Ein 18-Jähriger radelt in den Iran, preist Land und Leute – und wird festgenommen. Eine Iran-Expertin kritisiert den Leichtsinn und seine Folgen.
Festnahme im IranExpertin fassungslos über deutsch-französischen Radler (18)

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Lennart Monterlos, hier auf einem Screenshot von Instagram zu sehen, wurde im Iran festgenommen.
Mehr als drei Wochen nach dem Verschwinden des jungen Deutsch-Franzosen Lennart Monterlos im Iran herrscht seit Donnerstag (10. Juli) Klarheit: Der 18-Jährige wurde in dem islamistischen Land festgenommen. Das bestätigte der iranische Außenminister Abbas Araghtchi in einem Interview mit „Le Monde“.
Monterlos wird demnach eine Straftat zur Last gelegt. Um welches Vergehen es sich handelt, wurde nicht bekannt gegeben. Die französische Botschaft wurde offiziell über den Vorfall informiert, auch das Auswärtige Amt bestätigte die Festnahme des jungen Fahrrad-Touristen.
Der französische Premierminister Francois Bayrou forderte Teheran auf, Monterlos und zwei weitere französische Staatsbürger, die im Iran inhaftiert sind, freizulassen.
Er appellierte mit Blick auf den 18-Jährigen an den Iran, „die Unschuldigen nicht zu verfolgen, die sich manchmal der Risiken, denen sie ausgesetzt sind, nicht bewusst sind.“ Der Iran hält darüber hinaus Cécile Kohler (40) und Jacques Paris (72) bereits seit 2022 fest und wirft ihnen Spionage für Israel vor.
Iran-Reise: War Lennart Monterlos leichtsinnig?
Monterlos war mit dem Fahrrad in Besançon im Osten Frankreichs zu einer Tour durch Asien bis nach Japan aufgebrochen. Er plante, in 400 Tagen 35 Länder zu bereisen und 35.000 Kilometer zurückzulegen. Auf einer Crowdfunding-Plattform sammelte er Spenden für sein Projekt, das ihn aus seiner „Komfortzone“ herausführen sollte. Zudem wollte er durch seine Aktion den Blick auf Umweltprobleme lenken. Am 16. Juni hatten seine Angehörigen zum letzten Mal Kontakt zu ihm, zu diesem Zeitpunkt befand er sich schon länger im Iran.
Zuvor hatte der Schüler begeisterte Videos auch aus dem Iran über seinen Instagram-Account, der inzwischen gelöscht wurde, hochgeladen. Die Natur sei einzigartig, und auch seine Begegnungen mit der Bevölkerung sehr freundlich. Monterlos hatte sich sogar über die Warnungen aus seiner Heimat vor einer Iranreise etwas lustig gemacht. „Gut, das ist nicht gerade die Côte d’Azur, aber ...“, hieß es Berichten zufolge in einem Beitrag.
Ausländer werden vom Iran als Faustpfand festgenommen
Das französische Außenministerium warnt ebenso wie das Auswärtige Amt eindringlich vor Reisen in den Iran. Es bestehe „die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden. [...] In jüngster Vergangenheit kam es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger“, heißt es auf der Website des deutschen Ministeriums.
Die Ausländer werden dann als eine Art Faustpfand von der iranischen Regierung eingesetzt, um ihre politische Position gegenüber dem Westen zu stärken.
Iranische Oppositionsgruppen und Iran-Experten kritisieren das Verhalten von Touristen, die leichtsinnig in das Land reisen. Sie brächten nicht nur sich selber in Gefahr, sondern behinderten auch den Widerstand gegen das Mullah-Regime. Jede Geisel sei aus Sicht der iranischen Regimegegner ein Hindernis für den Befreiungskampf gegen die Diktatur, hatte die Gruppe „Association Femme Azadi“ geschrieben.
Auch seitdem klar ist, dass Lennart Monterlos tatsächlich in Gefangenschaft geriet, äußern sich Experten kritisch. Die franko-iranische Politologin und Autorin Mahnaz Shirali zeigte sich in einem Interview mit dem Sender „France Info“ geradezu fassungslos über den Fall.
Zum einem kritisierte sie, dass die Warnungen der französischen Regierung viel klarer und eindrücklicher hätten ausfallen müssen. Sie verstehe nicht, warum es Franzosen möglich sei, einfach ihr Rad zu nehmen und in den Iran zu reisen. Jeder wisse, dass es sich um ein terroristisches Regime handle. Es töte seine eigenen Bürgerinnen und Bürger und verbreite auch im Ausland Schrecken.
Expertin: Man macht keine Sightseeing-Tour in den Iran
Der Iran sei erst recht kein Reiseziel für junge Menschen. Man nehme nicht einfach sein Rad und mache eine Sightseeing-Tour („balade touristique“) in den Iran, sagt Shirali sichtlich erregt. Parallel zum Interview mit der Politologin blendet der Sender Ausschnitte aus den malerischen Iran-Videos von Monterlos ein, die dieser bei Instagram veröffentlichte. Shirali befürchtet, dass es noch mehr Touristen gebe, die in den Iran reisen wollten.
Im Gegensatz zum Schicksal der Ausländer im Iran wisse man wenig über die unzähligen Iranerinnen und Iraner, die in den Gefängnissen des Mullah-Regimes sitzen oder getötet werden, sagt die 60-Jährige, die bereits zahlreiche Bücher über ihr Geburtsland publizierte. (red)