In ZDF-Doku verrät Friedrich Merz, welcher Preis fürs Kanzleramt ihm „zu hoch“ wäre

Mit der Wahl zum Bundeskanzler könnte Friedrich Merz 2025 seine Politkarriere krönen. (Bild: ZDF / Robert Sakowski)

Mit der Wahl zum Bundeskanzler könnte Friedrich Merz 2025 seine Politkarriere krönen. (Bild: ZDF / Robert Sakowski)

Zwischenzeitlich hatte Friedrich Merz der Politik bereits den Rücken gekehrt. 2025 könnte er Olaf Scholz als Bundeskanzler ablösen. Doch wie tickt der CDU-Chef, welche politische Agenda verfolgt er und was sind seine Schwächen? Eine ZDF-Dokumentation sucht nach Antworten.

2024 wurde in Deutschland zum „Superwahljahr“ ausgerufen. Ungeachtet der wegweisenden Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen wird es für Friedrich Merz erst 2025 so richtig ernst. Dann will der CDU-Vorsitzende seine Politkarriere mit dem Einzug ins Kanzleramt krönen. Bevor der 68-Jährige aber seinen politisches Lebenswerk vollenden will, blickten die Filmemacher Steffen Haug und Maik Gizinski in „Mensch Merz! Der Herausforderer“ (ab sofort in der ZDF-Mediathek) nun auf sein Wirken in der Vergangenheit und seinen Einfluss auf das gegenwärtige Politikgeschehen.

„Er legt den Finger in die Wunden der jetzigen Regierung. Diese Wunden sind nicht gerade klein“, attestiert der einstige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel dem Oppositionsführer. Der 45-minütige Film zeigt Merz als akribischen Arbeiter, als leidenschaftlichen Macher, aber auch als jemanden, der polarisiert, bisweilen rhetorisch über das Ziel hinausschießt. „Seine Impulskontrolle ist erstaunlich schwach“, befindet Diana Zimmermann, die Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios. Derweil echauffiert sich Klimaaktivistin Luisa Neubauer: „Ich bin keine Politikerin, und ich schaffe es auch, in meinen Reden nicht in jedem Halbsatz aus Versehen eine ganze Menschengruppe zu diffamieren.“

Nach Merkel-Sieg: Merz war „komplett überrumpelt“ und „entsetzt“

Nicht nur Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl vermutet in der Dokumentation ein Kalkül von Merz, „hier und da populistischen Sprech auf dem Rücken der Migranten“ zu betreiben. Für Grünen-Politikerin Renate Künast scheint ebenso klar: „Die Halbierung der AfD kriegt man hin, indem man sie delegitimiert und seriös ist oder ins gleiche Horn bläst.“ Merz verfolge letztere Strategie. Mit der Klimapolitik Merz' rechnet derweil - wenig überraschend - Luisa Neubauer ab. „Das Problem ist, dass er sein politisches Gewicht nutzt, um gegen Klimaschutz zu polemisieren. Er macht viel mehr als nichts“, beklagt sie.

Zwischenzeitlich hatte Friedrich Merz das Politgeschäft hinter sich gelassen. Nun strebt der Oppositionsführer die Rückkehr in Regierungsverantwortung an. (Bild: Getty Images / Michele Tantussi)

Zwischenzeitlich hatte Friedrich Merz das Politgeschäft hinter sich gelassen. Nun strebt der Oppositionsführer die Rückkehr in Regierungsverantwortung an. (Bild: Getty Images / Michele Tantussi)

„Mensch Merz! Der Herausforderer“ beleuchtet aber nicht nur die politische Gegenwart und Zukunft, sondern zeichnet auch den Lebensweg des Porträtierten in groben Zügen nach. Nach „disziplinarischen Schwierigkeiten“ in der Schule und einem „durchschnittlichen Abitur“ avanciert Merz zum rhetorisch gewieften Politik-Shootingstar der Union. Mit 34 Jahren landet er im Europaparlament, fünf Jahre später ergattert er einen Sitz im Bundestag.

Erst Angela Merkel bremst den schier unaufhörlichen Höhenflug und verweist Merz zunehmend in die zweite Garde. Als die spätere Kanzlerin 2002 den Fraktionsvorsitz übernimmt, sei Merz „komplett überrumpelt“ und „entsetzt“ gewesen, sei „wie ein angestochenes Huhn durch die Gegend gelaufen“, erinnert sich Renate Künast. Sein langjähriger Wegbegleiter Karl Schneider bestätigt: „Das hat ihm sehr wehgetan.“

Watzke warnt Merz vor Kanzlerschaft: „So ein Amt frisst dich auf“

Nach einigen Jahren in der freien Wirtschaft wagt Friedrich Merz 2018 sein Polit-Comeback - und muss langen Atem beweisen. Nach Angela Merkels Abschied als Parteivorsitzende scheitert er sowohl gegen Annegret Kramp-Karrenbauer als auch Armin Laschet. Erst 2022 schafft er es im dritten Anlauf an die Parteispitze und peilt jetzt den Einzug ins Kanzleramt an. „So ein Amt frisst dich auf. Da musst du schon einen eisernen Willen haben“, prognostiziert Merz' Wegbegleiter aus JU-Zeiten, Hans-Joachim Watzke.

Die Belastungen scheinen auch Friedrich Merz klar zu sein, wie er in den Momenten der Dokumentation bekennt, die ihn als Privatmenschen zeigen: „Ich habe das Schicksal vieler Politikerehen vor Augen, die an der Politik zerbrochen sind. Der Preis wäre mir zu hoch.“ Einmischen will sich seine Frau Charlotte in die Entscheidung nicht, das fände sie „vermessen“, wie sie erklärt. Bis es so weit kommt, könnte Merz ohnehin trotz aller Treuebekenntnisse innerhalb der Union ein parteiinternes Ränkespiel mit seinen laut Umfragen beliebteren Konkurrenten Markus Söder und Hendrik Wüst erwarten.

Luisa Neubauer erwartet von Merz-Kanzlerschaft „das Schlimmste“

Setzt sich Merz hier durch, wäre es laut Sigmar Gabriel auch die Bestätigung für Merz selbst: „Ich bin mindestens so gut wie die, die ihr mir damals vorgezogen habt (d.Red. Angela Merkel) - vielleicht sogar besser“, interpretiert ihn der frühere SPD-Chef. Luisa Neubauer würde bei einer potenziellen Kanzlerschaft des Union-Chefs derweil „das Schlimmste erwarten“, nämlich „eine extrem teure, katastrophenproduzierende, klimafeindliche, lobbyfreundliche, fossile Politik“.

Friedrich Merz ist nicht der einzige hochrangige Politiker, dem das ZDF eine eigene Dokumentation widmet. Am Dienstag, 23. April, folgt um 20.15 Uhr der Film „Mensch Pistorius! Zwischen Krieg und Frieden“, in dem sich Filmemacher Christian Bock dem deutschen Verteidigungsminister annähert.

„Mensch Merz! Der Herausforderer“ ist am Dienstag, 16. April, 20.15 Uhr, im ZDF zu sehen und zuvor bereits in der ZDF-Mediathek. (tsch)