Schock für Verbraucherinnen und VerbraucherGas-Preis steigt um fast 1000 Prozent – neue Warnung

Großer Schock für Verbraucherinnen und Verbraucher: Gas wird noch teurer. Allein heute stieg der Preis auf rund 280 Euro je Megawattstunde – ein Plus von rund 1000 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wirtschaftsminister Habeck, hier am 16. August in Berlin, will Deutschland von russischem Gas unabhängig machen.

Großer Schock für Verbraucherinnen und Verbraucher: Gas wird noch teurer. Allein heute stieg der Preis auf rund 280 Euro je Megawattstunde – ein Plus von rund 1000 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wirtschaftsminister Habeck, hier am 16. August in Berlin, will Deutschland von russischem Gas unabhängig machen.

Deutschland will sich von russischem Gas unabhängig machen, vier Energiekonzerne sollen die LNG-Anlandestellen in Brunsbüttel und Wilhelmshaven bis ins Frühjahr 2024 auslasten. Doch schon jetzt ist klar: Die Preise dürften im Winter extrem werden.

Nachdem Gazprom erneut eine Abschaltung von Nord Stream 1 für drei Tage angekündigt hat, haben die Gaspreise im Großhandel einen neuen Rekord erreicht: Anfang der Woche kostete eine Megawattstunde für die im europäischen Großhandel maßgebliche Sorte Dutch TTF satte 282 Euro, das sind 17 Prozent mehr als am Freitag. Und rund das Zehnfache dessen, was im August 2021 dafür fällig wurde: Im vergangenen Jahr waren es noch 26 Euro.

„Dieser Winter wird mit Sicherheit der teuerste aller Zeiten werden“, sagt Thorsten Storck vom Vergleichsportal Verivox gegenüber „agrarheute“. „Mit der neuen Umlage verteuert sich Gas weiter. Viele Haushalte werden dadurch massive finanzielle Probleme bekommen“

Auch die derzeit niedrigen Pegelstände vieler Flüsse dürften hier eine Rolle spielen: Für Unternehmen wird es dadurch schwerer, Kohle und Diesel per Binnenschiff zu transportieren, weshalb sie vermehrt auf Erdgas als Brennstoff zurückgreifen müssen. Das wiederum lässt den Preis im Großhandel zusätzlich klettern. 

Gaskrise in Deutschland: Nord Stream 1 steht erneut still

Seit Wochen fließt durch Nord Stream 1 ein Fünftel so viel Gas wie eigentlich könnte, in der vergangenen Woche dann teilte Gazprom mit, die Ostseepipeline werde für drei Tage stillstehen – man nannte abermals die Wartung einer Turbine als Vorwand. Ende August soll es losgehen. 

Doch der Markt ist längst angespannt, die Angst geht um, Russland könnte die Lieferungen komplett einstellen. Ökonominnen und Ökonomen zufolge würde das Ende der Gasexporte eine tiefe Rezession in der Eurozone in diesem Winter bedeuten. 

Die Gasspeicher in Deutschland sind zwar bereits zu mehr als drei Vierteln gefüllt – der Chef der Bundesnetzagentur sieht damit die Versorgung aber noch nicht gewährleistet.

Gaskrise in Deutschland: Netzagentur rechnet mit regionalem Gasmangel

Man könne sich nicht allein auf die Gasspeicher verlassen, mahnt der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Er warnt vor regionalen Engpässen. Um gut durch den Winter zu kommen, brauche es neben dem gespeicherten Gas sowohl weitere Einsparungen, als auch Gas aus zusätzlichen Quellen, erklärte er im ZDF

Währenddessen will die Regierung sich unabhängig von russischen Lieferungen machen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zusammen mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für drei Tage nach Kanada gereist, um die Wirtschaftsbeziehungen zu stärken. Im Fokus dabei: Energie- und Rohstofflieferungen nach Deutschland. Besonders interessiert ist die Regierung an grünem Wasserstoff aus Kanada.

Eine „Wasserstoff-Vereinbarung“ soll dabei helfen, die Produktion und den Aufbau von Lieferwegen nach Europa voranzutreiben. Gleichzeitig könnte Flüssiggas (LNG) aus dem Land ausfallende russische Lieferungen ersetzen. Allerdings ist mehr LNG aus Kanada kurzfristig noch nicht zu erwarten, weil die Infrastruktur dafür noch fehlt.

Gaskrise in Deutschland: Habeck treibt LNG-Planungen voran

Habeck treibt seit längerem die Planungen für deutsche LNG-Terminals voran, zum Jahreswechsel soll importiertes Flüssiggas an schwimmenden Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel anlanden. Der Wirtschaftsminister unterzeichnete am vergangenen Dienstag eine Absichtserklärung mit Energieunternehmen, damit die LNG-Schiffe bis zum März 2024 „vollausgelastet“ Gas zur Verfügung gestellt bekommen.

Doch wie viel LNG braucht Deutschland, werden die Terminals reichen? Die Branche zweifelt daran. „Wir brauchen mindestens drei, vielleicht sogar sechs Anlagen, um die Lücke zu schließen“, rechnet Timm Kehler als Vorstandschef des Industrieverbands Zukunft Gas gegenüber RND vor.

Habeck jedoch betont, dass die vier Unternehmen Lieferverträge mit Gasproduzenten aus 20 Ländern abgeschlossen hätten – mit einem Volumen, das bis zum Zehnfachen die Kapazität der Pipeline Nord Stream 1 übersteige. Zu den Perspektiven für den Winter sagte er: „Ich sehe Fortschritte.“ 

Kritik an den Plänen kommt auch von Umweltverbänden, allen voran von der Deutschen Umwelthilfe (DUH): Sie geht gegen eine geplante Pipeline vom Brunsbütteler Terminal vor und klagt gegen den vorzeitigen Baubeginn in Wilhelmshaven. Die DUH befürchtet, der Klimaschutz werde durch die neuerlichen Pläne ausgebremst und bemängelte, aus den Planungsakten gehe nicht klar hervor, ob das Projekt „ob die Infrastruktur für Jahrzehnte zu einer neuen Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen führen wird“. (mg)