„Hast du das gerade gesagt?“ZDF-Moderator irritiert von DFB-Expertin

Kathrin Lehmann erklärt Sven Voss einen Schweizer Fachbegriff. (Bild: ZDF)

Kathrin Lehmann erklärt Sven Voss einen Schweizer Fachbegriff. (Bild: ZDF)

Ausgerechnet im 13. Spiel des Bundestrainers verliert Deutschland gegen Schweden, gegen das es bei einer EM noch nie verloren hat. Und das, obwohl GG7 höchstpersönlich anwesend ist. Am Ende sind aber doch alle irgendwie guten Mutes. Vor allem Ann-Katrin Berger und Kathrin Lehmann.

„Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“ Mit dem legendären Zitat von Jürgen Wegmann lässt sich auch gut der Abend, den die DFB-Frauen am Samstag in Zürich erlebten, betiteln. Dabei hätte ihnen doch das Glück hold sein müssen. Schließlich saß Giulia Gwinn wieder auf der Bank. Nicht, weil sie eine Wunderheilung erlebt hätte, sondern als Maskottchen.

Und die Tapes mit der Aufschrift „GG7“ trugen ihre Mitstreiterinnen auch noch am Handgelenk. Aus der Mathematik weiß man ja: Minus mal Minus ergibt Plus. Das aber Plus mal Plus Minus ergibt, ist neu. Doch der Reihe nach.

Voss lernt einen Schweizer Fachbegriff

„Ein Offensivspektakel“ prophezeit ZDF-Expertin Kathrin Lehmann vor Spielbeginn. Sie sitzt heute allein neben Sven Voss auf dem Studiosofa. Vielleicht hat sich herumgesprochen, dass die Schweizerin mit ihren Gesprächspartnern ungefähr so sanft umgeht wie Elisa Senß mit ihren Gegnerinnen im Mittelfeld. Fritzy Kromp, sonst zusammen mit Per Mertesacker und Christoph Kramer festes Mitglied der Mainzer Dreierkette, hat jedenfalls vorsichtshalber knapp 340 Kilometer Luftlinie zwischen sich und Lehmann gebracht: Sie steht nämlich im Stadion Letzigrund, wo sie das Spiel gemeinsam mit Claudia Neumann kommentiert.

Fritzy Kromp (rechts) steht diesmal im Stadion. Hier zusammen mit Katja Streso. (Bild: ZDF)

Fritzy Kromp (rechts) steht diesmal im Stadion. Hier zusammen mit Katja Streso. (Bild: ZDF)

Deshalb bleibt es Sven Voss überlassen, seinem gegenüber Kontra zu geben: „Aber defensiv wird's auch spannend.“ Da ist Kathrin Lehmann ausnahmsweise mal seiner Meinung. Es sei wichtig, dass gegen Schweden die Zuleitung klar stehe. „Und auch die Absprache, wann kommt Ann-Katrin Berger wirklich raus, auf welche Bälle bescheißt sie sozusagen.“ Sven Voss dazu, sichtlich irritiert: „Hast du gerade ,Schei..e' gesagt?“ - „BEEEscheißn!“ - „Beschei... na, das ist ein Schweizer Fachbegriff“, so die Expertin.

Die Statistik macht Bauchweh

Es sind noch ein paar Minuten bis zum Anstoß, Zeit, für etwas Statistik: Es ist Christian Wücks 13. Spiel als Bundestrainer. Bei einer EM der Frauen hat Deutschland noch nie gegen Schweden verloren. Bei Turnieren inklusive Olympia gab es elf Siege, ein Unentschieden und nur drei Niederlagen. Man will's ja nicht beschreien, aber vor dem Bildschirm kriegt man bei solchen Aufzählungen ein leichtes Magengrimmen.

ARD-Expertin Almuth Schult hatte das schon vorher - und am Freitag noch vorsichtig angemerkt, dass es ein paar Spielerinnen im DFB-Kader gibt, die schon einmal gegen Schweden verloren haben: Klara Bühl und Lea Schüller, zum Beispiel. Kathrin Lehmann wiederum findet: „Bilanzen muss man so drehen, dass es für einen passt.“ So viel sei gesagt: Die Schwedinnen haben diesen Dreh besser raus.

Lehmann tippt irgendwie richtig

Nach dem Spiel: Der Bundestrainer (Mitte) reagiert schmallippig. (Bild: ZDF)

Nach dem Spiel: Der Bundestrainer (Mitte) reagiert schmallippig. (Bild: ZDF)

Wie es im ZDF üblich ist, wird auf den Ausgang des Spiels getippt. Cacau, einst DFB-Nationalspieler, jetzt Integrationsbeauftragter und in Zürich vor Ort, sagt ganz diplomatisch (das bringt sein aktueller Job wohl mit sich), er rechne als Experte mit einem 1:1. Aber als Fan mit einem 2:1. „Machst du das auch immer so bei deinen Tipps?“, fragt Sven Voss Kathrin Lehmann. „Dass du einen Herz-Tipp hast und einen realistischen?“ - „Alles Expertise“, meint Lehmann nur. - Voss: „Weil die selten in Erfüllung gehen.“

Diesmal wettet Lehmann auf ein 3:2 und fünf verschiedene Torschützinnen. „Wenn das eintrifft“, verspricht Sven Voss, „tauschen wir später die Sakkos.“ Er darf sein Sakko behalten. Aber immerhin: Die Anzahl der Treffer und der Schützinnen stimmt.

Wamser will den Gwinn-Moment

Dann ist Anstoß in Zürich, und die deutsche Elf macht gleich richtig Dampf und richtig Spaß - und obendrein das erste Tor. Um dann zusammenzufallen wie ein Käsesoufflee, wenn man den Ofen zu schnell öffnet: Schweden trifft zum 1:1, zum 2:1.

Carlotta Wamser will schließlich, also in der 30. Minute, retten, was zu retten ist und als Gwinn-Ersatz für einen Gwinn-Moment sorgen, verzichtet aber darauf, sich bei einer heldenhaften Abwehraktion das Knie zu verrenken, sondern nimmt sich ein Beispiel an Maradona und Cucurella und verhindert das 3:1 heldenhaft mit der Hand. Wird aber anders als ihre männlichen Kollegen dafür heldenhaft mit Rot vom Platz gestellt. Man darf jetzt kurz über „Messen mit zweierlei Maß“ sinnieren. Rolfö jedenfalls verwandelt den fälligen Elfmeter. Und der Gwinn- beziehungsweise Wamser-Moment bleibt auch aus: Am Ende steht ein 4:1-Sieg für Schweden.

Wück wird schmallippig

Die Rote Karte war auch laut Bundestrainer Wück der Schlüsselmoment im Spiel. Sven Voss bohrt im Interview nach dem Abpfiff noch ein bisschen in der Wunde: „Und irgendwie hat ja Deutschland auch diese berühmte Stabilität, die Sie sich so sehr wünschen, innerhalb von fünf Minuten verloren.“ Da werden die Lippen des Bundestrainers ganz schmal. „Jo“, sagt er nur.

Kurz rechnet man damit, dass er einfach das Mikro fallen lässt und aus dem Stadion stürmt. Dann schiebt er doch noch ein „Genauso war's“ nach und lässt eine Analyse und ein Versprechen folgen: „Wir liegen jetzt am Boden, aber wir werden auch wieder aufstehen.“

Hauptsache weiter

Ann-Katrin Berger findet sogar noch etwas Positives im Spielverlauf, schließlich habe man in Halbzeit zwei nur noch einen Gegentreffer kassiert. „Wir sind weiter, das ist die Hauptsache“, sagt sie. „Und dann tun wir halt, je nachdem wer da kommt, da gewinnen.“

So denkt man auch in Mainz. Weshalb man einen vorsichtigen Blick auf ein mögliches Halbfinale wirft. Sven Voss sieht mit Blick auf den Turnierbaum: „Deutschland könnte dann, wenn es soweit kommt, auf Spanien oder die Schweiz treffen. Ich nehme an, du gehst davon aus, dass es die Schweiz wird?“ Kathrin Lehmann breit lächelnd: „In der Tat!“

Gegen die „Nati“ haben die deutschen Frauen übrigens noch nie verloren. Wenn wir uns nicht verzählt haben, gab es in 19 Spielen ein Unentschieden und 18 Siege. Aber wir wollen ja nichts beschreien. (tsch)