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Leidende Männer und ein mutiger AlltagsheldDas sind die Streaming-Tipps der Woche

Im Fokus der Netflix-Comedy „Alphamännchen“ steht die chaotische Männertruppe um (von links) Andi (Moritz Führmann), Erik (David Rott), Ulf (Tom Beck) und Cem (Serkan Kaya).  (Bild: Stephan Rabold / Netflix)

Im Fokus der Netflix-Comedy „Alphamännchen“ steht die chaotische Männertruppe um (von links) Andi (Moritz Führmann), Erik (David Rott), Ulf (Tom Beck) und Cem (Serkan Kaya). (Bild: Stephan Rabold / Netflix)

Im deutschen Netflix-Original „Alphamännchen“ hat es keiner so schwer wie die vier Testosteron-gesteuerten Protagonisten. Apple wiederum setzt mit „The Lost Bus“ einem Alltagshelden ein Denkmal. Welche Streaming-Highlights die kommende Woche noch bereithält, verrät die Übersicht.

Schon 1984 sang Herbert Grönemeyer: „Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich.“ Passend zur damaligen Debatte über das Männerbild der BRD arbeitete sich der Musiker teils ironisch an stereotypisch zugeschriebenen maskulinen Attributen ab, um im Refrain in der eingängig besungenen Frage zu kulminieren: „Wann ist ein Mann ein Mann?“ Seither mögen über 40 Jahre und eine Menge gesellschaftlicher Diskurse ins Land gezogen sein, an Aktualität hat Grönemeyers Frage dennoch nicht verloren. Einen augenzwinkernden Beitrag zur Debatte trägt nun Netflix mit der deutschen Comedy-Serie „Alphamännchen“ bei. Was die Streamer in den nächsten Tagen noch zu bieten haben, erfahren Sie in der Übersicht.

„Alphamännchen“ - Netflix

Busfahrer Kevin (Matthew McConaughey) und Lehrerin Mary (America Ferrera) eint ein Ziel: die Kinder im Schulbus vor den Bränden zu retten. (Bild: Apple)

Busfahrer Kevin (Matthew McConaughey) und Lehrerin Mary (America Ferrera) eint ein Ziel: die Kinder im Schulbus vor den Bränden zu retten. (Bild: Apple)

Schon die Verniedlichung der eigentlich vor Kraft und Testosteron strotzenden Zuschreibung im Titel „Alphamännchen“ (ab 2. Oktober, Netflix) deutet an: Eine philosophische Abhandlung oder eine doppelbödige Analyse von Männlichkeit braucht man von der zehnteiligen Produktion nicht zu erwarten. Macht aber nichts! Denn auch, wenn nicht jeder Witz zündet, macht es vor dem Bildschirm reichlich Spaß, den kurzweiligen Episoden des Männerquartetts um Cem (Serkan Kaya), Ulf (Tom Beck), Andi (Moritz Führmann) und Erik (David Rott) beizuwohnen.

Jedem der vier „Alphamännchen“ machen kleinere und größere Probleme zu schaffen. Ulf etwa träumt von der Beförderung zum CEO eines Männermagazins. Dann aber landet er auf dem harten Boden der Tatsachen: Sein Chef will „frischen Wind“ in der Führung - und zieht dem altgedienten Macho Ulf eine aufstrebende Jung-Journalistin vor. Erzürnt kündigt Ulf prompt seinen Job: „Ich meine, wie alt ist sie denn? Und sie ist eine Frau?“

Ordnungsamtsmitarbeiter Andi hingegen kauft zwar willfährig Buchweizen und Vollkorntoast, schläft beim von seiner Frau forcierten Schäferstündchen aber einfach ein. Beim Thema Frauen läuft's auch bei Cem eher schlecht als recht. Sowohl seine Ex-Frau als auch seine pubertierende Tochter sehen den sensiblen Therapeuten als „gottlosen Lappen“. Schürzenjäger Erik (David Rott) will sich dagegen nach wilden Jahren endlich zur Ruhe setzen. Just am Abend, an dem er um die Hand von Freundin Kim (Marleen Lohse) anhalten will, überrascht die ihn aber mit einem Geständnis: Sie will die Beziehung öffnen.

„Alphamännchen“ adaptiert das spanische Netflix-Original „Machos Alfa“. Ganze 13 Wochen hielt sich die kurzweilige Comedy dort in den Serien-Top-10 des Streamers. Ähnliches dürften sich auch die Macher der deutschen Variante um die Regisseure Jan-Martin Scharf (“Tatort“, „Barbaren“) und Tobi Baumann (“Faking Hitler“, „791 Kilometer“) wünschen. Wer dem sympathischen Chaosquartett der Netflix-Serie aber die Fußballkabine als Ort unverhohlener Ehrlichkeit vergönnt und trotz des ein oder anderen Tritts ins Fettnäpfchen mit ihnen leidet, wird seine Freude an „Alphamännchen“ haben.

„The Lost Bus“ - Apple TV+

Rudi Völler und seine aus Rom stammende Frau Sabrina sind seit 35 Jahren ein Paar. Als Patchworkfamilie haben die beiden fünf Kinder. Der Dokumentarfilm „Rudi Völler - Es gibt nur einen“ zeigt nicht nur die fast 50 Jahre währende Karriere des Fußball-Idols, sondern auch Rudi Völler - den Familienmenschen. (Bild: © Sky/Banijay Productions Germany)

Rudi Völler und seine aus Rom stammende Frau Sabrina sind seit 35 Jahren ein Paar. Als Patchworkfamilie haben die beiden fünf Kinder. Der Dokumentarfilm „Rudi Völler - Es gibt nur einen“ zeigt nicht nur die fast 50 Jahre währende Karriere des Fußball-Idols, sondern auch Rudi Völler - den Familienmenschen. (Bild: © Sky/Banijay Productions Germany)

Von Paradise war im November 2018 nicht mehr viel übrig. Ein katastrophaler Waldbrand zerstörte die US-Kleinstadt in Kalifornien fast vollständig. Von zuvor 26.000 Einwohnern lebten danach noch 4.000 Menschen in ihrer alten Heimat. Das als Camp Fire in die Geschichte eingegangene Flammenunglück kostete in und um Paradise 85 Menschen das Leben, insgesamt 52.000 Menschen flüchteten. Bis heute leidet die Gemeinde unter den Auswirkungen der Katastrophe. Und doch ist auch eine große Heldengeschichte mit dem 8. November 2018 verknüpft: die von Busfahrer Kevin McCay, die Apple nun im Filmdrama „The Lost Bus“ (ab 3. Oktober) erzählt.

McCay ist erst kurz vor dem verheerenden Brand in seine einstige Heimat zurückgekehrt. Aus Geldnot heuert er als Busfahrer an. Auf einer Fahrt erreicht Kevin (Matthew McCounaughey) angesichts aufziehender Rauchschwaden ein Hilfegesuch: „Gibt es irgendjemanden, der diese Kinder abholen kann?“ Eine Grundschulklasse, 22 Kinder insgesamt, und ihre Lehrerin Mary (Oscar-Kandidatin America Ferrera, „Barbie“) sitzen in der Evakuierungszone fest. Kevin erklärt sich bereit - und stürzt sich in eine lebensgefährliche Mission.

Regisseur Paul Greengrass kennt sich aus mit Heldengeschichten. 2013 brachte er den Überlebenskampf von Kapitän Richard Phillips, dessen Containerschiff von somalischen Piraten gekapert wurde, als hochspannendes und blutiges Kräftespiel auf die Leinwand. Nun schickt der Filmemacher Oscar-Gewinner Matthew McConaughey direkt in den Feuerschlund - dramatische Bilder und eine nervenaufreibende Flucht vor den Flammen inklusive.

„Rudi Völler - Es gibt nur einen“ - WOW

Mila (Derya Akyol) versucht nach ihren drei Monaten Psychiatrie in der Schule so zu tun, als wäre nichts gewesen. 
 (Bild: RTL / Zeitsprung / Nirén Mahajan)

Mila (Derya Akyol) versucht nach ihren drei Monaten Psychiatrie in der Schule so zu tun, als wäre nichts gewesen. (Bild: RTL / Zeitsprung / Nirén Mahajan)

Die aktive Karriere von Rudi Völler, Fußballweltmeister 1990, kann man nachlesen. Die Älteren werden sich an den wuselig-schlitzohrigen Weltklassestürmer ohnehin erinnern. Von 1977 bis 1996 dauerte seine aktive Karriere. Danach folgten Jahre als Manager und Trainer. In letzterer Funktion nebenbei Vizeweltmeister 2002 und Wutredner 2003. Doch was ist mit dem privaten Rudi Völler, mittlerweile 65 Jahr alt? Der aktuell als Sportdirektor der deutschen Nationalmannschaft Tätige stellte sich für den anderthalbstündigen Film „Rudi Völler - Es gibt nur einen“ auch privat den Kameras. Ein sehr ungewöhnlicher Schritt für den Mann, der zwar ungeheuer nahbar erscheint, aber sein Familienleben bislang unter Verschluss hielt. Die Sky-Dokumentation läuft passenderweise am Freitag, 3. Oktober, an, dem Tag der Deutschen Einheit.

Filmemacher Marc Schlömer verfolgt Völlers Karriere von den Anfängen in seiner Geburtsstadt Hanau über die Profistationen Kickers Offenbach, 1860 München, Werder Bremen, AS Rom, Olympique Marseille und Bayer Leverkusen. Und natürlich auch die Zeit danach als Manager und Teamchef. Vor allem aber gelang es Schlömer, auch den privaten Rudi Völler, seine Frau Sabrina und vier seiner fünf Kinder vor die Kamera zu holen.

Natürlich dürfen in einem Film wie diesem auch prominente Fußballgesichter nicht fehlen. Was hier nicht besonders schwer gewesen sein dürfte, denn jeder mag und schätzt Rudi Völler, den angenehm authentischen, bodenständigen Weltstar: Lothar Matthäus, Oliver Kahn, Julian Nagelsmann, Reiner Calmund, Michael Ballack oder sein mittlerweile 87-jähriger Trainerguru und früher Förderer Otto Rehagel - sie alle sind dabei.

„Euphorie“ - RTL+

Die amerikanische Serie „Euphoria“, die Adaption eines aus Israel stammenden Originals, war ein Riesen-Hit und machte ihre Hauptdarsteller Hunter Schafer, Jacob Elordi, Sydney Sweeney und allen voran Zendaya zu Weltstars. Am 2. Oktober startet nun die deutsche Variante namens „Euphorie“ bei RTL+.

Die achtteilige Serie ist keine Adaption des HBO-Hits „Euphoria“, der vor sechs Jahren erschien. Fakt ist auch: Die amerikanische Serie war tatsächlich selbst eine Adaption des hierzulande etwas weniger bekannten israelischen Originals, das ebenfalls den Titel „Euphoria“ trägt. Die deutsche Serie orientiert sich sehr viel mehr an der israelischen Originalversion, als an Sam Levinsons hyperstilisiertem und hypersexualisiertem HBO-“Euphoria“. „Euphorie“ bezieht sich auf aktuelle Themen, die die deutsche Jungend beschäftigen. Es geht um Pandemie, Drogen, Depressionen, Rechtsruck, Social Media-Fame, Beziehungen, Sex und vieles mehr.

Mila (Derya Akyol) ist 16 Jahre alt, wohnt in Gelsenkrichen, ihre Eltern sind geschieden. Die Mutter ist ein Kontroll-Freak, der Vater hat ein Alkoholproblem. Dann taucht ein Video von Mila beim Sex mit Mitschüler Basti (Kosmas Schmidt) auf und wird an der ganzen Schule verbreitet. Das überfordert Mila, die ohnehin schon mit Panikattacken und Depressionen kämpft, endgültig. Die Situation spitzt sich zu, und Mila geht für drei Monate in die Jugendpsychiatrie. Dort lernt sie Ali (Sira Anna-Faal) kennen und verliebt sich, doch mit einem Mal ist Ali verschwunden, und Mila soll zurück „ins normale Leben“. An der Schule trifft sie wiederum auf den einsamen Jung-Schauspieler Jannis (Eren M. Güvercin). Zusammen ertränken die beiden ihre Probleme und Gefühle in Drogen. Als Ali plötzlich wieder auftaucht, verliert Mila endgültig die Kontrolle. (tsch)