Neue Steuer?Preise für Fleisch könnten sich drastisch ändern – doch nicht nur dafür

Fleischtheke

Die Fleischtheke eines Leipziger Supermarktes. Fleisch könnte in Deutschland bald deutlich teurer werden, die Politik diskutiert eine Tierwohlabgabe.

von Sebastian Oldenborg (so)

Berlin – Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) dringt auf grundlegende Veränderungen im Fleischmarkt, um den ständigen Preiskampf und problematische Bedingungen zu unterbinden.

„Es wird keine zweite Chance geben für die gesamte Branche“, sagte Klöckner nach einem Treffen mit Branchen- und Verbandsvertretern am Freitag in Düsseldorf. Die Corona-Krise mit dem großen Infektionsausbruch beim Fleischproduzenten Tönnies sei wie ein Brennglas für das, was falsch laufe. „Das, was wir heute behandelt haben, war keine Tönnies-Frage, sondern eine System-Frage.“

Julia-Klöckner

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner kommt am 26. Juni 2020 zu einer Pressekonferenz nach ihrem Fleisch-Gipfel.

Fleisch könnte teurer werden: Politik will Preisaufschlag diskutieren

Klöckner kündigte an, Gesetzesverschärfungen zur Preisgestaltung und Lebensmittelwerbung mit Lockpreisen zu prüfen. „Wenn für 100 Gramm Hähnchen 17 Cent verlangt werden, dann kann da kein Tierwohl und dann kann da auch kein Menschenwohl drin stecken.“

Zu dem Treffen hatten Klöckner, ihre nordrhein-westfälische Kollegin Ursula Heinen-Esser (CDU) und Niedersachsens Ressortchefin Barbara Otte-Kinast (CDU) eingeladen. Daran nahmen Vertreter von Tierhaltern, Schlachtbranche, Handel, Tier- und Verbraucherschützer teil.

Alle drei Ministerinnen betonten, man müsse „die ganze Kette“ in den Blick nehmen, wenn man etwas verändern wolle. Landwirte müssten Ställe umbauen, damit Tiere mehr Platz hätten, auch darüber besteht Einigkeit. Doch wo soll das Geld dafür herkommen?

Klöckner sprach sich zuletzt für eine Tierwohlabgabe aus, die eine Expertenkommission vorgeschlagen hatte. Denkbar wären über eine Verbrauchsteuer Aufschläge von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch und Wurst, 2 Cent pro Kilo für Milch und Frischmilchprodukte.

Darüber nun wolle sie mit den Partei- und Fraktionsspitzen im Bundestag sprechen, kündigte Klöckner an. Dazu sei ein übergreifender Konsens nötig. Zudem warb Klöckner erneut für ein freiwilliges Tierwohl-Logo für Fleisch aus besserer Haltung.

Kritik an Fleisch-Gipfel von Julia Klöckner

Tierschützer und Opposition kritisierten die Ankündigungen als wenig konkret, nicht weitgehend genug und sind skeptisch, ob den Worten auch Taten folgen werden. 

Greenpeace-Billigfleisch

Greenpeace demonstrierte am Freitag am Rande des Branchengesprächs von Ernährungsministerin Julia Klöckner für eine bessere Tierhaltung.

Kritiker von Grünen und Deutschem Gewerkschaftsbund nannten das Treffen schon im Vorfeld eine „Show-Veranstaltung“. Anja Piel aus dem DGB-Vorstand kritisierte etwa, dass Beschäftigten-Vertreter erst „in letzter Minute“ eingeladen worden seien und eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen offenbar nicht im Vordergrund stehen sollte.

Mit Blick auf die Schließung des Tönnies-Werks wegen des Corona-Ausbruchs sagte Heinen-Esser, für eine Zeit von etwa 14 Tagen sei eine solche Situation für Schweinehalter aufzufangen. Sollte es länger dauern oder erneut Probleme in Schlachthöfen wegen der Corona-Krise geben, sei Flexibilität nötig. (dpa, so)