Olaf ScholzKanzler über Schwurbler und Corona-Leugner: „Minderheit der Hasserfüllten“

Es wird das erste Mal sein, dass der neue Kanzler Olaf Scholz seine Regierungserklärung im Bundestag abgibt. Was werden wir von ihm zu erwarten haben?

Kanzler Olaf Scholz (SPD) gibt Mittwochmorgen (15. Dezember) im Bundestag seine erste Regierungserklärung ab. Ab 9 Uhr stand er am Pult, um die Leitlinien seiner vor einer Woche ins Amt gekommenen Ampelkoalition für die kommenden Jahre zu skizzieren.

Im Anschluss an seine Rede ist eine rund zweieinhalbstündige Aussprache vorgesehen, in der der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) erstmals in seiner Rolle des Oppositionsführers spricht.

Kanzler Olaf Scholz: Das sagt er in seiner Antrittsrede im Bundestag

  • Olaf Scholz begann die Regierungserklärung mit der Corona-Lage. Laut ihn werde Deutschland die Pandemie besiegen. „Ja, es wird wieder besser, ja, wir werden den Kampf gegen diese Pandemie mit der größten Entschlossenheit führen, und ja, wir werden diesen Kampf gewinnen“, sagte er in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag. Scholz betonte: „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“
  • Insbesondere die Impfungen liegen Scholz am Herzen: „Helfen Sie mit, vermeidbares Leid zu verhindern!“ Scholz sagte: „Heute hätten wir alle längst geimpft sein können. “ Bundeskanzler Olaf Scholz hat damit die Bürgerinnen und Bürger zur Impfung gegen das Coronavirus aufgerufen.
  • Bis zum Jahresende sollten 30 Millionen Dosen verimpft werden, ob als Erst-, Zweit- oder Booster-Impfung. „So kriegen wir es hin, die vierte Welle hinter uns zu lassen.“
  • Immer wieder gab es - insbesondere am Anfang - laute Zwischenrufe. Offenbar von der AfD-Fraktion.
  • Scholz weiter zu Corona: „Wir werden alles tun, was notwendig ist, es gibt da für die Bundesregierung keine roten Linien. Die Bundesregierung wird nicht einen einzigen Augenblick ruhen, und wir werden jeden nur möglichen Hebel bewegen, bis wir alle unser früheres Leben und alle unsere Freiheiten zurückbekommen haben.“
  • Gewaltbereiter Extremismus ist ebenfalls ein Punkt, auf den Scholz einging: „Eine kleine, extremistische Gemeinschaft hat sich abgewandt“. Er nennt die Leute, die mit Fackeln durch die Straßen ziehen „Minderheit der Hasserfüllten“. Unsere Gesellschaft sei nicht gespalten, denn die Mehrheit verhalte sich vernünftig und vorsichtig.
  • Die Ampel-Koalition will nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in den kommenden Jahren „ein modernes Deutschland“ schaffen. „Die Bundesregierung, die jetzt unter meiner Führung ihre Arbeit aufnimmt, wird eine Fortschrittsregierung sein“, kündigte Scholz an. Er stellte eine Regierung des sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Fortschritts in Aussicht, betonte aber vor allem den technischen Fortschritt. Nur mit ihm könne Deutschland klimaneutral werden und im globalen Wettbewerb mithalten.
  • Die „Kraft des Fortschritts“ zeige sich gerade in der Pandemie, ergänzte der Kanzler. Der in Deutschland entwickelte Corona-Impfstoff habe weltweit Millionen von Menschen das Leben gerettet. Der Impfstoff der Firma Biontech sei damit „der beste Beweis dafür, dass kluger Fortschritt, kluge Innovation und kluge Modernisierung die Welt besser machen“.
  • Scholz hat die Bürgerinnen und Bürger auf den größten Umbruch von Wirtschaft und Produktion seit 100 Jahren eingestimmt. „Hinter uns liegen 250 Jahre, in denen unser Wohlstand auf dem Verbrennen von Kohle, Öl und Gas gründete. Jetzt liegen vor uns etwa 23 Jahre, in denen wir aus den fossilen Brennstoffen aussteigen müssen und aussteigen werden“, sagte Scholz. Bis 2045 müsse Deutschland klimaneutral sein. Die Regierung sei dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet und werde zu seinem Erfolg beitragen. „Damit liegt vor uns die größte Transformation unserer Industrie und Ökonomie seit mindestens 100 Jahren.“
  • Scholz warb für „mehr Augenhöhe und weniger Herablassung“. Die Bundesregierung unter seiner Führung werde diesen Respekt in „tatkräftige Politik“ übersetzen, versprach er. Applaus für Pflegekräfte alleine reiche nicht. Es gehe um „harte materielle, soziale und ökonomische Fragen“ und darum, Missstände zu beheben. Scholz nannte etwa niedrige Löhne, prekäre Beschäftigung ohne Tarifvertrag, explodierende Mieten oder die Lebensperspektiven der Menschen auf dem Land und in Ostdeutschland.
  • Die Verkehrswende soll für die Ampel-Koalition ein „zentraler Pfeiler“ ihrer Klimapolitik werden. Bundeskanzler Olaf Scholz versicherte in seiner ersten Regierungserklärung: „Wir werden in den kommenden Jahren dafür sorgen, dass Mobilität einfacher, komfortabler und klimafreundlicher wird und dabei für alle bezahlbar bleibt.“
  • Als Schwerpunkt nannte Scholz den Ausbau des Schienenverkehrs. Man werde die Großstädte besser an den Fernverkehr anbinden, aber auch den ländlichen Raum besser anbinden und bei Bedarf auch stillgelegte Trassen reaktivieren. Zudem stellte er einen „Ausbau- und Modernisierungspakt“ für einen besseren Personennahverkehr in Aussicht. Gleichzeitig bekannte sich der neue Kanzler zum Autoverkehr: „Viele fahren gern mit dem Auto, und das soll auch so bleiben.“ Der Antrieb der Fahrzeuge müsse allerdings klimafreundlich werden. Bis 2030 peile er deshalb 15 Millionen Elektroautos auf den deutschen Straßen an.

Es ist üblich, dass ein neuer Bundeskanzler eine Art Antrittsregierungserklärung hält und dabei das Regierungsprogamm vorstellt. Bei Scholz dürfte sie dem Motto des rot-grün-gelben Koalitionsvertrages folgen, das „Mehr Fortschritt wagen“ lautet. Brinkhaus hat bereits erklärt, dass er diesen Fortschritt im Koalitionsvertrag nicht erkennen könne.

SPD, Grüne und FDP hatten Anfang Dezember 2021 – rund zehn Wochen nach der Bundestagswahl - den 177 Seiten starken Koalitionsvertrag unterzeichnet. Vor einer Woche war Scholz vom Bundestag zum neunten Kanzler der Bundesrepublik gewählt worden. (dpa/mg)