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„Nolly“ mit Helena Bonham CarterDie Mutter Beimer der Briten

Noele „Nolly“ Gordon (Helena Bonham Carter) war eine der bekanntesten TV-Persönlichkeiten im Großbritannien der 60er- bis 80er-Jahre. 18 Jahre lang spielte sie in der Hitserie „Crossroads“ die Rolle der Meg Richardson. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Noele „Nolly“ Gordon (Helena Bonham Carter) war eine der bekanntesten TV-Persönlichkeiten im Großbritannien der 60er- bis 80er-Jahre. 18 Jahre lang spielte sie in der Hitserie „Crossroads“ die Rolle der Meg Richardson. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

In der britischen Biopic-Miniserie „Nolly“ verkörpert Helena Bonham Carter die Soap-Darstellerin Noele „Nolly“ Gordon. Von 1964 bis 1981 war ihre Figur das Zentrum der Serie „Crossroads“. Bis Gordon entlassen wurde, was zu einem öffentlichen Skandal in Großbritannien führte.

Die Biopic-Serie mit Helena Bonham Carter als Titelheldin konzentriert sich auf die Spätphase ihrer Karriere.  (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Die Biopic-Serie mit Helena Bonham Carter als Titelheldin konzentriert sich auf die Spätphase ihrer Karriere. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

In „Nolly“ verkörpert Helena Bonham Carter die 1919 geborene Schauspielerin Noele Gordon. Sie war eine der bekanntesten TV-Persönlichkeiten im Großbritannien der 60er- bis 80er-Jahre. 18 Jahre lang spielte die schnodderig-selbstbewusste Frau in der Hitserie „Crossroads“ die Rolle der Meg Richardson, bevor sie auf dem Höhepunkt des Serienerfolgs 1981 ohne Vorwarnung entlassen wurde. Das britische Kreativteam Peter Hoar (Regie) und Russell T Davies (Drehbuch), das schon mit der Aids-Dramaserie „It's a Sin“ ein bewegendes 80er-Jahre-Porträt seines Landes erschuf, kehrte für diese dreimal etwa 45 Biopic-Minuten in seine Lieblingsepoche zurück. „Nolly“ erzählt vom Älterwerden im Showgeschäft, vom Sexismus der 80-er und den Mechanismen der Fernsehbranche. Zu sehen ist die Serie ab Sonntag, 5. Oktober, für 30 Tage in der ARD Mediathek.

Noele „Nolly“ Gordon (Helena Bonham Carter) wurde ganz plötzlich aus ihrer Dauerserie entlassen. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Noele „Nolly“ Gordon (Helena Bonham Carter) wurde ganz plötzlich aus ihrer Dauerserie entlassen. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Es ist in erster Linie ein ungewöhnliches Frauenporträt. Einerseits war Noele Gordon eine streitbare und durchsetzungsstarke Diva, wofür sie unter anderem von der britischen Schwulenbewegung verehrt wurde. Andererseits lässt sich der TV-Star von einst als sehr nüchterne Person bezeichnen. „Ich weiß, dass ich eine mittelmäßige, alternde Schauspielerin bin“, sagt Helena Bonham Carter als Nolly in der Serie. Gleichzeitig lebt die Spannung des Sittengemäldes der frühen 80er-Jahre davon, dass Noele Gordon jahrelang versuchte herauszufinden, warum sie aus der Show gefeuert wurde und wer sie loswerden wollte. Auch um Nollys Hadern mit dem desaströsen Karriereknick und ihr Ringen um die Fortsetzung ihres Schauspielerinnen-Lebens geht es.

Das Leben als Dauerschauspielerin in einer TV-Schleife

Star, Diva und Ikone der Frauen- wie auch der Schwulenbewegung Großbritanniens: Noele „Nolly“ Gordon in der Biopic-Serie „Nolly“. Helena Bonham Carter spielt die Titelfigur. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Star, Diva und Ikone der Frauen- wie auch der Schwulenbewegung Großbritanniens: Noele „Nolly“ Gordon in der Biopic-Serie „Nolly“. Helena Bonham Carter spielt die Titelfigur. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Zurück auf der Bühne: Noele „Nolly“ Gordon (Helena Bonham Carter) will es noch einmal wissen. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Zurück auf der Bühne: Noele „Nolly“ Gordon (Helena Bonham Carter) will es noch einmal wissen. (Bild: WDR/ITV Studios Limited 2022)

Helena Bonham Carter, langjährige Ehefrau von Tim Burton, spielt ihre Rolle mit dem ihr eigenen, besonderen Charisma. Am ehesten ist die Kultfigur Meg Mortimer aus „Crossroads“ mit Mutter Beimer aus der deutschen „Lindenstraße“ zu vergleichen. Eben jemand aus dem Fernsehen, der für viele Menschen „schon immer da war“ und es dann plötzlich nicht mehr ist. „Nolly“ läuft in der ARD-Mediathek sowohl in deutscher Synchronisation als auch im englischen Originalton. Wer bei der ARD das Zeitfenster für die britische ITV-Serie verpasst und über ein Magenta TV+-Abo verfügt, kann die Serie auch dort sehen.

Spannend ist „Nolly“ nicht nur als Frauen- und Zeitporträt, sondern auch, weil hier Schauspieler und Macher einer über Jahrzehnte laufenden Fernsehserie mit hohem Output - wohl realistisch - wie eine Ersatzfamilie dargestellt werden. Menschen, die aufgrund des langen gemeinsamen Engagements vielleicht sogar enger zusammengeschweißt wirken wie eine echte Familie. Nebenbei zeigen die Macher auch ihre Verehrung von TV-Arbeiterinnen wie Noele Gordon, indem sie Helena Bonham Carters Figur immer wieder auf normale Menschen und Fans treffen lässt, die unterschiedlich auf sie reagieren. Dies macht „Nolly“, eine auf den ersten Blick nicht unbedingt spektakuläre Serie, zur klugen Reflexion über ein Leben als Dauerschauspielerin in einer TV-Schleife. Eine Form der Arbeit, die tief auf die eigene Psyche wirkt und diese verändert. (tsch)