An Brandenburger Klima-Hotspot ringt Harald Lesch um Fassung„So stellt man sich die Apokalypse vor“

Harald Lesch wird beim Anblick der vertrockneten Wiese im Forst Zinna-Jüterbog-Keilberg ganz anders: „So stellt man sich die Apokalypse vor“. (Bild: ZDF/ Lars Opitz)

Harald Lesch wird beim Anblick der vertrockneten Wiese im Forst Zinna-Jüterbog-Keilberg ganz anders: „So stellt man sich die Apokalypse vor“. (Bild: ZDF/ Lars Opitz)

Der Kimawandel ist allgegenwärtig, die Folgen sind deutlich zu spüren. Und dennoch ist es „ein Thema, das kaum noch jemand hören will“. Das beklagt Harald Lesch zu Beginn seiner neuen „Terra X“-Folge „Wütendes Wetter - Warum tun wir nichts?“ - und zeigt kurz danach auf, wieso wir unbedingt wieder hinhören sollten.

9.400 Extremwetter-Ereignisse, geschätzte 800.000 Tote und 4,2 Billionen US-Dollar an Schäden. Das ist die Bilanz der letzten 30 Jahre. Und alles hängt direkt oder indirekt mit dem Klimawandel zusammen. Harald Lesch bringt es in der neuen Ausgabe einer „Terra X“-Reihe im ZDF auf den Punkt: „Es brennt an allen Ecken und Enden. Und zwar jetzt!“

Auch wenn sich der Klimawandel für einige weit entfernt anfühlen mag, die Realität sieht anders aus. Denn in Europa leben wir mitten im Brennpunkt: „Der EU-Klimadienst Kopernikus warnt: Gerade in Europa zeigen sich die Folgen besonders drastisch“, zitiert der ZDF-Wissenschaftler und betont: „Unser Kontinent hat sich zum Hotspot der Klimakatastrophe entwickelt.“

Da erscheint es umso weniger verständlich, dass die EU-Kommission erst kürzlich beschlossen hat, ihre Klimaziele wieder aufzuweichen. Harald Lesch ist sich sicher: „Wir wissen sogar, was wir tun müssten, aber wir tun viel zu wenig.“

Dabei erleben wir die Auswirkungen auch hier in Deutschland bereits hautnah mit. 2019 brach in Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern ein Waldbrand aus, der erst nach sechs Tagen unter Kontrolle gebracht werden konnte. Die Brandgefahr ist bis heute geblieben, weiß Harald Lesch. Denn auch nach dem Brand gibt es zu wenig Niederschlag, zu hohe Temperaturen und zu trockene Böden.

„Wie Leichenteile, die aus dem Boden ragen!“

Auf der munitionsbelasteten Fläche am Keilberg bei Jüterbog hat es in den vergangenen Jahren mehrfach gebrannt. (Bild: ZDF/ Lars Opitz)

Auf der munitionsbelasteten Fläche am Keilberg bei Jüterbog hat es in den vergangenen Jahren mehrfach gebrannt. (Bild: ZDF/ Lars Opitz)

Der traurige Spitzenreiter bei Waldbränden in Deutschland ist Brandenburg. Das zeigt ein Blick auf das erste Halbjahr 2025: In den ersten sechs Monaten des Jahres gab es hier bereits 600 Waldbrände. Harald Lesch läuft in der Reportage über eine Fläche am Keilberg bei Jüterbog. Hier hat es in den vergangenen Jahren mehrfach gebrannt. Lesch ist angefasst: „So stellt man sich die Apokalypse vor!“

Die am Boden liegenden Reste des Waldes vergleicht er mit „Leichenteilen, die aus dem Boden ragen!“ Das Problem sei demnach nicht nur, dass die Waldbrände immer intensiver, sondern auch immer häufiger werden. So hätten nachwachsende Pflanzen kaum eine Chance und der Wald könne sich nicht erholen. Lesch weiß: „Dann ist das die Mega-Katastrophe! Und die müssen wir unbedingt verhindern!“

Die Folgen des Klimawandels zeigen sich auch in den Meeren. Im Juni 2025 erreichten die Temperaturen im Mittelmeer einen Rekord-Wert. Harald Lesch macht klar: „Kein Kontinent hat sich so erwärmt wie Europa, in den letzten Jahren“. Und das nicht erst seit kurzer Zeit. Seit den 1980ern erhitze sich Europa doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt.

Klimatologe warnt: „Es kann jeden Treffen“

Neben der Nähe zur Arktis liege das vor allem daran, dass sich die Luftqualität immer weiter verbessert hat. Das ist zunächst eine gute Nachricht, die allerdings mit einer unerwünschten Nebenwirkung einhergeht. Früher habe über uns eine „Smog-Schicht“ gelegen, so Lesch. In dieser befinden sich weiße Schwefel-Säure-Tröpfchen, die aufgrund ihrer Farbe das Sonnenlicht zurück ins All streuen. Je besser die Luft wird, desto weniger Smog und desto weniger Tröpfchen gibt es. Die Folge: Es wird wärmer.

Tobias Grimm, Chefklimatologe bei „Munich Re“ befasst sich mit Wetter-Katastrophen und analysiert die Anzahl und Art der Vorfälle. Vor allem sogenannte „Compound-Events“, also wenn beispielsweise auf eine Hitze- und Dürre-Episode Waldbrände folgen oder nach Starkregen Überflutungen auftreten, haben besonders heftige Folgen. Doch es gibt auch regionale Unterschiede.

„Im Norden Deutschlands habe ich häufiger die Situation von Stürmen im Winter, diese Herbst- und Winterstürme“, so Grimm. Im Osten gebe es dagegen immer weniger Niederschlag und der Boden werde trockener. Im Süden Deutschlands sei das größte Problem der „Atmosphären-Mix an sehr schwüler, heißer, feuchter Luft, wo ich dann eben schwere Unwetter haben kann.“

Zusammenfassend erklärt er, es seien vor allem „die Winterstürme, die Überschwemmungen und die schweren Unwetter mit Hagel“, die zu Schäden führen. Vor allem Hagel trete immer häufiger und intensiver auf. Der Experte wird deutlich: „Es kann jeden treffen.“ (tsch)