Um das komplizierte Verhältnis zwischen Kabarettist Rainer Pause und Sohn Aljoscha dreht sich deren Doku „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“.
Kabarettist Rainer Pause & Sohn AljoschaBerührend! Ganz private Familien-Therapie vor der Kamera

Copyright: Aljoscha Pause
Nach sieben Monaten mit 45 Drehtagen sind sich Aljoscha Pause und Vater Rainer wieder nähergekommen. Die Doku „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“ bekam jetzt das Prädikat „Besonders wertvoll“.
Annäherung an den Vater, und die Kamera ist immer dabei. Aljoscha Pause (53), preisgekrönter Dokumentarfilmer („Being Mario Götze“) und Rainer Pause (77) alias „Fritz Litzmann“, Top-Kabarettist aus Bonn, hatten über Jahre hinweg ein kompliziertes Vater-Sohn-Verhältnis. Nun sind beide ein großes Wagnis eingegangen: In der Doku „Fritz Litzmann, mein Vater und ich“ lassen sie tief in ihre Seelen blicken. Das Ergebnis ist ein bewegender, außergewöhnlicher Film, der trotz 142 Minuten Länge keine Sekunde langweilt.
Das liegt auch am imposanten Promi-Auflauf: Carolin Kebekus, Oliver Masucci, Michael Mittermeier, Bastian Pastewka, Gerhard Polt, Sebastian Pufpaff, Helge Schneider, Florian Schroeder, Jürgen Becker und noch viele mehr kommen zu Wort. Denn Rainer Pause ist nicht nur als Kabarettist eine Institution („Tod im Rheinland“), sondern auch Chef des Bonner „Pantheon“-Theaters, das für die meisten der oben genannten Stars zum Karriere-Sprungbrett wurde.
Rainer Pause: Als „Fritz Litzmann“ immer die Karriere im Blick
Pause selbst liefert als altersbekloppter „Fritz Litzmann“ mit Norbert Alich als „Hermann Schwaderlappen“ seit Jahrzehnten kabarettistische Spitzenleistungen. Helge Schneider beschreibt die Figur so: „Fritz Litzmann ist dieser Opa mit Haare nach hinten und Hornbrille, das war Rainers zweite Identität, und die hat er nun in echt erreicht.“ Rainer hier, Rainer da, und die eigene Karriere immer im Blick: Darunter litt, wie Papa Pause im Film offen zugibt, die Nähe zu seinem Sohn Aljoscha.
Als der 1972 geboren wurde, war das für Rainer Pause im Lebensplan nicht vorgesehen: „Es gab für mich keinen Grund, eine Familie zu haben. Außer dem natürlichen, dass ich Vater wurde.“ Auch Johanna Solbach, die Mutter, war mit dem Nachwuchs offenbar überfordert: Als sich das Paar 1975 trennte, blieb Aljoscha bei seinem Vater. Doch der war intensiv damit beschäftigt, in der alternativen Kleinkunst und -Theaterszene Fuß zu fassen. Wenn er zu Hause war, schrieb er Szenen oder bereitete sich auf seine Auftritte vor.
Im Spielzimmer des fünfjährigen Sohnes hielt sich der Vater eher selten auf. In einer nachgestellten Szene hört man den bedrückenden Kommentar Aljoscha Pauses: „Er saß an seinem Schreibtisch und bemerkte mich gar nicht. Oft stand ich eine gefühlte Ewigkeit vor ihm und bemühte mich um seine Aufmerksamkeit.“

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Schon 1990 trat Rainer Pause als Fritz Litzmann auf. Heute ist er mit 77 so alt, wie er sich damals machte.
Einige Jahre später war Aljoscha ein überdurchschnittlicher Fußballer beim Bonner SC. Aber sein Vater konnte damit nichts anfangen, wie sich seine damalige Lebensgefährtin Dobrina Turowski erinnert: „Judo hätte Rainer noch gut gefunden. Aber Fußball – das war doch was für Proleten.“ Einmal ging er doch zu einem Spiel mit. Der Sohn schoss ein tolles Freistoß-Tor, doch der Papa hatte es nicht gesehen: Er war gerade Zigaretten holen.
So sehr er mit der Rolle des Vaters fremdelte, so steil ging es für Rainer Pause beruflich aufwärts: Das „Pantheon“ entwickelte sich nach seiner Gründung 1987 binnen weniger Jahre zu einer der bedeutendsten Kabarett-Bühnen Deutschlands. Auch Carolin Kebekus' Karriere bekam dort ihren entscheidenden Schub: „Im Pantheon zu spielen, das war der Olymp. Ich dachte damals: Danach kommt gar nichts mehr.“
Aljoscha Pause rebelliert – und hat in jedem Schulfach eine Sechs
Rainer Pause hatte ein untrügliches Näschen für Talente. Ohne ihn, so die heutigen Stars Bastian Pastewka und Sebastian Pufpaff, wären sie nie so erfolgreich geworden. Unterstützt wurde Pause dabei von Rita Baus, die als Pressesprecherin im Pantheon anfing und später auch privat seine Partnerin wurde. Der „Prix Pantheon“ und die alternative Karnevalssitzung „Pink Punk Pantheon“ wurde von beiden erfolgreich auf die Schiene gebracht. Das ging nur mit 100 Prozent Einsatz. Schauspielerin Nina Hoger, seit drei Jahrzehnten mit beiden Pauses befreundet, sagt: „Rainer ist komplett aufgegangen in seiner Arbeit. Da gab es nichts anderes.“
Jemand anderen gab es aber: Sohn Aljoscha. Der wechselte von seiner Pubertät ansatzlos in die Rolle des Schul-Rebellen: Kiffen, rauchen und saufen statt Mathe, Englisch oder Bio. Als er 1991 vom Clara-Schumann-Gymnasium in Bonn fliegt, hat er in allen (!) Fächern eine Sechs. Selbstzerstörung mit Ansage – fast. Im Mai 1994 hatte Aljoscha Pause eine schwere Panikattacke, kam ins Krankenhaus: „Damit endete meine Jugend von jetzt auf gleich. Es war ein kompletter Zusammenbruch. Der Tiefpunkt wurde zum Wendepunkt. Es änderte sich alles. Ich stellte mein Leben vom Kopf auf den Fuß.“

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Rebellisch und alleingelassen: So fühlte sich Aljoscha Pause, hier auf einem privaten Foto, als Jugendlicher.
Pause holte das Abitur nach, begann als Sportjournalist bei SAT.1 und wurde später erfolgreicher Dokumentarfilmer. Wie gut er in diesem Metier ist, beweist der aktuelle Film. Denn das ist keine Abrechnung mit dem Vater, sondern eine mitunter schmerzhafte Aufarbeitung ihres gemeinsamen Lebens – die aber stets geprägt ist von großer Liebe zueinander. Vermutlich konnte es nur der Sohn hinkriegen, dass sich sein Vater Rainer so offen, nahezu ungeschützt zeigte. Der sagt gegen Ende der Doku: „Ich kann mir ein Leben ohne Bühne kaum vorstellen. Was soll ich sonst auch machen?“
Aber dann sieht man beide, wie sie in Südtirol Bergwanderungen unternehmen. Die Stimmung hat sich in den zurückliegenden gut zwei Stunden des Films geändert: Anfängliche Skepsis ist einer neuen Vertrautheit gewichen. Das soll so bleiben, sagen beide. Rainer Pause: „Bis zum Tod ist noch eine Menge Luft.“
„Fritz Litzmann, mein Vater und ich“: So ist die Doku zu sehen
Die Premiere wird am 12. Mai im Bonner „Pantheon“ mit Bastian Pastewka, Sebastian Pufpaff und Jürgen Becker und anderen gefeiert – und ist komplett ausverkauft. Für 19., 20. und 29. Mai (Pantheon, 19 Uhr) gibt es noch Karten.
Am 25. Mai ist um 11.30 Uhr eine Vorführung im Kölner Odeon-Kino mit Rainer und Aljoscha Pause und Jürgen Becker. Einen Tag später wird die Doku um 18 Uhr im Düsseldorfer Metropol gezeigt. Bundesweit ist die Doku ab dem 29. Mai in den Kinos zu sehen.