Musik-Branche in SorgeAlarmierende Ticket-Flaute: Deutschland braucht mehr Mut

Die Hamburger Hip-Hop- und Elektropunk-Formation Deichkind beim Live-Auftritt bei der einmaligen Konzertreihe auf der Hofgartenwiese in Bonn.

Viele Fans besuchten die Konzertreihe im Bonner Hofgarten, wie hier beim Auftritt von Deichkind am 27. August 2022.

Nach einem Konzert-Open-Air-Sommer blicken viele in der Musik-Branche skeptisch Richtung Herbst und Winter. Ein Kommentar zur unsicheren Lage in der Szene.

von Marcel Schwamborn (msw)

Der begeisternde Auftritt von Robbie Williams (48) am Dienstagabend (30. August 2022) in Bonn bildete quasi den Abschluss eines spektakulären Open-Air-Sommers. Viele Highlights werden den Musik-Fans in Erinnerung bleiben.

Ed Sheeran und die Rolling Stones rockten Schalke, Coldplay Frankfurt. Vier tolle Hofgarten-Konzerte in Bonn, etliche starke Auftritte auf dem KunstRasen. Am Kölner Dom begeisterten die Bläck Fööss. In München wurde rund um Helene Fischer eine neue Dimension des Musik-Gigantismus erreicht.

Konzert-Highlights 2022: Von Coldplay über Robbie Williams bis Bläck Fööss

Auch die Kölner Lanxess-Arena, die bestbesuchte Mehrzweckhalle in Europa, rechnet unter dem Strich mit 1,5 Millionen Fans in 2022 – trotz Corona-Einschränkungen zu Beginn des Jahres.

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Doch was passiert nun? Die Konzert-Veranstalter-Szene und mit ihnen die Betreiberinnen und Betreiber von Hallen und Kultur-Stätten haben große Angst vor dem Herbst und Winter. Die Ticket-Verkäufe für neue Events sind dramatisch eingebrochen.

Viele Fans gönnen sich nur noch wenige Highlights, darunter leiden kleinere Bands und Organisatoren. In der Musikszene wird schon von einem „blutigen Herbst“ gesprochen, der vielen drohen könnte. Kasalla haben die Probleme des zusammenbrechenden Marktes schon ehrlich beziffert.

Natürlich blicken viele Menschen derzeit sorgenvoll Richtung Winter: Wie hoch werden die finanziellen Belastungen angesichts der Inflation? Bleibt am Ende des Monats genug Geld für den Alltag? Ist ein Konzertbesuch da nicht verzichtbares Luxus-Gut?

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Skepsis gibt es aber selbst aus Reihen der Konzert-Organisierenden. Ist es vertretbar, wenn öffentliche Gebäude oder Schaufenster nicht mehr beleuchtet werden können, in einer Halle aber die Strom-Generatoren für gigantische Licht-Shows brummen?

Hinzu kommt die Ungewissheit, wie sich die Maßnahmen in der Corona-Politik entwickeln. „Diese ganzen Andeutungen der Politik, allen voran von Karl Lauterbach, was alles im Herbst kommen könnte – so etwas verunsichert natürlich die Menschen und sie bleiben zu Hause“, sagt Arena-Chef Stefan Löcher (51).

Klar ist allen Event-Profis: Gibt es wieder Beschränkungen, Test- oder eine Maskenpflicht in Innenräumen, käme das einem erneuten Stopp der Kultur-Szene gleich. Nicht nur in Köln steht eine ganze Branche mit vielen Arbeitsplätzen und Existenzen auf dem Spiel, wenn das Publikum aus Angst oder Frust zu Hause bleibt.

Konzert-Branche: Angst vor schärferen Corona-Maßnahmen

Dabei haben die vergangenen Wochen gezeigt, wie freudestiftend gemeinsame Erlebnisse sein können. Deutschland sollte sich mehr Mut gönnen und den Menschen mehr Selbstverantwortung und Selbstbestimmung übertragen. Keiner wird gezwungen, auf Konzerte zu gehen. 

Und auch die Stars sollten einsehen, dass sich die meisten keine astronomischen Ticketpreise mehr leisten können. Die fetten Jahre sind auch in der Musik-Branche erst einmal vorbei. Leider wollen das viele Managements noch nicht einsehen und treiben mit ihren Forderungen die Veranstaltenden in die Enge. Die nächsten Monate werden für alle entscheidend.