„Maybrit Illner“Diskussion über Corona-Demos: „Gleicher Fehler wie 2015“

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Um die Frage „Pandemie und Protest – kann Corona das Land spalten?“ ging es am Donnerstagabend bei „Maybrit Illner“.

von Sebastian Oldenborg (so)

Köln – Das Streitthema Corona-Demo fand Donnerstagabend (22.15, ZDF) auch den Weg zu „Maybrit Illner“. Folgende Gäste diskutierten die Frage „Pandemie und Protest – kann Corona das Land spalten?“:

  • Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlandes. Er sagt: „Wir greifen nur soweit in die Grundrechte ein, wie es absolut notwendig ist.“
  • Boris Palmer (Grüne), Oberbürgermeister von Tübingen. Er sagt: „Man muss diese Demonstrationen ernst nehmen.“
  • Nikolaus Blome, Journalist beim „Spiegel“. Er sagt: „Frau Merkel hat nicht mitgekriegt, wie sich die Stimmung in der Bevölkerung gedreht hat.“
  • Christiane Woopen, Vorsitzende des Europäischen Ethikrates. Sie sagt: „Die Politik muss der Bevölkerung jede Einschränkung gut begründen.“
  • Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Er sagt: „Ein längerer Lockdown hätte dem Land weniger geschadet als die Lockerungen jetzt.“

Maybrit Illner: Gäste diskutieren über Corona-Demonstranten

Zunächst ging es um die Hintergründe der Proteste und die Zusammensetzung der Demonstranten. Christiane Woopen sieht ein großes Problem darin, dass Glaubwürdigkeit verloren gehe. Etwa wenn Fußballer auf dem Platz umeinander rennen, Bürger ihre Oma aber nicht im Altenheim besuchen dürften.

Grünen-Politiker Boris Palmer sieht auch etwas Positives in den Demonstrationen: „Solange man miteinander streitet, ist man noch im Gespräch.“ Er glaube jedoch, dass „wir dabei sind, den gleichen Fehler zu machen wie 2015“. Schon damals sei jeder Einwand zur Seite geschoben worden, das Vorgehen als alternativlos durchgedrückt worden. Die Gefahr bestehe auch jetzt, wenn man alle Kritiker der Maßnahmen als Irre oder Verschwörungstheoretiker brandmarkt.

Auch Nikolaus Blome sieht eine mögliche „Massenbewegung“ hinter den „Irren“, die vorne auf der Bühne stehen. Das dürfe man nicht vergessen. Ähnlich habe es damals mit Pegida und der Kritik am Umgang mit Flüchtlingen angefangen.

Aber auch die teils sehr kleinteiligen Maßnahmen kritisiert er: „Leute von der Parkbank zu scheuchen“ sei zudem genau so verrückt, wie auf einer Demo zu stehen und zu behaupten, dahinter stecke Bill Gates.

Maybrit Illner: Infektionsforscher verteidigt deutsches Vorgehen in Corona-Krise

Infektionsexperte Meyer-Hermann dagegen verteidigt das Vorgehen währen der Epidemie. „Wir können in Deutschland stolz darauf sein, dass wir es geschafft haben, einen sehr flachen Verlauf der Epidemie zu haben.“ Das sei ein Erfolg des Maßnahmenpakets, auch wenn es unter Umständen einzelne Regelungen gab, die nicht nötig gewesen wären. Das wisse man aber nicht.

Zu den Demos sagt er: „Dort werden Infektionen stattfinden.“ Deshalb bestehe die Gefahr, „dass uns das zurückwirft“.

Streit um Aussage von Boris Palmer bei Maybrit Illner

Streit entbrennt dann über eine Aussage von Boris Palmer. Dem Politiker zufolge hätten viele Corona-Tote nur noch kurze Zeit zu leben gehabt. Ein Drittel der Opfer kämen aus Altenheimen. Und dort lebten die Menschen im Schnitt nur elf Monate.

Da widerspricht Meyer-Hermann sofort: Studien hätten gezeigt, dass die Menschen, die an Corona gestorben sind, noch neun Jahre gelebt hätten.

Palmer darauf: „Das halte ich für falsch.“ Dann fallen sich die beiden immer wieder ins Wort.

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans springt dem Infektionsforscher zur Seite: Er habe zuletzt eine Klinik besucht und dort sei ihm von Patienten „im besten Alter“ berichtet worden. „Die erkrankten so schwer, dass sie um ihr Leben kämpften.“

Hans verteidigt dann noch die aktuellen Corona-Lockerungen, auch in Altenheimen, die nicht abgeschottet werden müssten, um die Bewohner zu schützen: „Wir haben Schutzkleidung, die wir vorher nicht hatten. Wir haben Maskenpflichten. Wir haben unheimlich viel gelernt innerhalb dieser kurzen Zeit. Jetzt, da wir weiter sind, können wir alles daran setzen, dass wir ein Stück weit mehr Normalität für die Menschen bekommen.“ (so)