Sabotage in DeutschlandAgenten-Bosse warnen: Es gibt eine noch größere Bedrohung als Putin-Russland

Das Nord Stream 1-Gasleck in der Ostsee, fotografiert aus einem Flugzeug der schwedischen Küstenwache. An den Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee gibt es insgesamt vier statt wie bisher bekannt drei Lecks. (zu dpa «Schwedische Behörde: Insgesamt vier Lecks in Nord-Stream-Leitungen») +++ dpa-Bildfunk +++

Das Gasleck bei Nord Stream 1 soll durch Sabotage verursacht worden sein. Der Verdacht wurde durch eine schwedische Drohne nun erhärtet.

Deutschland bleibt im Visier von internationalen Agenten für Sabotage und Spionage. Davor warnten die Spitzenkräfte der Geheimdienste im Deutschen Bundestag. Neben Russland gehe die Gefahr vor allem von einer aufstrebenden Großmacht aus.

von Alexander Haubrichs (ach)

Explosionen und Beschädigungen an den Nord-Stream-Pipelines am 27. September 2022, Sabotage an den Bahnstrecken – was lange nur graue Theorie war, wird nun bittere Realität: Deutschland muss mit feindlichen Aktionen von Staaten wie Russland rechnen und es wird klar, dass wir schon verwundbar sind.

Deshalb mahnten Deutschlands Agenten-Bosse, Bruno Kahl (60) als Vorsitzender des Bundesnachrichtendienstes (BND) und Thomas Haldenwang (62) als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) in der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums Politik und Wirtschaft zur Vorsicht, haben aber längst einen neuen Hauptgegner ausgemacht: China!

Bedrohung durch Russland für kritische Infrastruktur

Dabei ist die Bedrohung durch Russland greifbarer: Immer wieder hat es Hackerangriffe von Putins Geheimdiensten gegeben, auch auf den Deutschen Bundestag, niemand weiß, wo in unserer kritischen Infrastruktur Trojaner schlummern, mit denen etwa Energie- oder Wasserversorgung lahmgelegt werden könnten.

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Doch China mit seiner Hochtechnologie könnte noch einmal gefährlicher sein. Die zunehmenden Spannungen zwischen der Wirtschaftsgroßmacht aus Asien und dem Westen, insbesondere den USA, veranlassten die Präsidenten von Bundesverfassungsgericht und Bundesnachrichtendienst nun dazu, Alarm zu schlagen. Man habe sich wie im Energiesektor mit Russland in eine „schmerzhafte Abhängigkeit“ begeben. Das gelte aber auch für China, einer Macht, die „auf einmal nicht mehr so wohlgesonnen scheint“, wie BND-Boss Bruno Kahl betonte und im Bericht über die Sitzung nachzulesen ist.

„Wenn Russland der Sturm ist, dann ist China der Klimawandel.“ Dieses drastische Bild benutzte BfV-Präsident Thomas Haldenwang, als er vor China warnte, von dem „auf Dauer die weit erheblichere Bedrohung deutscher Sicherheitsinteressen ausgehe“. Gerade die Arbeit der Wissenschaft sei noch von viel „Naivität und Vertrauen“ geprägt. Immerhin sei es gelungen, dass die Industrie die wachsende Gefahr durch Spionage und dergleichen ernst nehme.

BND: Politik lange vor Russland gewarnt

Doch solange der Ukraine-Krieg dauert, bleibt der Fokus vor allem auf Russland, dessen Spionageaktivitäten weiter zunehmen und das wie beim Tiergarten-Mord 2019 ja selbst vor brutalen Attacken nicht zurückschrecken. Die Geheimdienste hätten seit Jahren vor der Gefahr aus Russland gewarnt. „Doch die Hoffnung von Politik und Öffentlichkeit auf eine positive Wendung, die ist einfach da“, sagte Kahl.

Das war ein Irrglaube. Russland werde weiter alles tun, um die westlichen Demokratien zu zersetzen. Vor allem durch Desinformations- und Einflusskampagnen sowie „von russischen Stellen verbreitete prorussische Narrative“.

Dabei setzt das Putin-Regime auf die Hilfe prorussischer „Influencer“ und „aktiver Politiker mit besonderer Russland-Nähe, die zum Teil im Deutschen Bundestag russische Propaganda verbreiten – aus tiefer Überzeugung oder weil's dafür Geld gibt“, sagte Haldenwang.

Die Bedrohung der Demokratie von innen durch rechte Extremisten wie von außen durch China und Russland werden nicht kleiner – nach Putins Angriffskrieg auf die Ukraine sollten das auch die deutschen Politiker verstanden haben und im Zusammenspiel mit China nicht die gleichen Fehler noch einmal begehen.