Nach der gescheiterten Verfassungsrichterwahl im Bundestag steht Jens Spahn im Kreuzfeuer der Kritik. Bei „Markus Lanz“ zog nun auch der ehemalige Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gegen den Fraktionsvorsitzenden der CDU vom Leder. Auch Kanzler Friedrich Merz bekam sein Fett weg.
„Er hat versagt!“Jürgen Trittin unterstellt Jens Spahn bei Lanz, er könne „seinen Job nicht“

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Im Gespräch mit ZDF-Moderator Markus Lanz äußerte sich Jürgen Trittin nicht nur ehrlich zur geplatzten Verfassungsrichterwahl, sondern auch zur deutschen China-Politik. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

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Politikwissenschaftler Xuewu Gu sagte bei „Markus Lanz“, die deutsche China-Diskussion sei „unvermeidlich“, da es sich „um zwei total unterschiedliche politische Wirtschaftssysteme“ handle. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Seit der geplatzten Wahl der neuen Verfassungsrichter steht die Unionsspitze in keinem guten Licht da. Insbesondere Kanzler Friedrich Merz und der Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn finden sich im Zentrum der Kritik wieder. Bei „Markus Lanz“ hatte in der Sendung am Mittwoch bereits Grünen-Politikerin Britta Haßelmann gegen den Spahn vom Leder gezogen. Am Donnerstagabend teilte nun auch Jürgen Trittin mit markigen Worten aus: „Jens Spahn kann seinen Job nicht!“ Eine Aussage, die Lanz sichtlich amüsierte. Er konterte lachend: „Das ist jetzt die übliche Provokation.“
Statt darauf einzugehen, stellte der ehemalige Fraktionschef der Grünen jedoch unmissverständlich klar, dass Spahn die Kritik an Frauke Brosius-Gersdorf vorher hätte antizipieren müssen: „Ein Fraktionsvorsitzender muss so in die Fraktion vernetzt sein, dass er solche Stimmen hört.“ Laut Trittin sei es demnach nicht zu entschuldigen, sich „mit dem Koalitionspartner“ auf drei Kandidaten zu einigen, „wenn er nicht seine Leute hinter sich hat. Das ist eine Grundregel, die man braucht, und da hat er versagt.“
Jürgen Trittin klagt an: „Diese Regierung nicht handlungsfähig“

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Ex-Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warnte bei „Markus Lanz“ vor einem potenziellen Krieg zwischen China und Taiwan. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Laut Jürgen Trittin sei es zudem „nichts Überraschendes“ gewesen, dass gegen Brosius-Gersdorf in Bezug auf ihre teils umstrittenen Standpunkte „eine Kampagne“ gefahren wurde. Lanz nickte: „Plötzlich wird so eine Personalie Kulturkampf.“ Der ehemalige Fraktionschef der Grünen erwiderte prompt: „Ja, die ist ja auch bewusst von Rechts zum Kulturkampf gemacht worden!“ Ein Kulturkampf, der laut des ZDF-Moderators „auf fruchtbaren Boden“ gefallen sei.

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Bei „Markus Lanz“ ließ Jürgen Trittin seiner Enttäuschung über die Verfehlungen von Jens Spahn freien Lauf. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Lanz hakte deshalb weiter nach, wie es jetzt mit der Union weitergehe. „Wenn du als Kanzler deine Fraktion nicht hinter dir weißt ganz sicher, dann hast du ein Problem“, so der Moderator nachdenklich. Schon zuvor hatte Trittin darauf hingewiesen, dass die Regierung durch den zweiten nötigen Anlauf bei Merz' Wahl zum Kanzler geschwächt geworden sei. Das Versagen von Jens Spahn hefte nun auch Friedrich Merz an, „weil er hat uns ja ordentliches Regieren versprochen“.
Politikwissenschaftler Xuewu Gu sah die Lage nicht ganz so kritisch: „So weit ist es noch nicht. (...) Die Kanzlerschaft von Merz ist nicht gefährdet.“ Jürgen Trittin gab trotzdem zu bedenken, dass sich die Union mit der geplatzten Verfassungsrichterwahl „in eine ziemliche Sackgasse reinmanövriert“ habe, denn: „So aus sich heraus ist diese Regierung nicht handlungsfähig.“
Xuewu Gu über China-Taiwan-Konflikt: „Ich erwarte keinen Ausbruch eines Krieges“

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In der Diskussionsrunde von „Markus Lanz“ wurde am Donnerstagabend erhebliche Kritik am Unions-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn laut. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Ähnlich kritisch sah Trittin auch das Handeln von China in Bezug auf die Weltpolitik. Als Lanz wissen wollte, ob China potenziell Taiwan überfallen werde, reagierte der Grünen-Politiker sorgenvoll. Im Gegensatz dazu sagte Politikwissenschaftler Xuewu Gu deutlich: „Die Taiwan-Diskussion, die wir (...) in Deutschland führen, ist zu alarmistisch, zu gefährlich sogar aus meiner Sicht!“ Gu ergänzte dazu: „Ich erwarte keinen Ausbruch eines Krieges.“
Jürgen Trittin wollte den Optimismus nicht ganz teilen. Er mahnte: „Ich bin mit solchen Prognosen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sehr vorsichtig. Da haben selbst die Russland-kritischen Grünen nicht geglaubt, dass dieses Ausmaß an Krieg auf den Weg gebracht werden kann.“
Während Xuewu Gu davon ausging, dass die chinesische Regierung primär am Wohlstand des eigenen Landes interessiert sei, sagte Jürgen Trittin: „Mein Verdacht ist, dass mit der zunehmend autoritärer werdenden Herrschaft in China dieses Narrativ vom Wohlstand zumindest ergänzt wird um ein nationalistisches Narrativ - nämlich eines, was auch Größe, auch militärisch, nach außen unterstreicht.“ (tsch)