„Heimlicher Bürgerkrieg im Vatikan“Sind die Tage von Papst Franziskus gezählt?

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Dass der angeschlagene Papst Franziskus (leidet gerade auch noch unter einer Erkältung) zurücktreten könnte, glaubt Vatikankenner Politi derzeit nicht. Der Amtsverzicht bleibe aber eine Option, „wenn die Last des Alters zu groß wird“. 

von Maternus Hilger (hil)

Vatikan – In der Katholischen Kirche rumort es. Immer mehr Gläubige und auch Geistliche fordern Reformen. Im Fokus steht vor allem Papst Franziskus (83), mit dessen Wahl sich einst große Hoffnungen auf ein Umdenken verbanden.

Doch der große Durchbruch blieb aus, von der Begeisterung über den volkstümlichen Pontifex ist nicht mehr viel zu spüren – sehr zur Freude konservativer Kreise, die mittlerweile alles versuchen, Franziskus zu diskreditieren.

Vatikaninsider spricht von einem „heimlichen Bürgerkrieg“

In seinem neuen Buch „Das Franziskus-Komplott. Der einsame Papst und sein Kampf um die Kirche“ (Herder-Verlag, 24 Euro) spricht der renommierte Vatikaninsider Marco Politi (73) von einem „heimlichen Bürgerkrieg“ in der Katholischen Kirche.

Alles zum Thema Homosexualität

„Franziskus ist umzingelt“, so die Einschätzung Politis, dessen Analyse sich wie ein fesselnder Krimi liest – mit Akteuren, die wie Mafiosi in Soutanen offen oder im Geheimen gegen Franziskus operieren. Es sind finstere Machenschaften, die der Autor ausbreitet – mit schockierenden Details über den inneren Zirkel des Vatikanstaates.

Kein „Franziskus II.“ beim nächsten Konklave

„Um den Papst kreisen die Wölfe“, weiß Politi. „Die einen wollen seinen kirchlichen Reformgeist sabotieren, die anderen das internationale Ansehen des Mannes beschädigen, den sie als Kommunisten bezeichnen, weil ihnen sein Engagement gegen Ungleichheit, räuberische Finanzwirtschaft und Umweltzerstörung und die Beharrlichkeit unerträglich ist, mit der er wieder und wieder auf das Problem der Migranten hinweist.“

Schon lange habe die Organisation von Allianzen begonnen, um einen „Franziskus II.“ beim nächsten Konklave – der Papstwahl – mit allen Mitteln zu verhindern – inklusive Namenslisten, auf wen man sich verlassen könne und auf wen eher nicht.

Der Papst weiß genau, was einige Geistliche von ihm halten

„Es gibt eine Gruppe von Priestern, die für meinen Tod betet“, verriet Franziskus einmal.

Als Gegenspieler des Papstes sieht Politi u.a. die Kardinäle Gerhard Ludwig Müller (72), Robert Sarah (74) aus Guinea und Raymond Burke (71) aus den USA. Aber es sind nicht nur hohe Würdenträger, die aufmucken.

So zitiert Politi den Mailänder Priester Don Giorgio de Capitani mit den Worten: „Der Papst geht uns mit seinen rührseligen Worten und Gesten auf den Sack.“ Ein anderer wünscht sich, „dass der Herr uns von diesem Verräter und Diktator unserer Kirche befreit. Papst Ratzinger sollte die Situation wieder in die Hand nehmen“.

Erzbischof wittert „homosexuelle Netzwerke“

Zur Anti-Franziskus-Allianz zählt auch der frühere Apostolische Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Viganò (79). Der wittert in der Kirche homosexuelle Netzwerke, wirft dem Papst Vertuschung im Umgang mit Missbrauchstätern vor und fordert dessen Rücktritt.

Dass es eine Reihe von schwulen Monsignori im Vatikan gebe, war laut Politi „für die Römer noch nie ein Geheimnis“. Die Existenz einer Art Schwulenlobby sei allerdings ein Mythos. „Fest steht jedenfalls, dass diejenigen, die die »widernatürlichen Beziehungen« öffentlich geißeln, schizophrenerweise oft selbst ein homosexuelles Leben führen.“

Wird Franziskus weiter für seine Überzeugungen kämpfen?

Eine neue Qualität der Aggressionen gegen Franziskus sieht Politi auch im Internet: „Es hat Querulanten zusammengebracht, die früher isoliert gewesen wären und nicht zueinander gefunden hätten, es hat die Missstimmung zu einer unablässigen Lawinen von Beschimpfungen gerinnen lassen, die sich über den amtierenden Papst ergießt.“

Verglichen mit diesem aggressiven Kern sei die Mobilmachung aufseiten der Befürworter von Franziskus Reformkurs eher schwach, weiß Politi. Er erwartet aber, dass dieser trotz aller Widerstände weiter für seine Überzeugungen kämpfen wird. In der „Schlussphase“ seines Pontifikats seien daher noch Überraschungen zu erwarten.

Papst Franziskus: Ärger mit dem Schattenpapst

Die meisten Gegner des Papstes wünschen sich die Zeiten zurück, als Benedikt XVI. noch im Vatikan das Sagen hatte. Auch als Rentner ist der nach seinem Rücktritt vor sieben Jahren in einem Haus in den Vatikanischen Gärten lebende Schattenpapst noch omnipräsent und erfreut seine Fangemeinde regelmäßig mit dogmatischen Speerspitzen gegen den allzu liberalen Nachfolger auf dem Stuhle Petri gleich nebenan.

An seiner Seite sein langjähriger Vertrauter Erzbischof Georg Gänswein (63), bis vor kurzem auch noch Präfekt des Päpstlichen Hauses. Doch den Job als Diener zweier Herrn ist er los. Franziskus entband ihn von der Aufgabe in seiner Nähe. Hatte er die Faxen dicke, weil er Gänswein als Drahtzieher bei den Einmischungen des alten Papstes in Verdacht hat?

Papst Benedikt XVI.: Mahnungen aus den Vatikanischen Gärten

Fest steht: Aus Benedikts Rentnerdomizil dringen nicht nur Gebete zum Himmel, sondern auch Mahnungen an die Adresse seines Nachfolgers. So in der Frage des Missbrauchsskandals.

Für Franziskus hat das Problem mit „Klerikalismus“ zu tun, ungute Autoritäts- und Machtstrukturen. Benedikt XVI. hingegen machte vor allem die sexuelle Revolution der 60er Jahre als Wurzel des Übels aus. Applaus kam prompt von seinen konservativen Anhängern.