Er ist ein ruhiger Politiker, der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. Wie er es schafft, sein Bundesland ohne Streit zu regieren, und warum er jetzt einen streitbaren Vorschlag gemacht hat, erklärt Günther am Freitagabend in der „NDR Talk Show“.
Daniel Günther drängt in TV-Talk auf Social-Media-Verbot„Unser Land geht sonst zugrunde“

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Daniel Günther setzt sich für ein Verbot von Social Media für Unter-16-Jährige ein. (Bild: NDR)
Daniel Günther (51) ist die Ruhe selbst, wenn er mal im Fernsehen auftritt. Doch das ist nicht immer so. Der CDU-Politiker rockt auch schon mal richtig ab. Beim Wacken Open Air zum Beispiel, einem der wichtigsten Heavy-Metal-Festivals der Welt, das jedes Jahr in seinem Bundesland stattfindet. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein ist stolz darauf, dass dieses Jahr Guns N' Roses in Wacken dabei sind, eine Band, die Rockgeschichte geschrieben hat. Glücklich ist Günther auch über ein neues Amt, das er seit einigen Monaten innehat: Er ist Oldenburger Grünkohlkönig. Und das ist eine besondere Leistung.
Doch Politik ist eigentlich sein Ding. Das fing schon früh an. Mit 18 Jahren trat er in die CDU ein. „Ich habe mich immer dafür interessiert, selbst mit anzupacken. Ich habe das nie gut gefunden, wenn man sich über etwas aufgeregt und sich dann zurücklehnt, um die anderen machen zu lassen. Mich hat damals die CDU begeistert. Das war so in der Zeit der Wiedervereinigung. Dass Deutschland wieder zusammenkommt, war vor allem mit Helmut Kohl verbunden, und den fand ich damals große Klasse.“ Trotzdem habe er eine glückliche Kindheit gehabt, lacht er am Freitagabend im Gespräch mit Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt in der „NDR Talk Show“.
In der Familie interessierte sich niemand richtig für Politik. Bis auf eine: „Ich hatte eine grüne Tante“, erzählt Daniel Günther. „Und die kam aus Bayern.“
Wie Daniel Günther Ministerpräsident wurde: „Ich war damals der Notnagel“
2016 wurde Günther Spitzenkandidat seiner Partei für das Amt des Ministerpräsidenten. „Ich war damals der Notnagel. Wir hatten eigentlich einen anderen Kandidaten aufgestellt. Der sagte auf einer Vorstandssitzung im November 2016, er wolle nicht mehr weitermachen, und fragte mich. Ich habe dann so getan, als müsste ich auf die Toilette, und habe dann vom Klo meine Frau angerufen. Da habe ich mich noch einmal rückversichert. Und dann musste ich von null auf hundert gehen.“

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In der „NDR Talk Show“ stellte sich Daniel Günther den Fragen von Barbara Schöneberger. (Bild: NDR)
Da war Daniel Günther 43. „Ich bin da völlig unverkrampft reingegangen, weil viele gesagt haben: Das schafft er ohnehin nicht. Ich bin am Anfang auch belächelt worden. Aber es ist dann ein schönes Gefühl, wenn man gewonnen hat. Und dann sagen die Leute plötzlich: Ich habe immer an dich geglaubt.“
Günter gilt als ruhig und besonnen. Und das wünscht er sich auch von anderen Politikern. „Manchmal wünsche ich mir, dass wir einen anderen Umgang miteinander finden. Wir haben in Schleswig-Holstein glücklicherweise keine AfD im Landtag. Da sind wir die Einzigen in ganz Deutschland. Und ich glaube, das liegt auch daran, dass wir gut miteinander umgehen. Ich finde, dass der Unterschied zwischen Demokratinnen und Demokraten und denen, die Demokratie abschaffen wollen, auch im Umgang miteinander zu erkennen sein muss: dass man respektvoll miteinander spricht, dass man nicht stigmatisiert, nicht herabwürdigt, sondern dass man mal versucht, wieder einen Wettbewerb um die besten Argumente zu machen. Wenn wir das wieder stärker tun würden, würden wir auch deutlich mehr Vertrauen für die Politik zurückholen.“
In Berlin gelangt zu viel Streit in die Öffentlichkeit
Lange hat Günther gemeinsam mit Grünen und FDP regiert. Geräuschlos. Man habe sich jeden Montag getroffen, gemeinsam diskutiert und dann gemeinsame Entschlüsse gefasst, erzählt der Politiker. „Und wenn wir uns verständigt haben, dann vertreten wir das, was wir tun, gemeinsam nach draußen. So haben wir es geschafft, mit drei Parteien so geräuschlos zusammenzuarbeiten, dass vor den Wahlen 80 Prozent der Schleswig-Holsteiner sich gut regiert fühlten.“
Was Günther in Schleswig-Holstein geschafft hat, könnte er eigentlich auch in Berlin versuchen. Doch das will er nicht. „Berlin muss sich ganz schön verändern, damit ich mich dafür interessiere.“ Ihn stört, dass ständig alles, was in Berlin hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, sofort an die Öffentlichkeit gelangt. „Wenn sie diesen ganzen Streit nicht immer mitbekommen würden, dann würden die Bürger auch glücklicher sein“, sagt Günther.
Kein Social Media für Unter-16-Jährige: „Man merkt, dass es die Eltern nicht mehr schaffen“
Dabei hat Günther erst vor Kurzem für Streit gesorgt. Da hatte er sich für ein Social-Media-Verbot für Jugendliche unter 16 Jahren ausgesprochen. „Mein Grundgedanke ist ohnehin, dass diese mediale Überflutung, der wir alle miteinander ausgesetzt sind, eine der Hauptgründe für unser aufgeheiztes Klima ist.“ Früher habe man sich zweimal täglich aus der Zeitung und der „Tagesschau“ informiert, heute erfahre man minütlich über Konflikte und Unruhen. „Das macht etwas mit einem“, glaubt der CDU-Politiker.
Günther in der „NDR Talk Show“: „Ich finde, dass wir das den unter 16-Jährigen nicht mehr geben sollten, weil sie in diesem Lebensalter, in dem sie unterwegs sind, mit der medialen Überflutung überfordert sind. Mit der Gewalt, der sie ausgesetzt sind, mit dem Mobbing, mit den Schönheitsidealen. Und man merkt auch, dass es die Eltern nicht mehr schaffen. Auch wenn sie noch so vernünftig versuchen, mediale Nutzung ihren Kindern beizubringen, ist es ein enormer Druck.“
Es sei einfach geworden, dass auch Menschen mit Kindern in Kontakt treten, die es nicht gut mit ihnen meinten. „Ich möchte, dass wir das unseren Kindern ersparen. Denn ich glaube, unser Land geht zugrunde, wenn wir nicht mit den Kindern anfangen und sie so gut wie möglich schützen“, appelliert Daniel Günther. (tsch)