„Alternative für Russland“?Es wird immer deutlicher: Wer die AfD wählt, wählt Putin

Das Parteilogo ist beim AfD-Bundesparteitag im Juli 2023 in der Magdeburger Messe zu sehen.

Das Parteilogo ist beim AfD-Bundesparteitag im Juli 2023 in der Magdeburger Messe zu sehen.

Die AfD befindet sich aktuell auf einem Umfrage-Hoch, vor allen Dingen im Osten könnte die Partei in drei Bundesländern Wahlen gewinnen. Doch was dann? Eine neue Recherche zeigt: Die Partei hat sich im Lauf des vergangenen Jahrzehnts zunehmend nach Russland orientiert.

von Martin Gätke  (mg)

Die AfD und Moskau, das sind längst treue Verbündete. Daran hat auch der brutale Angriffskrieg Putins nichts geändert. Wenn es zum Beispiel um die NATO-Osterweiterung, die Annexion der Krym, das Ende der EU-Sanktionen geht, dann ist sich die Alternative für Deutschland mit Russland einig. Während sie mit dieser Position im Bundestag weitgehend isoliert ist, scheint sie damit bei vielen Wählerinnen und Wählern zu punkten.

Denn selbst im Wahlprogramm der AfD finde sich kaum noch ein Bezug zum Westen oder zur NATO, hat eine neue Recherche des spendenfinanzierten Mediums „Correctiv“ herausgefunden. Demnach zeige das Gebaren der Partei im Bundestag, wie sehr die AfD bereits zur „Alternative für Russland“ geworden sei.

AfD übernimmt politische Kampfbegriffe aus Russland

Als ein Beispiel nennt „Correctiv“ die Kampfbegriffe russischer Nationalistinnen und Nationalisten, die immer mehr Eingang in die programmatischen Texte der AfD gefunden haben: Bayern etwa wird in „Eurasien“ verortet, ein politischer Kampfbegriff, der von russischer Seite kommt. Er bilde ein Gegengewicht zur angeblichen Hegemonie der USA.

Auch der Leitantrag für die Euro-Wahlen 2024 sei stark antiwestlich geprägt: Die AfD will die EU überwinden, fordert, dass Deutschland einen Beobachtungsstatus in der „Shanghai Organisation für Zusammenarbeit“ anstrebt. Ein Club, der von den autokratischen Regimen Russland und China beherrscht wird.

Man wolle mit der „Eurasischen Wirtschaftsunion“ zusammenarbeiten, und damit in die Gemeinschaft von Russland, Armenien, Kasachstan, Belarus und Kirgistan eintreten. Auch die „multipolare Weltordnung“ schaffte es ins Programm. Das Wort „NATO“ ist dort hingegen nicht zu lesen.

AfD: 2014 hat sich die Partei noch klar zur NATO bekannt

Interessant: Im Wahlprogramm der AfD zur Europawahl 2014 stand noch ein klares Bekenntnis zum Verteidigungsbündnis: „Die NATO ist und bleibt die Klammer einer transatlantischen Sicherheitsarchitektur, deren entscheidender Anker das Bündnis mit den USA ist. (…) Die AfD bejaht die gemeinsame Verfolgung europäischer Interessen und damit eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU“, hieß es da noch.

„Correctiv“-Autor Marcus Bensmann analysiert, dass ein derartiger außenpolitischer Wandel einer Partei in der deutschen Parteiengeschichte einmalig sei. „Noch nie hat sich in der Bundesrepublik eine Partei, die sich selbst bis heute als bürgerlich beschreibt, aus der Westbindung gelöst und sich außenpolitisch nach Moskau ausgerichtet“, heißt es in dem Bericht.

AfD richtet sich immer mehr in Richtung Moskau aus

Zwar war vor Putins Krieg in der Ukraine auch bei anderen Parteien die Annäherung an Russland ein Ziel. Doch nach dem Beginn der Invasion seien sich die Unionsparteien, die SPD, Grüne und die FDP einig darin, die Ukraine zu unterstützen und Russland zu isolieren.

Die AfD aber machte diesen Richtungswechsel nicht mit, sondern machte genau das Gegenteil: Die Annäherung an Russland wurde verstärkt. Selbst andere rechte Parteien, etwa in Finnland, Schweden oder Italien, haben sich auf die Seite der Ukraine gestellt.

Die systematische Hinwendung nach Russland zeige sich nicht nur in Programmen, Anträgen oder Reden im Bundestag, sondern auch besonders auffällig an den Reisen von AfD-Abgeordneten nach Russland, auch, selbst nach dem russischen Überfall. Und an Reden und Äußerungen in den sozialen Netzwerken.

AfD: Prorussische Reden und Beiträge

Einer der Russland-Freundinnen und -Freunde ist der Landtagsabgeordnete von Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, der seine Verehrung offen nach außen trägt. Und etwa kurz nach Kriegsbeginn „Russland greift an, schreibt die Tagesschau. Falsch. Russland wehrt sich!“ postete. Auch Stefan Keuter, Bundestagsabgeordneter der AfD aus Essen, der mit Russland wenig zu tun gehabt habe, bis er in den Bundestag kam, suchte die Nähe zu Moskau. Russische Medien hätten sogar eine Rede Keuters im Bundestag aufgegriffen, als dieser sagte: „Das ist nicht unser Krieg“.

Das Fazit der Recherche: Die Partei, die sich bis heute als „bürgerlich“ beschreibe, habe sich so immer mehr von der Westbindung abgekehrt, die der BRD jahrzehntelang Frieden und Wohlstand gebracht habe. Autor Bensmann betont gegenüber „Deutschlandfunk“: „Wer AfD wählt, wählt ein Deutschland und Europa unter russischer Dominanz“.