Die Verhaftung des ehemaligen KGB-Spions Marcus Klingberg markiert den Höhepunkt im wohl größten Spionageskandal in der Geschichte Israels. Eine knapp einstündige Dokumentation bei The HISTORY Channel erzählt nun die ganze, unglaubliche Geschichte.
Ein realer Agententhriller„Marcus Klingberg - Im Auftrag des KGB“

Copyright: The HISTORY Channel/Little Big Story – Stenola Productions
Marcus Klingberg war mehr als 30 Jahre Leiter des streng geheimen Biowaffenprogramms in Israel, während er gleichzeitig den KGB mit Geheiminformationen versorgte. (Bild: The HISTORY Channel/Little Big Story – Stenola Productions)

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Ein unverzichtbares Herzstück der Doku sind die Tonbandaufnahmen, auf denen der inzwischen verstorbene Marcus Klingberg selbst aus seinem Leben erzählt. (Bild: The HISTORY Channel/Little Big Story – Stenola Productions)
Er gilt als einer der größten Spionageskandale in der Geschichte Israels: Der israelische Wissenschaftler Marcus Klingberg wurde im Januar 1983 vom israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Beth verhaftet, weil er geheimes Wissen über biologische Waffen mit der Sowjetunion teilte. Die neue Dokumentation „Marcus Klingberg - Im Auftrag des KGB“ von Rémi Lainé (Regie, Buch) und Yaël Vidan (Co-Regie) erzählt nun die ganze spannende Geschichte, die sich nur wenige Hollywood-Autoren besser hätten ausdenken können. The HISTORY Channel zeigt den 55-minütigen Film im Rahmen des Themenabends „Spy Night - Agenten in geheimer Mission“ am Samstag, 28. Juni, um 20.15 Uhr. Darüber hinaus wird der Film als Stream und auf Abruf bei HISTORY Play und WOW/Sky zu sehen sein.
Im Film kommen neben Wissenschaftlern und Journalisten auch Familienangehörige und Freunde sowie seine Anwälte, der einstige Direktor des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Yaakov Peri, und die Menschenrechtsaktivistin Dr. Ruchama Marton zu Wort. Für diejenigen, die sich für den Mensch Marcus Klingberg interessieren, dürften jedoch die Tonbandaufnahmen mit seinen eigenen Erinnerungen besonders spannend sein. Der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Michael Sfard spielt diese im Film an mehreren Stellen vor.
Klingberg forscht an biologischen Waffen

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Als die Verhaftung von Marcus Klingberg bekannt wird, dominiert die Nachricht weltweit die Schlagzeilen. (Bild: The HISTORY Channel/Little Big Story – Stenola Productions)
Abraham Marcus (Marek) Klingberg wird am 7. Oktober 1918 in Warschau geboren. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs flieht er 1939 in die Sowjetunion, wo er sein Medizinstudium beendet. 1941 tritt er der Roten Armee bei, dient zunächst als Feldarzt und später als Epidemiologe, ehe er Seuchenspezialist in Belarus wird. Nach der Befreiung Polens von den Nazis kehrt Klingberg in seine Heimat Polen zurück. Hier lernt er 1945 seine spätere Frau Wanda kennen: „Sie war zunächst zurückhaltend, und ich musste sie überzeugen, mich zu heiraten“, erinnert sich Klingberg auf einem Tonband: „Sie sagte: 'Ich möchte nicht in Polen bleiben, versprich mir, dass wir aus Polen fliehen werden.“ So kam es, dass das Paar für zweieinhalb Jahre in Polen war.

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Im Januar 2003 wurde Marcus Klingberg nach 20 Jahren Haft entlassen. Er zog daraufhin nach Paris, wo er im November 2015 im Alter von 97 Jahren starb. (Bild: The HISTORY Channel/Little Big Story – Stenola Productions)
An dieser sowie einigen anderen Schilderungen Klingbergs bestehen in der Doku Zweifel. Unumstritten ist hingegen, dass Klingberg 1948 nach Israel ging. Als Mediziner arbeitete er für die israelische Armee und wurde 1957 in das streng geheime staatliche Israelische Institut für biologische Forschung in Nes Ziona bei Tel Aviv berufen. Hier forschte er mit Virologen und Bakteriologen an biologischen Waffen, ehe er bei einem Kur-Aufenthalt, so berichtet Klingberg selbst, von einem Russen namens Victor angesprochen wurde: Über 30 Jahre, so heißt es in der Doku, lieferte Klingberg der Sowjetunion Geheiminformationen. Um welche es sich dabei genau handelte und ob Klingberg sich deren Brisanz überhaupt bewusst war, das sind zwei der vielen Fragezeichen, die auch nach den knapp 60 Filmminuten bestehen bleiben.
Viele unbeantwortete Fragen

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Rémi Lainé verarbeitete die unglaubliche Geschichte von Marcus Klingberg zu einer knapp einstündigen Dokumentation. (Bild: The HISTORY Channel/Little Big Story – Stenola Productions)
Spannend sind hingegen die Umstände seiner Verhaftung am 19. Januar 1983: „Ihm war klar, dass er von einem Doppelagenten enttarnt worden war“, sagt Sfard. Die Person, deren Name bis heute unbekannt ist, habe für den russischen Geheimdienst gearbeitet und sei vom israelischen Geheimdienst „umgedreht“ worden. Mehrere Tage wird Klingberg in einer abgelegenen Wohnung festgehalten, ehe er schließlich gesteht. Es folgen 20 Jahre Haft, während viele Außenstehende zunächst nicht wissen, wo er ist oder was mit ihm passiert ist.
Der britische Korrespondent und Experte für chemische Waffen, Peter Pringle, etwa erinnert sich im Film, wie er 1985 nach Israel ging, um Klingberg zu besuchen. Er wollte von ihm mehr über den angeblichen Einsatz der als Gelber Regen bekannten chemischen Waffe im Vietnamkrieg erfahren. Doch vor Ort sagte man ihm, dass Klingberg nach Europa gegangen und verschwunden sei. Klingbergs Frau Wanda erwies sich als keine große Hilfe. Der Journalist Yossi Melman ist fest davon überzeugt, dass Wanda Klingberg ebenfalls als Spionin für den KGB arbeitete, im Gegensatz zu ihrem Mann allerdings nie überführt werden konnte. Was genau die Klingbergs zu dieser Tätigkeit trieb, bleibt wie so vieles im Film unbeantwortet.
Marcus Klingberg wurde 1998 nach mehreren Herzinfarkten aus der Haftanstalt in den Hausarrest überstellt und kam im Januar 2003 frei. Nach seiner Haftentlassung siedelte er nach Paris über, wo er bis zu seinem Tod am 30. November 2015 lebte.
The History Channel zeigt „Marcus Klingberg - Im Auftrag des KGB“ als deutsche Erstausstrahlung. Weitere Filme des Themenabends „Spy Night - Agenten in geheimer Mission“ am 28. Juni sind die Dokus „When We Speak - Die Stimme der Whistleblowerinnen“ (2022, um 18.50 Uhr), der Sechsteiler „Die Geheimagentinnen des Zweiten Weltkriegs“ (2024, um 21.10 Uhr) und „Castros Spione“ (2023, um 2.45 Uhr). (tsch)