TwitterChinesische User werden plötzlich mit Porno-Werbung überflutet – dahinter steckt ernster Grund

Auf dem Bildschirm eines Smartphones sieht man die Timeline in der App Twitter.

Auf dem Bildschirm eines Smartphones sieht man die Timeline in der App Twitter.

In China gab es in den vergangenen Tagen massive Proteste gegen die Corona-Politik der Regierung. Doch auch auf Twitter bekamen die User nur Spam und Porno-Werbung zu sehen. Aus einem perfiden Grund.

Am Sonntag (27. November 2022) kam es in mehreren chinesischen Städten zu Massenprotesten gegen die strikte No-Covid-Politik der Regierung. Unzählige Menschen gingen auf die Straße und forderten ein Ende der strengen Reglementierungen. Doch anders als vielleicht erwartet bekam man davon auf Twitter kaum etwas mit. Und das hatten einen bestimmten Grund.

Denn, wer von einem Standort in China aus den Kurznachrichtendienst öffnete, wurde mit Massen an Tweets überflutet, die allerdings nichts mit den Protesten zu tun hatten.

Proteste in China: Spam-Aktion auf Twitter sollte Verbreitung verhindern 

Anzeigen für Escortservices, Porno-Portale, Werbung und städtische Beiträge spülten die Timelines der chinesischen Twitter-User. Einige Benutzerinnen und Benutzer filmten ihren Bildschirm ab und posteten Videos des Spams.

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So schrieb eine Nutzerin zu einem Bildschirmvideo in ihrer Timeline auf Twitter: „Auf Twitter finden derzeit Unruhen/Proteste an verschiedenen Orten in China statt. Wenn man versucht, die neuesten Beiträge über die Situation an verschiedenen Orten (auf Chinesisch) zu finden, erhält man endlose Ströme unsinniger Anzeigen, die einen schnellen Zugang zu den tatsächlichen Informationen verhindern.“

Doch was hatte es damit auf sich? Wie unter anderem die „Washington Post“ berichtete, war diese Informations-Flut nicht etwa Zufall, sondern genau geplant. Demnach erwachten am Sonntag zahlreiche chinesischsprachige Konten, von denen einige seit Monaten oder Jahren inaktiv waren, wieder zum Leben und begannen, den Dienst mit Links und Angeboten zu spammen.

Twitter: Massen-Kündigung verlangsamen Prozesse bei Kurznachrichtendienst 

Der gewünschte Effekt: Über den ganzen Tag bekam jeder, der nach Beiträgen aus Städten suchte und die chinesischen Namen für die Orte verwendete, nichts als nutzlose Tweets und Werbung zu sehen. Von Videos, Fotos und Beiträgen zu den Protestaktionen keine Spur.

Denn bei diesen wurde unter anderen vermehrt der Rücktritt der kommunistischen Parteiführung gefordert. Aussagen, die der Regierung so gar nicht passen.

Dass solch eine Spam-Aktion überhaupt Erfolge erzielen kann, hat auch mit der derzeitigen, chaotischen Situation bei Twitter zu tun. Im Zuge von Massenentlassungen und Kündigungen wurde die Gesamtbelegschaft von Twitter von etwa 7.500 auf rund 2.000 Mitarbeiter reduziert, wie die „Washington Post“ aus Quellen verbliebener Mitarbeitenden weiß.

Twitter: Filtern von Inhalten nach Kündigungswelle erschwert 

Einige Arbeitsgruppen, darunter jene, die sich mit Menschenrechtsfragen, Sicherheitsbedenken und betrügerischer ausländischer Einflussnahme befassen, seien demnach auf eine handvoll Menschen oder sogar Null reduziert worden.

Die aktuelle Kampagne sei „ein weiteres Beispiel dafür, dass es jetzt noch größere Löcher zu füllen gibt“, so ein ehemaliger Mitarbeiter gegenüber dem Nachrichtenportal. „Alle für die Beeinflussung Chinas zuständigen Mitarbeitende sowie Analystinnen und Analysten bei Twitter haben gekündigt“, heißt es weiter.

Erst am späten Nachmittag seien dann bei gezielter Suche auch wieder Beiträge von den Protesten in China angezeigt worden. Aufgedeckt wurde die Kampagne von Forschenden, unter anderem an der Stanford University. (mei)