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„Polizeiruf 110“Drogen, Gewalt, ein verschwundener Junge: Neuer Fall dreht sich um soziale Abgründe

Claudia Michelsen grinst in die Kamera.

„Polizeiruf 110“-Ermittlerin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) bekommt es im neuen Fall mit einem verschwundenen Jungen zu tun (TV-Ausstrahlung: 19. März). 

Der Magdeburger „Polizeiruf 110“ mit Ermittlerin Doreen Brasch konnte bisher nicht immer vollends überzeugen – doch der neue Fall hat alles: Fantastische Drehorte, authentische Figuren und jede Menge Spannung. 

Als der „Polizeiruf 110“ noch ein Format des DDR-Fernsehens war, die Älteren erinnern sich, galt der Ost-„Tatort“ als Krimi, der sehr genau in die Lebensrealität der kleinen Leute hineinblickte. Was für die Macher damals sicher nicht einfach war, denn allzu forsch durfte man den eigenen Arbeiter- und Bauernstaat ja nicht kritisieren. Der Magdeburger Post-Wende-„Polizeiruf“ (seit 2013) mit Ermittlerin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) überzeugte in seinen knapp zehn Jahren Spielzeit dagegen nicht immer durch überragende Drehbücher und Qualität über dem Durchschnitt. Braschs mittlerweile 17. Fall schert nun aber gewaltig aus dem deutschen Krimi-Einerlei aus.

Das Drama um einen zehnjährigen Jungen (Johann Barnstorf), der aus einem Kinderheim verschwindet und in den Wäldern rund um die winterliche Elbe verzweifelt gesucht wird, ist ein wahres Meisterwerk an der Schnittstelle TV-Krimi / Sozialdrama. Selten werden Figuren im deutschen Fernsehen so realistisch und mitreißend gezeichnet.

„Polizeiruf 110“: Zehnjähriger Junge verschwindet am Geburtstag 

Eigentlich hat es der an diesem Morgen zehn Jahre alt gewordene Ronny ja gar nicht so schlecht. Im Kinderheim wird eine wilde Party gefeiert, es gibt schicke Geschenke, und Ronnys Erzieher und die anderen Kinder sind ziemlich nett zu ihm. Wenn da nur nicht Ronnys Mutter Sabine (Ceci Chuh) wäre, früher drogenabhängig und nun mit ihrem ruppigen Freund René (Oskar Bökelmann) und dessen kleiner Tochter zusammenlebend.

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Die Mama ist für Ronny am Morgen seines Geburtstages nicht zu erreichen, was den Jungen traurig macht. Später am Tag besucht er sie jedoch mit seinem neuen Fahrrad, das er im Heim geschenkt bekommen hat. Nervös beäugt Sabine ihren Freund, der mit Ronny nichts anfangen kann und schnell von ihm genervt ist. Schließlich kommt es zum Streit. Ronny haut ab, und René hetzt hinterher. Letzterer kommt nach einer Stunde wieder nach Hause, doch Ronny taucht am Abend nicht mehr im Kinderheim auf.

Kleine Filme, beeindruckend nah am echten Leben

Heimleiterin Gabi Kleinschmidt (Maja Schöne) und Ronnys Lieblingserzieher Matthias (Thomas Schubert) informieren die Polizei. Doreen Brasch, Uwe Lemp (Felix Vörtler) und Günther Márquez (Pablo Grant) suchen bald fieberhaft nach dem vermissten Jungen, denn draußen herrscht eisige Kälte und Ronnys Jacke blieb im Hause seiner Mutter zurück. Doch tatsächlich wurde Ronny nach seinem überstürzten Aufbruch bei der Mutter noch einmal gesichtet. Die Suchtrupps konzentrieren sich nun vor allem um einen kleinen Elbhafen herum, wo der Junge gerne angelte und ein Boot des Kinderheims vor Anker liegt. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Kann Ronny noch lebend gefunden werden?

In seinen besten Momenten schafft es das viel kritisierte deutsche Fernsehspiel, kleine Filme hervorzubringen, die sich beeindruckend nah am echten Leben bewegen. Ein solcher Glücksfall ist „Ronny“. Schon der Look dieses Krimis mit seinen hyper-realistischen Schauplätzen, dem fahlen Winterlicht und seinen extrem echt wirkenden Figuren sind eine Sensation. Regisseurin Barbara Ott hatte schon in ihrem „Kleinen Fernsehspiel“ „Kids Run“ (derzeit nur bei MagentaTV in der Flatrate zu sehen), das Jannis Niewöhner als verzweifelten Preisboxer und jungen Vater dreier Kinder zeigte, bewiesen, dass kaum jemand den Überlebenskampf der untersten Schichten so mitreißend und doch würdevoll inszenieren kann wie sie. Ott findet für an sich triste Lebensstrukturen Bilder, die wunderbar zart und genau eine harte Welt zeigen, aber auch die Menschlichkeit in ihr abbilden.

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Ein Kandidat für TV-Preise?

Dazu kommt bei „Ronny“, dass das Drehbuch wie schon im bisher besten Magdeburger „Polizeiruf 110: Der Verurteilte“ – mit Sascha Alexander Geršak und Laura Tonke als verstörende Folterknechte – von Jan Braren ("Tatort: Der Fall Holdt") stammt –, einem der derzeit besten Autoren des deutschen Fernsehens. Mit Schauspielern wie dem Österreicher Thomas Schubert (Matthias Brandts Co-Hauptdarsteller in der Netflix-Posse „King of Stonks"), dem Hamburger Theaterstar Maja Schöne oder dem sensationellen Newcomer Valentin Oppermann, der schon in Caroline Links Psychotherapieserie "Safe“ als jugendlicher Patient glänzte, versammelt der Cast eine ungemeine Klasse.

Auch Claudia Michelsen darf mal wieder zeigen, warum sie sich vor zehn oder 15 Jahren vom schauspielerischen Geheimtipp zur TV-Dauerwaffe entwickelte: Doreen Brasch, die in ihrer Ermittlerinnen-Karriere ja schon Sylvester Groth und Matthias Matschke als Partner verschliss, war selten so anrührend und facettenreich wie in diesem Ausnahmekrimi, der ebenso gut als psychologisches Drama funktioniert. Für den ein oder anderen TV-Preis, der 2023 verliehen wird, sollte man den „Polizeiruf 110: Ronny “ auf dem Zettel haben. (tsch)