seines Ex-Vereins sieht Calmund „bei 30 bis 40 Prozent. Bayer hat aktuell sicherlich eine der besten Mannschaften seiner Vereinsgeschichte“. Die Bayern hätten aber trotzdem seit Jahren den besten Kader und die größte Titelerfahrung.

Neben Leverkusen hat der Macher drei weitere Lieblingsvereine mit dem 1. FC Köln, Schalke 04 und Hertha BSC. „Von allen drei gab es mal Angebote. Nachdem ich dem FC abgesagt hatte, musste ich zur Beruhigung erst mal drei Flaschen Wein trinken. Das ist mir schwergefallen.“

Callis TV-Karriere

Nach dem Ende seiner Arbeit als Leverkusen-Geschäftsführer reiste er noch als DFB-Delegierter zur EM in Portugal. Danach nahm er sich mit seiner Frau eine vierwöchige Auszeit in den USA. „Als wir wieder zurück nach Deutschland kamen, machte mir RTL das Angebot für die Sendung ‚Big Boss‘.“

Nebenbei schloss er „dicke Werbeverträge“ mit großen Unternehmen ab und wurde Botschafter für die WM 2006 in Deutschland. „Ich habe mit all diesen Dingen dann auf einmal in zwei Jahren das verdient, wofür ich fünf Jahre in der Bundesliga hätte arbeiten müssen“, erzählt er. „Das war schon gigantisch.“

Aus dem Fußball-Macher Calmund wurde das TV-Gesicht, das von einem Unterhaltungsbusiness ins andere wechselt. Es folgten die „Kocharena“ auf Vox und vor allem „Grill den Henssler“, wo er seit zehn Jahren in der Jury sitzt. „2024 steht die 20. Staffel an. Ich werde wieder dabei sein und habe noch keine Lust, aufzuhören.“

Florian Silbereisen und Reiner Calmund bei der Aufzeichnung der TV-Show „Das große Schlagerjubiläum“.

Fühlt sich wohl auf der großen Showbühne. Auch bei Florian Silbereisen trat Reiner Calmund schon auf und sang am 21. Oktober 2022 einen großen Höhner-Hit.

Auch wenn der „Fußball-Bekloppte“ immer noch am liebsten über Tore, Punkte, Meisterschaft debattiert, bereut er es nicht, nie wieder ins Business zurückgekehrt zu sein. „Ich habe diese Laufbahn im Fußball für mich eigentlich schon lange abgehakt“, sagt er. „Nur wenn mein Ex-Verein sich morgen mit Alarmstufe 1 bei mir melden und mich fragen sollte, ob ich das für drei Monate machen kann, dann würde ich es machen. Aber nirgendwo anders. Nur in der Not beim alten Klub.“

Callis Familie

2013 hat er mit seiner Frau Sylvia seine Tochter Nicha aus Thailand adoptiert. „Sie ist für mich eine Art Jungbrunnen“, sagt er nun, mit 75 Jahren. „Ich habe sechs Kinder, aber die wissen alle: Nicha ist meine Prinzessin, meine Nummer eins. Die Adoption hat uns sehr viel bedeutet.“ Was ihn besonders stolz macht: „In ihrem letzten Zeugnis stand, dass sie im sozialen Verhalten absolute Spitzenklasse ist.“

Wegen Nicha ist der Ur-Rheinländer auch 2012 aus dem Oberbergischen ins Saarland nach Saarlouis gezogen. „Im Rheinland war ich bekannt wie ein bunter Hund, das war irgendwann alles ein bisschen viel – immer: Calli hier, Calli da. Im Saarland ist es schön ruhig“.

Wenn er dem Rest der Familie einen Besuch abstattet, geht es immer hoch her. „Dann ist Ramba Zamba in der Bude. Meine älteren Kinder sind alle FC-Fans, daher hoffe ich auch, dass der FC in der Liga bleibt. Die jüngeren und die Enkel sympathisieren mit Leverkusen, stehen auch in der Fankurve.“

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Ehefrau Sylvia, die ihr Mann immer „Liebchen“ nennt, kümmert sich auch um die Termine des Fußball-Zampanos: „Ich bin froh, dass ich jetzt die 75 knacke. Dass es mir so gut geht, habe ich meiner Frau zu verdanken. Sie passt auf mich auf.“

Callis Magen-Operation

Bei seinem 70. Geburtstag im Phantasialand begrüßte Calli die Gäste noch als XXL-Manager. 187 Kilogramm brachte er in der Spitze auf die Waage. „Ich hatte zuvor ja viel probiert, um abzunehmen, auch durch Sport, aber danach kam prompt wieder der gefürchtete Jojo-Effekt. Ich hatte in meinem Alter und bei meinem Gewicht keine andere Chance mehr als durch eine OP, dies irgendwie reguliert zu bekommen.“

Der Eingriff verlief optimal. Durch die Magenverkleinerung ist das Leckermäulchen nun allerdings schneller satt. „Nach der OP war ich zunächst zu schmal und mir fehlte auch die Energie. Mittlerweile hat sich mein Gewicht bei 105, 106 Kilo eingependelt, ich fühle mich jetzt sauwohl und verspüre mehr Lebensqualität“, sagt er zufrieden.

Reiner Calmund mit Ehefrau Sylvia.

Bei seinem 70. Geburtstag im Phantasialand hatte Reiner Calmund (hier mit Ehefrau Sylvia) noch sein früheres Körpergewicht.

„Im Schnitt gehe ich dreimal pro Woche ins Fitness-Studio. Alle medizinischen Werte sind top.“ Seine XXL-Klamotten – insgesamt zwei Lkw-Ladungen – gingen für den guten Zweck weg.

Während er es früher auf dem Teller gerne deftig mochte, hat sich der Geschmack nun verschoben. „Camembert, Snowfish, Seeteufel im Asiastyle, Mango, Weintrauben, Blaubeeren, weiße Pfirsiche – das sind inzwischen meine Favoriten“, verrät er.