40.000 Euro pro Soldatin und SoldatCodewort „Million“: Ukraine bietet Putins Truppen jetzt viel Geld

Ein ukrainischer Soldat patrouilliert auf einer zerstörten Brücke im Norden von Kiew am Dienstag (1. März).

Ein ukrainischer Soldat patrouilliert auf einer zerstörten Brücke im Norden von Kiew am Dienstag (1. März).

Es ist der sechste Tag, an dem der Krieg in der Ukraine tobt. Und der russische Vormarsch stockt. Heftiger Widerstand, schlechte Planung des Militärs, logistische Probleme – leidet darunter auch die Moral der vor allem jungen russischen Soldatinnen und Soldaten? Könnte ein verlockendes Angebot sie zum Aufgeben bewegen?

von Martin Gätke (mg)

Putins Truppen sind anfangs noch im Eiltempo vorangekommen, nachdem Russland am vergangenen Donnerstag ohne Kriegserklärung die Ukraine angegriffen hat. Doch der erbitterte, manchmal kreative Widerstand der Ukrainerinnen und Ukrainer sowie die offensichtlich schlechte Planung des russischen Militärs lassen die Invasion stocken.

Der russische Vormarsch auf Kiew ist nach britischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden kaum vorangekommen. Dort zeigen Satellitenbilder einen über 60 Kilometer langen Konvoi aus Militärfahrzeugen. Laut britischem und US-Verteidigungsministerium gebe es logistische Probleme. Einige Fahrzeuge mussten demnach aufgegeben werden, weil der Sprit fehlt. Vorräte gehen zur Neige. Die Moral leide.

Offensichtlich haben die russischen Kräfte damit gerechnet, das Land schnell einnehmen zu können. Doch als sie anfingen, sich festzusetzen, habe das zu zahlreichen Problemen geführt – nicht nur zu Treibstoff-Problemen, wie es in einer Einschätzung des Pentagons heißt, die „USA Today“ zitiert. Die Soldatinnen und Soldaten wurden auch leichte Ziele: Konvois wurden überfallen, Brücken zerstört, Wege wurden so abgeschnitten. In den sozialen Medien werden ausgebrannte Fahrzeuge und Tote gezeigt.

Alles zum Thema Russland

Krieg in der Ukraine: Regierung bietet Kremltruppen Geld für die Aufgabe

Es gibt wohl bereits jetzt zahlreiche Verluste: Seit Beginn des Krieges mit der Ukraine soll die russische Seite bis Dienstagvormittag einen „Verlust“ von mehr als 5700 Soldatinnen und Soldaten zu verzeichnen haben, so das Verteidigungsministerium in Kiew. Eine unabhängige Bestätigung über die Anzahl von russischen Gefallenen gibt es nicht.

Wie sehr leidet die Moral der russischen Kräfte auf Dauer darunter? Schließlich waren viele der Soldatinnen und Soldaten bereits seit Monaten an der Grenze zur Ukraine stationiert – während eines kalten Winters.

Am Montag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bereits an die russischen Soldatinnen und Soldaten appelliert, die Waffen niederzulegen. „Rettet euer Leben und geht heim“, sagte er in einer Videobotschaft. Jetzt legt seine Regierung noch einen drauf – und bietet den Kremltruppen Straffreiheit und Geld an, wenn sie sich ergeben.

Krieg in der Ukraine: 40.000 Euro für russische Soldatin oder Soldat

„Trefft eure Wahl. Kommt ohne Waffen und mit weißer Flagge heraus“, schreibt Verteidigungsminister Olexij Resnikow in der Nacht zum Dienstag bei Facebook. Das Angebot: umgerechnet 40.000 Euro für jeden, der sich ergibt und das Codewort „Million“ sagt. „Jeder, der sich weigert, ein Besatzer zu sein, bringt den Frieden näher. Für diejenigen, die den Weg des Besatzers wählen, wird es keine Gnade geben!“, mahnt Resnikow.

Ob sich ergebende Russinnen und Russen das Geld tatsächlich erhalten, ist ebenso unklar wie eine Angabe darüber, ob überhaupt jemand aus der Truppe das Angebot annimmt. Gut möglich aber, dass sich die Moral weiter verschlechtert, denn in den Städten treffen die Soldatinnen und Soldaten und auf eine durchaus gut bewaffnete und hoch motivierte Bevölkerung.

Krieg in der Ukraine: Russland setzt vermehrt auf Luftangriffe

200 russische Soldatinnen und Soldaten sollen sich bereits in ukrainischer Gefangenschaft befinden, heißt es seitens der ukrainischen Regierung. Erste Verhöre sollen darauf hindeuten, dass sie offenbar geglaubt haben, an einem Manöver teilzunehmen – überraschenderweise aber in die Ukraine geschickt worden seien.

Dieses vom ukrainischen Katastrophenschutz veröffentlichte Foto zeigt einen Blick auf das beschädigte Rathausgebäude in Charkiw am Dienstag (1. März).

Dieses vom ukrainischen Katastrophenschutz veröffentlichte Foto zeigt einen Blick auf das beschädigte Rathausgebäude in Charkiw am Dienstag (1. März).

Während die Bodentruppen kaum vorankommen, setzt Russland brutalere Taktiken ein: Luftangriffe. Vor der Nacht zu Dienstag hatte die russische Armee ukrainischen Angaben nach bereits mindestens 113 ballistische Raketen auf die Ukraine abgefeuert. Ein Wohngebiet in Charkiw wurde bombardiert, ebenso das Rathaus. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind bislang mehr als hundert Zivilisten getötet worden, nach ukrainischen Angaben bereits mehr als 350 Zivilisten.