Johannes OerdingTour-Auftakt in der Domstadt: „In Köln ist jedes Konzert wie Karneval“

Pressefoto von Johannes Oerding.

Johannes Oerding kommt aus dem Rheinland und bezeichnet sich selbst als jecken „Karnevals-Dude“. Die vergangenen Jahre schaffte er es aber nie, Fastelovend zu feiern.

Sänger Johannes Oerding (41) ist gebürtiger Rheinländer, seine Tour 2023 startet in Köln. Hier spricht er über Konzerte, Karneval und Kneipen-Gigs.

von Alexandra Miebach (mie)

Er ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Pop-Musiker, die wir aktuell haben: Johannes Oerding (41).

Der gebürtige Rheinländer lebt zwar schon seit 20 Jahren in Hamburg, seine neue Tour zum aktuellen Album „PLAN A“ startet aber nicht in seiner Wahlheimat, sondern am 23. März 2023 in der Kölner Lanxess Arena. EXPRESS.de hat mit ihm gesprochen.

Johannes Oerding: Tourstart 2023 in Köln

Bald geht es wieder auf Tour. Das war lange nicht möglich. Aufgeregt?

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Johannes Oerding: Die Aufregung ist groß, aber die Vorfreude ist noch viel größer.

Die Tour startet in Köln. Warum ausgerechnet hier?

Johannes Oerding: Wir wollten die Tour mit einem Kracher starten. Köln ist die größte Halle, die wir bespielen. Die Zuschauer hier sind immer gut drauf. In Köln ist eben jedes Konzert irgendwie wie Karneval.

Bist Du selbst jeck?

Johannes Oerding: Eigentlich schon. In den vergangenen Jahren hat es terminlich nie geklappt. Und in Hamburg, wo ich wohne, ist Karneval verpönt.

Du erzählst, dass Du in Deinem aktuellen Album PLAN A „noch mehr die Hosen“ runterlässt. Wie können wir das verstehen?

Johannes Oerding: Ich habe gemerkt, dass es für mich nur Sinn macht, Songs zu schreiben, die ein gewisses Gefühl und Ehrlichkeit transportieren. Damit können sich auch die Hörer mehr identifizieren. Ich bin von Album zu Album ehrlicher geworden.

Johannes Oerding: Kurz mal auf Tauchstation – wegen Negativ-Nachrichten

Musik ist für viele Menschen eine Flucht aus dem Alltag. Gerade in Zeiten, die von Krisen geprägt sind, möchte man immer öfter einfach kurz den Alltag vergessen. Wie machst Du das?

Johannes Oerding: Ich bin sehr interessiert an Politik und dem, was in der Welt geschieht, gucke oft Nachrichten. Zwischendurch nehme ich mir mal ein oder zwei Tage, gehe komplett auf Abstand damit – sonst sieht man ja bei den Negativ-Nachrichten keinen Grund mehr, richtig Freude zu haben.

Und wie schaltest Du ab?

Johannes Oerding: Wenn ich mal frei habe, nehme ich mir gerne Zeit nur für mich, wo ich im Bett liege, eine Serie schaue und vielleicht noch ein bisschen Sport mache.

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Du bist ein alter Hase im Musikgeschäft. Was war bisher das Highlight Deiner Karriere?

Johannes Oerding: Ich war am Anfang mit Ich + Ich auf Tour, als Vorgruppe, und sollte am Timmendorfer Strand spielen. Ich + Ich haben kurzfristig abgesagt. Ich wurde gefragt, ob ich nicht den ganzen Abend spielen wolle, als Hauptact – vor 25.000 Leuten. Am Tag vorher hatte ich auf Sylt vor sechs Leuten gesungen. Die Zuschauer von Ich + Ich kannten mich nicht. Aber es hat geklappt, die Leute sind auf mich aufmerksam geworden.

Und wie hat sich das Musik-Business seitdem verändert?

Johannes Oerding: Heute musst du schon bekannt sein, zum Beispiel auf Social Media, um Fuß zu fassen. Wenn ein Album floppt, ist man weg vom Fenster. Früher hatte man mehr Zeit, bekannt zu werden, wurde nicht gleich fallengelassen, wenn ein Album mal nicht lief. War bei meinem zweiten Album übrigens auch so. Ich durfte ein drittes machen – jetzt sind’s sieben.

Was magst Du lieber: Kleine Konzerte oder große Shows?

Johannes Oerding: Das kann man gar nicht vergleichen. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich große Shows sagen, damit erreiche ich viel mehr Menschen. Wenn du vor 25.000 Leuten singst und alle singen mit, ist das ein unbeschreibliches Gefühl. Ich finde keinen Vergleich dafür. Aber es ist auch mal schön, in kleineren Locations zu spielen.

Was würdest Du jungen Nachwuchsmusikern raten, die in der Branche Fuß fassen wollen?

Johannes Oerding: Üben, üben, üben! Eigene Songs schreiben und live spielen – auch wenn man in der Kneipe um die Ecke für ein Bier ein paar Songs spielt. Hauptsache live.

Johannes Oerding schreibt auch für Peter Maffay und Udo Lindenberg

Es gibt Künstler, denen ihr Erfolg zu Kopf steigt, die sehr abgehoben wirken. Bei Dir ist das gar nicht so. Was erdet Dich?

Johannes Oerding: Ich verstehe, wenn zum Beispiel junge Künstler, die einen Hit landen und plötzlich gut verdienen, auch mal ihr Geld verprassen. Das hätte ich als junger Mann bestimmt auch gemacht, wenn ich Geld gehabt hätte. Hatte ich aber nicht (lacht). Der Erfolg verändert einen, da kann auch ich mich sicher nicht ganz rausnehmen. Wichtig ist, dass man nicht arrogant wird und den Menschen auf Augenhöhe begegnet. Mein Vorteil war, denke ich, dass ich langsam bekannt wurde und nicht so plötzlich.

Du schreibst auch Songs für andere Künstler – zum Beispiel Peter Maffay. Unterscheidet sich die Arbeit für Dich selbst von der Arbeit für andere?

Johannes Oerding: Man muss sich auf die Sprache des Anderen einlassen. Peter Maffay ist sehr lyrisch, poetisch. Bei Udo Lindenberg kann man auch mal schreiben „Ich sitze auf meinem Pferd mit einem Sombrero und auf meine Pasta kommt Habanero“. Ich habe mal mit Wincent Weiss geschrieben und habe gemerkt, dass ich selbst den Song genauso singen würde. Dann wurde es ein Duett.

Als Musiker ist man viel unterwegs. Das kann eine Beziehung und Freundschaften sehr belasten. Wie findest Du da die richtige Balance?

Johannes Oerding: Man muss sich zwischen den großen Produktionen richtig private Zeit nehmen, um den Partner und die Freunde nicht aus den Augen zu verlieren. Das ist nicht einfach, besonders nicht, wenn beide beruflich sehr eingespannt sind. Von meinen Freunden muss ich mir immer wieder was anhören, wenn ich mal wieder zum siebten oder achten Mal abgesagt habe. Wenn ich auf Tour bin, lade ich immer alle zu meinen Konzerten ein und verbringe so viel Zeit wie möglich mit ihnen.

Andere Künstler posten viele Privates auf Social Media, Du nicht. Warum?

Johannes Oerding: Weil ich es furchtbar finde. Ich kann auch nichts damit anfangen, wenn Promipaare zusammen in TV-Shows sitzen. Das ist nichts für mich. Aber ich sage immer: Leben und leben lassen. Jeder, wie er mag.

Was steht nach der Tour an? Planst Du das nächste Album?

Johannes Oerding: Ich bin gerade leer geschrieben – und das fühlt sich tatsächlich gut an. Erstmal will ich jetzt die Tour und im Sommer einige Open Airs und Festivals spielen. Dann habe ich mir bewusst mal freigenommen, um Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Und selbst mal auf Konzerte oder Festivals zu gehen.

Johannes Oerding: Vom Niederrhein nach Hamburg

Johannes Oerding wurde am 26. Dezember 1981 in Münster geboren und wuchs in Geldern-Kapellen am Niederrhein auf. Seinen Durchbruch hatte er 2009, als er unter anderem für Simply Red und Ich + Ich im Vorprogramm spielte. Es folgten im selben Jahr eine ausverkaufte Solotour und sein erstes Soloalbum „Erste Wahl“. 2013 belegte er den zweiten Platz beim Bundesvision Song Contest.

2015 wurden seine Alben „Für immer ab jetzt“ und „Alles brennt“ mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. 2018 begleitete Oerding Peter Maffay (für dessen Album „Jetzt“ er auch Songs schrieb) als Gast auf dessen MTV-Unplugged-Tournee. 2019 bis 2022 war er bei „Sing meinen Song“ dabei und saß 2021 in der Jury bei „The Voice of Germany“. Er ist seit 2011 mit Musikerin Ina Müller liiert und lebt in Hamburg.