Deutsche BundeswehrEinsatzbereit? Eher nicht!

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Beim Schützenpanzer „Puma“ sind die Kosten explodiert und die Auslieferung verzögert sich. Die ausschließlich elektronische Bedienbarkeit hat Tücken und Grenadiere über 1,84 Meter Körpergröße haben ein Problem. 

von Stefan Schultz (stz)

Berlin – Viel Lob gibt es für die Bundeswehr in Zeiten der Corona-Pandemie – die Truppe hilft, wo es nur möglich ist. Das sind die guten Nachrichten. Doch wo steht unsere Armee?

  • Massive Mängel bei der Bundeswehr
  • Psyche der Soldaten leidet
  • Truppe wird immer älter

Dass bei der Bundeswehr vieles im Argen liegt, beschreibt Constantin Wißmann in seinem Buch „Bedingt einsatzbereit“. Darin erklärt der Journalist, wie aus der Bundeswehr – aus seiner Sicht – eine „Schrottarmee“ wurde.

Für ihn ist die Truppe in einem katastrophalen Zustand und somit für unsere internationalen Partner zur Lachnummer geworden. Verkürzt stellt er das Bild dar, dass vier von zehn Panzern nicht nutzbar seien, jeder dritte Kampfjet am Boden bleiben muss.

Deutsche Bundeswehr: Psyche der Soldaten leidet

Dabei hat Wißmann bei seinen Recherchen einen enorm hohen „Frustfaktor“ festgestellt, sagt er im Gespräch mit dem EXPRESS. Die Streitkräfte gehen in die zahlreichen Einsätze mit dem schlimmsten Gefühl, das ein Soldat haben kann: nicht ausreichend ausgestattet zu sein. Für Wißmann ein Skandal.

Bundeswehr: Das Identitätsproblem

Dabei wirft er aber nicht nur einen Blick auf Personal und Material – er geht dabei natürlich auch auf die Psyche der Bundeswehr ein. Als Bollwerk an der innerdeutschen Grenze gegen den Kommunismus gegründet, hatte die Truppe immer eine konkrete Bedrohung. Zur Zeit des Kalten Krieges war sie eine „State oft the Art“- Armee, doch plötzlich sind wir im Kongo – und keine reine Verteidigungsarmee mehr.

Und die Konfliktherde sind überall auf der Welt, und überall unterschiedlich. Wißmann: „Da sieht man ein Identitätsproblem.“ Und die Materialsorgen stellen Soldaten vor eine ernsthafte Frage: Kann ich einer Bedrohung überhaupt ernsthaft etwas entgegensetzen?

Personalmangel bei der Bundeswehr

Auch der vor Kurzem vorgestellte Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Bundestages zeichnet ein ganz düsteres Bild. Obwohl Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (58, CDU) – im Gegensatz zu ihren Vorgängern – stattlich Geld zur Verfügung hat, sieht die Wehrbeauftragte Eva Högl (52, SPD) viele Defizite.

Es mangelt an Personal, es mangelt an Material – und wenn das doch kommt, dann erst Jahre zu spät. Die Truppe ist deutlich zu alt – und dass Frauen seit gut 20 Jahren in der Truppe dienen dürfen, zeigt sich in der Praxis aber immer noch mit nur rund neun Prozent (so hoch ist der Frauenanteil). Nur im militärischen Gesundheitswesen liegt die Zahl höher.

Deutsche Bundeswehr hat Beschaffungsprobleme

So hat Högl als „Anwältin der Soldaten“ eine ziemlich lange Mängelliste: Nehmen wir den Transporthubschrauber „CH 53“ – seit mehr als 40 Jahren ist das Gerät im Dienst, seit 20 Jahren soll ein neues Modell her. Aber welches? Ein Vergabeverfahren wurde erstmal wieder gestoppt.

Die Ministerin will mehr Verantwortung in NATO und EU übernehmen, doch für Einsätze in Afrika oder am Hindukusch braucht man nun mal einen tauglichen Transporthubschrauber. Nicht erst Högl ist das aufgefallen.

Der Bundeswehr fehlt Material

Schon ihre Vorgänger hatten immer wieder mit fehlendem Material zu kämpfen. Und dabei sprechen wir nicht immer nur von Großgerät. Es fängt schon bei der persönlichen Ausstattung der Soldaten an. Wie kann es z.B. sein, dass Marine-Soldaten im Jahr 2019 nach Kälteschutzanzügen bei Außeneinsätzen fragen – und sie bekommen als Antwort vom Beschaffungsamt, dass dies vielleicht noch 2022 möglich sei? Da ist dann auch Högl fassungslos.

Das Beschaffungswesen der Bundeswehr war, ist und bleibt ein unbeweglicher Tanker: lahm, unbeweglich, hochgradig bürokratisch. „Der enorme politische Anspruch widerspricht der Lebenswirklichkeit mit Blick auf die Mängel“ sagt auch André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbandes – das ist die Soldatenvertretung.

Deutsche Bundeswehr: Truppe wird immer älter

Eine andere Sorge ist die Altersstruktur der Truppe. Sie wird immer älter – nach Abschaffung der Wehrpflicht liegt das Durchschnittsalter der Zeit- und Berufssoldaten inzwischen bei gut 33 Jahren – Tendenz steigend. Diese Entwicklung sei „mit Blick auf die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte wenig zweckdienlich“, schreibt die neue Wehrbeauftragte in ihrem ersten Jahresbericht.

Hinzu kommt ein eklatanter Personalmangel. In den höheren Laufbahnen sind 20000 Dienststellen unbesetzt – jede fünfte Fachkraft fehlt. Um das Problem zu minimieren versucht man, Kräfte zu halten – doch dadurch wird die Armee auch nicht jünger.