Christian LindnerHeftige Vorwürfe – verliert er jetzt seine Immunität?

Bundesfinanzminister Christian Lindner bei einer Pressekonferenz im Dezember 2022.

Nachdenkliches Gesicht: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei einer Pressekonferenz im Dezember 2022.

Ein privater Millionenkredit könnte dem Bundesfinanzminister zum Verhängnis werden. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, prüft die Staatsanwaltschaft die Aufhebung von Christian Lindners Abgeordneten-Immunität.

Dieser Fall sorgte schon im Oktober 2022 für Schlagzeilen. Christian Lindner (44) geriet wegen eines privaten Millionenkredits für einen Immobilienkauf in Erklärungsnot.  

Wie der „Tagesspiegel“ am Sonntag (8. Januar 2023) berichtete, prüfe die Korruptionsabteilung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft derzeit die Aufhebung von Lindners Immunität als Abgeordneter, um förmlich ermitteln zu können.

Christian Lindner: Korruption durch Kredit?

Lindner soll demnach bei einem dienstlich erstellten Minister-Grußwort für eine Privatkundenbank offenbar verschwiegen haben, dass er bei dem Institut einen Kredit für seinen privaten Hauskauf aufgenommen hatte. 

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Der Hintergrund: Einem Bericht des „Spiegel“ aus dem Oktober 2022 zufolge soll der FDP-Politiker Anfang 2021 ein Zweifamilienhaus in Berlin gekauft haben. 1,65 Millionen Euro soll das Haus gekostet haben. Die Finanzierung soll über die BBBank gelaufen sein. So weit eigentlich alles völlig unkritisch. Doch die Recherche zu den genaueren Hintergründen warf Fragen auf. 

Christian Lindner soll für eben jene BBBank, welche ihm den Millionen-Kredit gewährte, zuvor mehrere Vorträge gehalten und natürlich auch ein stattliches Honorar kassiert haben. Ein Teil der Kredite soll im Juli 2022 erst geflossen sein, nachdem Lindner im Mai 2022 ein Grußwort zum 100-jährigen Bestehen der Bank zugesagt und als Videoansprache hatte produzieren lassen. Zu diesem Zeitpunkt war Lindner schon als Bundesfinanzminister im Amt.

Christian Lindner ließ zu dem „Spiegel“-Bericht im Oktober über seinen Anwalt verlauten, dass die Kreditvergabe „zu absolut marktüblichen Konditionen“ erfolgt sei. Alle gesetzlichen Regeln seien „vollumfänglich“ beachtet worden. Auch die BBBank äußerte sich damals wie folgt: Man beachte selbstverständlich „die geltenden rechtlichen Anforderungen“ und dieselben Kreditvergaberichtlinien für alle Kunden.

Christian Lindner äußert sich zu Millionenkredit durch Anwalt

Ob die neuen Entwicklungen den Fall bei der Berliner Staatsanwaltschaft in ein anderes Licht rücken, ist noch unklar. Ein Sprecher betonte gegenüber dem „Tagesspiegel“, die Prüfung der Immunitäts-Aufhebung sei „in solchen Fällen üblich und ohne dass damit schon eine Aussage über das Vorliegen eines Anfangsverdachts getroffen wird“. Eine Entscheidung werde zeitnah erwartet.

Wie der „Tagesspiegel“ ausführte, könnte Lindners Handeln strafbar sein, falls die zweite Kreditvergabe mit dem dienstlichen Grußwort in Zusammenhang steht. Dies sei eine Frage der näheren Umstände. Weder Lindner noch das Ministerium wollten sich demnach dazu äußern, ob der Finanzminister im Zusammenhang mit dem dienstlichen Grußwort innerhalb der Behörde transparent gemacht hat, dass er eine private Geschäftsbeziehung zu der Bank unterhält.

Lindner bestritt auf „Tagesspiegel“-Anfrage, dass es eine Verbindung zwischen seiner Immobilienfinanzierung und dem Grußwort gebe. Es habe aus seiner Sicht zudem keine Pflicht bestanden, die private Geschäftsverbindung zur BBBank im Ministerium offenzulegen.

Lindner teilte demnach über seinen Anwalt mit, es entbehre jeglicher Grundlage, dass „Dinge verheimlicht“ worden seien, da es diesbezüglich keine Offenlegungspflicht gegeben habe. Die Frage der Heimlichkeit kann allerdings eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, ob eine strafbare Vorteilsannahme vorliegt.

Lindners Anwalt teilte am Sonntag mit: „Seine private Immobilienfinanzierung hat Herr Lindner lange vor der Übernahme seines Ministeramtes begonnen. Alle Konditionen waren stets marktüblich. Die Gewährung eines kurzen Grußworts zu Jubiläen wie dem hundertjährigen Bestehen einer Bank gehört zur regulären Amtsführung eines Ministers.“ Zwischen den beiden Vorgängen - dem Grußwort und der privaten Immobilienfinanzierung - bestehe kein Zusammenhang. Lindner sehe „die heutige Berichterstattung mit Gelassenheit“.

Da bislang weder förmliche Ermittlungen noch ein Strafverfahren gegen Christian Lindner eingeleitet wurden, gilt für ihn selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Wie sich der Fall weiterentwickelt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

Anmerkung der Redaktion: Nach Berichten über Vorwürfe gegen Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Zusammenhang mit einem Immobilienkredit sieht die Berliner Staatsanwaltschaft „keinen Anfangsverdacht strafbaren Verhaltens“. Mit dieser Feststellung habe die Abteilung für Korruptionsbekämpfung am Donnerstag einen Prüfvorgang geschlossen, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag mit. Die Prüfung habe „weder einen - ohnehin fernliegenden - Anfangsverdacht wegen Abgeordnetenbestechung (...) noch wegen Vorteilsannahme“ ergeben, erklärte die Staatsanwaltschaft. Es habe auch keine Hinweise gegeben, dass an den Kredit Erwartungen an künftige oder die Honorierung früherer Entscheidungen geknüpft gewesen seien, auch nicht mit Blick auf die „Schaffung eines generellen Wohlwollens“. (mac/dpa)