„Tatort“ aus MünchenTop-Stars und erstmals queere Darstellerin – „Ihr wahnsinnig woken Großstädter“

Szene aus dem „Tatort“ mit Veronica Ferres.

Veronica Ferres versucht in ihrer Rolle als Sylvia im „Tatort“ „Königinnen“ (Sonntag, 29.10.2023) den Streit zwischen Zwiebelkönigin Annelie (Daria Vivien Wolf, links) und Honigkönigin Toni (Lilly Wiedemann) zu schlichten.

Im neuen „Tatort“ aus München ermitteln die Kommissare Batic und Leitmayr zwischen Produktköniginnen. Schauspiel-Stars wie Veronica Ferres und Wolfgang Fierek sind ebenfalls dabei.

von Marcel Schwamborn (msw)

Weit über 100 Produktköniginnen gibt es in Bayern. Junge Frauen machen mit voller Leidenschaft ehrenamtlich Werbung für alles Essbare von A (Apfel) bis Z (Zwiebel). Diese Besonderheit dient als Grundlage für den 93. Fall, den die Münchner „Tatort“-Kommissare Batic (Miroslav Nemec, 69) und Leitmayr (Udo Wachtveitl, 64) lösen müssen.

In der vermeintlich heilen Welt der bayerischen Produktköniginnen auf dem Land gibt es einen Mordversuch. Das Opfer war für seine sexuellen Übergriffe berüchtigt. Hat sich eine Spargel-, Honig- oder Zwiebelkönigin gerächt?

„Tatort“: Veronica Ferres, Wolfgang Fierek und LaBrassBanda dabei

Der „Tatort“-Fall „Königinnen“ (Sonntag, 29. Oktober 2023, 20.15 Uhr, ARD) kommt mit großer Starbesetzung daher. Sylvia, die Organisatorin des Königinnentags, wird von Veronica Ferres (58) dargestellt. Schauspieler und Schlagersänger Wolfgang Fierek (72, „Resi, i hol di mit mei’m Traktor ab“) spielt den übergriffigen Präsidenten des Bavaria-Bunds Josef Gehrling.

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In dieser Rolle muss er den anzüglichen Macho geben, der vor den Augen der Weißwurstkönigin masturbiert und über ein Bolzenschussgerät sagt: „Das liegt gut in der Hand – wie ein Schwanz“. Die international bekannte Chiemgauer Band LaBrassBanda wirkt ebenfalls im „Tatort“ mit.

Szene aus dem „Tatort“ mit Wolfgang Fierek.

Wolfgang Fierek als Josef Gehrling mit der Altöttinger Mehlkönigin (Corinna Blädel, links), der Tirschenreuther Teichnixe (Franziska Wagner, Mitte) und der Gunzenhausener Krautkönigin (Corinna Grimmeißen).

Regisseur Rudi Gaul (41) freut sich, dass er Schauspiel-Star Ferres für die Rolle als „Queen-Mum“ gewinnen konnte. „Mit ihrer und Wolfgang Fiereks Darstellung kommt der Sexismus auf charmant-charismatischen Sohlen daher und bringt eine Reihe filmgeschichtlicher Erinnerungen an eine Branche mit, die nie unschuldig war“, sagt er.

Ferres hatte schon 1993 und 1994 einen Auftritt im Münchner Kult-Krimi. „Das Wiedersehen mit dem Team war einfach wunderbar und meine Spielfreude war sehr groß. Selten kann man eine Rolle mit solchen Abgründen und einem so harten Schutzschild spielen“, sagt sie. Diversität trifft in dem Film auf alte Tradition.

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Im Dialog mit Leitmayr rechnet die Geschäftsfrau im Film knallhart mit dessen Bedenken angesichts des schlicht auf optischen Reizen ausgelegten Gehabes ab: „Ihr wahnsinnig woken Großstädter. Dieser neue Moralismus. Alles ist immer gleich Sexismus und Belästigung. Wenn das so weitergeht, können meine Königinnen bald nur noch Hosen tragen und jede zweite sitzt im Rollstuhl oder muss body-positiv sein, also hässlich.“

Szene aus dem „Tatort“ mit den Kommissaren.

Die Münchner „Tatort“-Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, hinten links) und Ivo Batic (Miroslav Nemec, hinten rechts) befragen Sylvia (Veronica Ferres).

Dass selbst die bayrische Provinz 2023 nicht mehr einzig in der Tradition lebt, wird durch das Mitwirken von Schauspielerin und LGBTQIA-Aktivistin Phenix Kühnert (25) deutlich. Sie spielt die Aichacher Spargelkönigin Luise und ist die erste trans Schauspielerin im Münchner „Tatort“. Kommissar Leitmayr gerät beim Gespräch mit der trans Person mächtig ins Stottern.

„Im besten Fall können Zuschauende des ‚Tatorts‘, vielleicht auch gerade die ältere Generation oder Menschen, die in ihrem Privatleben keine Berührungspunkte mit trans Menschen haben, realisieren, dass auch wir ganz normale Menschen sind, man muss sich vor uns nicht fürchten – so primitiv das vielleicht klingen mag. Da wäre schon viel geholfen“, sagt Kühnert.

Queere Schauspielerin Phenix Kühnert wirkt im „Tatort“ mit

Drehbuchautor Robert Löhr (50) war von der Idee des Krimis begeistert. „Sex sells. Und wo Machtstrukturen und oft auch Alkohol im Spiel sind, ist die sexuelle Belästigung nicht fern. Bei meiner Recherche wurde deutlich, dass viele Königinnen Opfer von anzüglichen Sprüchen, überschrittenen Grenzen oder handfester Zudringlichkeit wurden.“

Im Sommer 2022 geriet eine Rede eines bayerischen CSU-Abgeordneten in die Schlagzeilen. Der sagte im Rahmen der Traunsteiner Rosentage zu den Königinnen, am Abend sollten sie besser nur „Bikini oder String“ tragen – dann klappe es auch mit einem „Prinzen“.